MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 1). Robert Mccammon

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MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 1) - Robert Mccammon Matthew Corbett

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Ihr seid Euch ganz sicher, dass die Frau, die Ihr dieser Kreatur … ähm … zu Diensten gesehen habt, Rachel Howarth war?«, fragte Woodward.

      »Jawohl, Sir, das bin ich. Meine Farm ist gleich neben jener der Howarths. Ich hatte den Abend Magengrimmen und bin aufgewacht und rausgegangen, um mich zu übergeben. Dann hab ich gesehen, wie einer durchs Maisfeld der Howarths marschiert ist, ganz nah, wo Jess Maynard die Leiche von Daniel gefunden hatte. Ich hab gedacht, das ist ja seltsam – einer, der ohne Laterne im Dunkeln geht. Darum bin ich über den Zaun gesprungen und hinterhergelaufen. Bin hinter die Scheune gegangen … und da hab ich gesehen, was ich gerade erzählt hab.«

      »Also habt Ihr das Gesicht der Frau gesehen?«, fragte Matthew.

      »Und wieder hat er's mit dem Gesicht!«, höhnte Dr. Shields.

      »Ihre Haare hab ich gesehen«, fuhr der Farmer fort. »Ich hab gesehen … na ja … als ich kam, hatte sie keine Kleider mehr an.«

      »Die Frau war nackt?« Impulsiv griff Woodward nach dem Rumkrug. Es war nur noch ein letzter Schluck darin, den er in seiner Kehle verschwinden ließ.

      »Jawohl, ganz nackt, Sir.« Garrick nickte. »Und sie war es. Rachel Howarth, die Hexe.« Er schaute von Woodward zu seinem Gastgeber und dann wieder zum Richter. »Wer hätte es denn sonst sein können?«

      »Niemand«, sagte Bidwell knapp. »Herr Richter, Ihr kennt die Hexenmerkmale, nicht wahr?«

      »Natürlich.«

      »Die Hexe hat so gut wie zugegeben, dass sie an den Morden an Reverend Grove und ihrem Mann beteiligt gewesen ist. Sie trägt die Merkmale und kann nicht das Vaterunser aufsagen. Sie hat den bösen Blick und – was am meisten verrät – unter einem Fußbodenbrett in ihrem Haus sind eine Anzahl Strohpuppen gefunden worden, die sie gebastelt hat, um ihre Opfer zu verhexen. Rachel Howarth ist mit Sicherheit eine Hexe, und ihr und ihrem schwarzschwänzigen Meister ist es fast gelungen, meine Stadt zu zerstören.«

      »Massa Bidwell?« Eine Stimme erklang vom Türrahmen zur Küche. Dort stand ein Mann, der so schwarz wie poliertes Ebenholz war, und spähte ins Esszimmer.

      Im Anschluss an eine solche Diskussion einen pechschwarzen Mann zu sehen, reichte aus, um sowohl Woodward als auch seinem Gerichtsdiener den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben.

      »Goode, komm herein. Wir brauchen dein Talent!«

      Der schwarze Mann betrat das Zimmer. Er trug ein hölzernes Kästchen und etwas, das in einen Leinensack eingewickelt war. Matthew schaute zu, wie der weißhaarige, aber bewegliche alte Mann das Holzkästchen schwungvoll in die Ecke stellte. Sein grobgewebter Anzug, der grau mit hellgrauen Streifen war, sah feucht aus – er musste wohl aus einiger Entfernung durch den Regen gekommen sein. Er schlug den Leinensack zurück, in den eine weizenfarbene Violine und ein Geigenbogen eingewickelt waren. Dann stellte er sich auf das Kästchen und begann, die Geigensaiten zu zupfen und zu stimmen. Sein mageres schwarzes Gesicht hing schief über dem Instrument, um die Noten mit einem Ohr zu erfassen. Während die Geige gestimmt wurde, räumten zwei Sklavenmädchen den Tisch ab und ein drittes brachte eine brennende Kerze.

      Bidwell hatte eine vergoldete Schnupftabakdose aus seiner Tasche gezogen. Er öffnete sie und stopfte sich eine Prise in beide Nasenlöcher. »Also«, sagte er, nachdem er geniest hatte. »Ich finde, dass sie hier gehängt werden sollte, statt nach Charles Town gebracht zu werden. Ich glaube, dass es unseren Bürgern guttun wird, sie baumeln zu sehen und zu wissen, dass sie nie mehr wiederkommt. Herr Richter, ich werde Euch den morgigen Tag geben, damit Ihr Euren Besitz von dem verruchten Wirt zurückerhalten könnt. Würdet Ihr es für möglich halten, sie am Tag darauf zu verurteilen?«

