MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 1). Robert Mccammon

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MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 1) - Robert Mccammon Matthew Corbett

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mit Euch? Wollt Ihr gern ran? Für zehn Shilling?«

      »Ich … ich wollte sagen …« Matthew sah Woodward hilfesuchend an, denn er wusste nicht, was er eigentlich hatte sagen wollen.

      »Sir«, sagte Woodward. »Es ist eine unangenehme Situation für uns. Dieser junge Mann … hat den Großteil seines Lebens in einem Waisenhaus verbracht. Daher …« Er runzelte die Stirn und überlegte, wie er es am besten sagen konnte. »Deshalb … sind seine Erfahrungen sehr begrenzt. Er ist noch nie in den Genuss …«

      »Heilige Mutter Gottes!«, unterbrach Shawcombe ihn. »Ihr wollt sagen, dass ihm noch keine an den Schwanz gegangen ist?«

      »Nun … wie ich sagte, seine Erfahrungen haben ihn noch nicht …«

      »Ach, jetzt redet doch nicht um den heißen Brei herum! Ihr wollt mir sagen, dass der immer noch nicht entjungfert ist?«

      »Das ist im Grunde schon, was ich … damit meinte.«

      Shawcombe pfiff erstaunt, und unter seinem Blick lief Matthew blutrot an. »Na, so einen hab ich ja noch nie gesehen! Gott verdamm mich, wenn mir so was schon mal zu Ohren gekommen ist! Wie alt seid Ihr?«

      »Ich bin … zwanzig Jahre alt«, brachte Matthew heraus. Sein Gesicht brannte.

      »Zwanzig Jahre alt und noch nie gerammelt? Wie könnt Ihr überhaupt noch Luft holen, ohne dass Euch die Eier platzen?«

      »Wenn ich kurz fragen dürfte, wie alt das Mädchen ist«, warf Woodward ein. »Sie ist noch keine fünfzehn, oder?«

      »Welches Jahr haben wir?«, fragte Shawcombe.

      »1699.«

      Shawcombe begann, an den Fingern abzuzählen. Maude brachte ein mit dicken braunen Kornbrotscheiben beladenes Brett an den Tisch und hastete sofort wieder davon. Der Wirt hatte offenbar Schwierigkeiten mit seiner Fingerarithmetik, ließ die Hand fallen und grinste Woodward an. »Egal, sie ist jedenfalls reif. Grad richtig, um gepflückt zu werden.«

      Matthew griff nach dem Schlangenbiss und trank den Humpen fast aus.

      »Wie dem auch sein mag«, erwiderte Woodward, »wir werden die Einladung beide ausschlagen.« Er nahm seinen Löffel und tauchte ihn in den wässerigen Eintopf.

      »Eine Einladung war das nicht, sondern ein geschäftliches Angebot.« Shawcombe trank einen weiteren Schluck Rum und widmete sich dann auch seinem Essen. »Das Verrückteste, was ich je gehört hab!«, sagte er mit vollem Mund, aus dessen Winkeln die Suppe rann. »Als ich zwölf war, hab ich die Mädels schon durchgenommen!«

      »Jack One Eye«, sagte Matthew. Das war etwas, wonach er hatte fragen wollen, und der jetzige Augenblick schien ebenso gut geeignet wie jeder andere zu sein, um Shawcombes Gedanken vom momentanen Thema abzulenken.

      »Was?«

      »Ihr habt vorhin Jack One Eye erwähnt.« Matthew tunkte ein Stück Maisbrot in seinen Eintopf und aß. Das Brot schmeckte mehr nach verrußten Steinen als nach Mais, aber an der Suppe gab es nicht viel auszusetzen. »Wen habt Ihr damit gemeint?«

      »Das wildeste aller Tiere.« Shawcombe nahm seine Schale in die Hand und schlürfte. »Steht sieben bis acht Fuß hoch und ist so schwarz wie die Haare am Arsch des Teufels. Der Pfeil einer Rothaut hat ihm eins seiner Augen weggeschossen, aber ein einziger Pfeil hält ihn nicht auf. Nein, Sir! Es heißt, das hat ihn nur noch böser gemacht. Und hungriger. Der würde Euch mit einer Pranke das Gesicht vom Schädel reißen und Euer Hirn zum Frühstück fressen.«

      »Jack One Eye ist 'n gottverdammter Bär!«, meldete sich Abner in seinen dampfenden Kleidern am Kamin zu Wort. »Und zwar 'n großer! Größer als 'n Pferd! Größer als die Faust Gottes ist er!«

      »Des is keen Pär.«

      Shawcombe warf der Verkünderin dieser letzten Worte einen Blick zu. Auf seinem bartstoppeligen Kinn glitzerte Suppe. »Hä? Was sagst's?«

      »Sach, des is keen Pär.« Maude näherte sich, ihre Gestalt nur eine Silhouette vor dem Feuerschein. Ihre Stimme klang noch immer wie ein gequältes Husten, aber sie sprach so langsam und klar wie sie konnte. Sowohl Woodward als auch Matthew mutmaßten, dass ihr dieses Gesprächsthema aus irgendeinem Grund wichtig war.