      »Nun ja …« Woodward sah die anderen Männer an. Dr. Shields widmete sich gerade seinem eigenen Schnupftabakritual, sowohl Johnstone als auch Garrick zündeten sich an der von der Magd gebrachten Kerze eine Pfeife an, und Paine zog einen ledernen Pfeifenbeutel aus seiner Weste. Nur Winston hatte seine ganze Aufmerksamkeit dem Richter zugewandt. »Nun ja«, wiederholte Woodward. »Ich … weiß nicht, ob …«

      »Mr. Bidwell, Sir?«, unterbrach ihn Garrick, dem eins der Sklavenmädchen gerade den Teller abräumte. »Dürfte ich Euch fragen, ob ich das Stück Huhn hier meiner Becca mitbringen kann? Es würde ihr bestimmt gut schmecken.«

      »Aber natürlich. Naomi, nimm das Fleisch und lass es für Mr. Garrick einpacken – zusammen mit ein paar Bohnen und Kartoffeln, und einem Stück Vanillekuchen. Unser wunderbares Dessert wird uns gleich gebracht werden, Gentlemen.« Bidwells Augen tränten noch vom Schnupftabak, als er sich wieder dem Richter zuwandte. »Werdet Ihr übermorgen die Hexe verurteilen, Sir?«

      »Ich … befürchte, das kann ich nicht.« Er spürte, wie sein Nacken entsetzlich zu jucken anfing. Als er mit den Fingern nach der Stelle tastete, stellte er fest, dort von mindestens zwei Insekten gestochen worden zu sein.

      »Warum? Braucht Ihr noch einen Tag mehr, um Euch zu erholen?«

      »Nein, Sir«, sagte Woodward. Er sah, wie in den Augen des andern Mannes kurz das Kerzenlicht funkelte. »Ich bin ein Diener des Gesetzes«, fuhr er fort. »Ich bin dazu gezwungen, die Hexe – die Frau, meine ich – zu vernehmen, und auch allen Zeugen, die für und gegen sie aussagen.«

      »Niemand sagt für sie aus!«, entgegnete Winston lautstark. Er spürte den Einfluss des Rums. »Außer einem, und ich bezweifle, dass Ihr den Besuch eines solchen Zeugen willkommen heißen würdet!«

      »Nicht nur das«, meinte Paine, der einen kleinen braunen zylindrischen Gegenstand aus seinem Beutel gezogen hatte. »Viele unserer Einwohner, die gesehen haben, wie sie mit ihrem Meister verkehrt hat, sind bereits geflüchtet.« Er steckte sich das kleine braune Röhrchen zwischen die Lippen und lehnte sich zur Kerze vor, bis es die Flamme berührte. Blauer Rauch stieg von seinen Lippen auf. »Zwei oder drei Zeugen sind wohl noch übrig, aber mehr nicht.«

      »Sie ist eine Hexe, verdammt noch mal, und ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen!«, empörte sich Garrick. »Nicholas war es, der die Strohpuppen gefunden hat! Ich war mit James Reed und Kelvin Bonnard dabei gewesen, und wir haben gesehen, wie er die Dinger unter dem Bodenbrett hervorgeholt hat! Sie kann das Vaterunser nicht aufsagen und sie hat die Teufelsmale auf der Haut! Was braucht Ihr denn noch, um sie zu hängen?«

      »Ja, wirklich – was noch?« Schnupftabak klebte an Shields Nasenflügeln und lag auf seinem Jackenrevers wie Staub. »Mein Gott! Je früher sie am Ende des Seils baumelt, desto besser für …«

      Iiiaaauuu kreischte etwas auf, als habe jemand einer Katze auf den Schwanz getreten. Der Klang war so laut und grässlich, dass alle in ihren Sitzen zusammenzuckten und eins der Sklavenmädchen die Teller fallenließ. Dann folgte eine Stille, die nur vom Regengetrommel auf dem Dach unterbrochen wurde.

      »Verzeihung«, sagte Goode und starrte zu Boden. Sein Bogen schwebte über den zitternden Saiten. »Eine schiefe Note.« Ohne auf einen Kommentar zu warten, senkte er den Bogen und begann zu spielen – diesmal leise und auch melodischer. Süß wie Karamellbonbons perlten die Töne durch das verräucherte Zimmer, und Goode versenkte sich mit geschlossenen Augen beim Spielen in die Musik.

      Johnstone räusperte sich und nahm die Pfeife aus dem Mund. »Robert, der Richter hat recht. Wenn die Frau hängen soll, dann muss es genau nach dem Gesetz geschehen. Sollen die Zeugen doch hervortreten und sprechen. Lassen wir den Richter doch Madam Howarth befragen und sich selbst ein Urteil darüber bilden, ob sie eine Hexe ist oder nicht.«

      »Unsinn!« Garrick blickte finster drein. »Das verschafft ihr nur noch mehr Zeit, Böses zu tun!«

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