      »Natürlich ist das ein Bär!«, sagte Shawcombe. »Was soll er denn sonst sein, wenn nicht ein Bär?«

      »Des is nich nua 'n Pär«, stellte sie richtig. »Ich hebb en g'sehn. Du nich. Ich wees, wassa is.«

      »Die ist genauso weich im Kopf wie die andern«, meinte Shawcombe achselzuckend zu Woodward.

      »Ich hebb 'n g'sehn«, wiederholte die alte Frau nachdrücklich. Sie hatte inzwischen den Tisch erreicht und stellte sich neben Matthew. Kerzenschein flackerte über ihr runzeliges Gesicht, doch ihre tief in den Höhlen versunkenen Augen blieben im Dunkeln. »Ich wa anne Tüa. Gleich da anne Tüa. Meen Joseph kam heem. Unsa Junge ooch. Ich hebb se g'sehn, wie se ausm Walt komme, übas Felt. Hatte 'nen Hirsch zwische sich hänge. Ich hebb de Latärn hochgehobbe und hebb g'rufe … und denn iss plötzlich dies Ding zwische dene g'wese! Des is eenfach hochkomme, von nirjewo.« Sie hatte die rechte Hand gehoben und die dürren Finger um den Henkel einer Geisterlaterne gekrallt. »Ich hebb versuch, meen Mannes Name zu schreie … aba ich hebb nichts ausse Mund gekriegt«, sagte sie. Ihr Mund verspannte sich. »Ich hebb's versuch … aba Gott hat mir meen Stimme g'stole.«

      »War wohl eher dieser miese Fusel, der sie dir gestohlen hat!«, gab Shawcombe mit einem rauen Lachen von sich.

      Die alte Frau antwortete nicht. Sie schwieg. Regen hämmerte aufs Dach, und ein Scheit knallte in der Hitze des Feuers. Schließlich holte sie lange und holperig Luft, ein Geräusch, in dem eine furchtbare Traurigkeit und Resignation lagen. »Hat unsern Junge g'tötet, eh der Joseph sich hatte umdrehe könne«, sagte sie zu niemand bestimmten. Matthew hatte das Gefühl, dass sie ihn ansah, doch sicher war er sich nicht. »Des hat eem den Kopf abbehaun, mit eem Schlag von da Pranke. Denn isses üba meen Mann herg'falle … und da konnte man nichts mache. Ich bin hing'rannt, hebb de Latärn of es g'schmisse, aba der wa groß. Schrecklich groß. Der hat bloß de große schwatte Schultern g'schüttelt, und denn hatta den Hirsch weggeschleppt und mich da g'lasse mit dem, was übrich wa. Joseph wa vonne Kehle bis zum Bauch aufg'risse. Seen G'därm hing raus. War'n drei Tage, die er zum sterbe g'braucht hat.« Sie schüttelte den Kopf und Matthew konnte es in ihren Augenhöhlen feucht glitzern sehen.

      »Himmel Herrgott!«, sagte Woodward. »Gab es denn keine Nachbarn, die zur Hilfe kamen?«

      »Nachbahn?«, fragte sie ungläubig. »Da gibbes keene Nachbahn hier. Meen Jospeh wa een Trappa un hat mitte Indiana g'handelt. So lebe ma hier. Was ich sach is, des Jack One Eye nich bloß 'n Pär is. Alles, was in dies'n Land dunk'l is … alles, was grausam un bös is. Wenn ma denkt, der Mann un Sohn komme heem un man hebbt de Latärn und will ene zurufe. Dann springt des Ding hoch und plötzlich hebbt man nichts mehr. Des is, was Jack One Eye is.«

      Weder Woodward noch Matthew wussten, was sie zu dieser elenden Geschichte sagen sollten, aber Shawcombe, der noch immer an seinem Eintopf schlürfte und sich Maisbrot in den Mund stopfte, hatte eine Antwort. »Au, Scheiße!«, schrie er auf und fasste sich ans Kinn. »Was ist in diesem gottverdammten Brot, du Weibsstück?« Er griff sich in den Mund, fühlte darin herum. Dann kamen seine Finger mit einem kleinen dunkelbraunen Etwas wieder zum Vorschein. »Hab mir fast meinen Zahn an dem verfluchten Ding ausgebrochen! Zur Hölle noch mal!« Ihm dämmerte etwas.

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