Reden an die deutsche Nation. Johann Gottlieb Fichte

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Reden an die deutsche Nation - Johann Gottlieb Fichte

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       Johann Gottlieb Fichte

      Reden an die deutsche Nation

      Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020

       [email protected]

      EAN 4064066114121

       Erste Rede. Vorerinnerungen und Uebersicht des Ganzen.

       Zweite Rede. Vom Wesen der neuen Erziehung im allgemeinen.

       Dritte Rede. Fortsetzung der Schilderung der neuen Erziehung.

       Vierte Rede. Hauptverschiedenheit zwischen den deutschen und den übrigen Völkern germanischer Abkunft.

       Fünfte Rede. Folgen aus der aufgestellten Verschiedenheit.

       Sechste Rede. Darlegung der deutschen Grundzüge in der Geschichte.

       Siebente Rede. Noch tiefere Erfassung der Ursprünglichkeit und Deutschheit eines Volkes.

       Achte Rede. Was ein Volk sei, in der höhern Bedeutung des Worts, und was Vaterlandsliebe.

       Neunte Rede. An welchen in der Wirklichkeit vorhandenen Punkt die neue Nationalerziehung der Deutschen anzuknüpfen sei.

       Zehnte Rede. Zur nähern Bestimmung der deutschen Nationalerziehung.

       Elfte Rede. Wem die Ausführung dieses Erziehungsplanes anheimfallen werde.

       Zwölfte Rede. Ueber die Mittel, uns bis zur Erreichung unsers Hauptzwecks aufrecht zu erhalten.

       Dreizehnte Rede. Fortsetzung der angefangenen Betrachtung.

       Vierzehnte Rede. Beschluß des Ganzen.

       Vorerinnerungen und Uebersicht des Ganzen.

       Inhaltsverzeichnis

      Mit uns gehet, mehr als mit irgendeinem Zeitalter, seitdem es eine Weltgeschichte gab, die Zeit Riesenschritte. Innerhalb der drei Jahre, welche seit dieser meiner Deutung des laufenden Zeitabschnittes verflossen sind, ist irgendwo dieser Abschnitt vollkommen abgelaufen und beschlossen. Irgendwo hat die Selbstsucht durch ihre vollständige Entwicklung sich selbst vernichtet, indem sie darüber ihr Selbst, und dessen Selbständigkeit, verloren; und ihr, da sie gutwillig keinen andern Zweck, denn sich selbst, sich setzen wollte, durch äußerliche Gewalt ein solcher andrer und fremder Zweck aufgedrungen worden. Wer es einmal unternommen hat, seine Zeit zu deuten, der muß mit seiner Deutung auch ihren Fortgang begleiten, falls sie einen solchen Fortgang gewinnt; und so wird es mir denn zur Pflicht, vor demselben Publikum, vor welchem ich etwas als Gegenwart bezeichnete, dasselbe als vergangen anzuerkennen, nachdem es aufgehört hat, die Gegenwart zu sein.

      Was seine Selbständigkeit verloren hat, hat zugleich verloren das Vermögen einzugreifen in den Zeitfluß, und den Inhalt desselben frei zu bestimmen; es wird ihm, wenn es in diesem Zustande verharret, seine Zeit, und es selber mit dieser seiner Zeit, abgewickelt durch die fremde Gewalt, die über sein Schicksal gebietet; es hat von nun an gar keine eigne Zeit mehr, sondern zählt seine Jahre nach den Begebenheiten und Abschnitten fremder Völkerschaften und Reiche. Es könnte sich erheben aus diesem Zustande, in welchem die ganze bisherige Welt seinem selbsttätigen Eingreifen entrückt ist, und in dieser ihm nur der Ruhm des Gehorchens übrigbleibt, lediglich unter der Bedingung, daß ihm eine neue Welt aufginge, mit deren Erschaffung es einen neuen und ihm eignen Abschnitt in der Zeit begönne, und mit ihrer Fortbildung ihn ausfüllte; doch müßte, da es einmal unterworfen ist fremder Gewalt, diese neue Welt also beschaffen sein, daß sie unvernommen bliebe jener Gewalt, und ihre Eifersucht auf keine Weise erregte, ja, daß diese durch ihren eignen Vorteil bewegt würde, der Gestaltung einer solchen kein Hindernis in den Weg zu legen. Falls es nun eine also beschaffene Welt als Erzeugungsmittel eines neuen Selbst und einer neuen Zeit, geben sollte, für ein Geschlecht, daß sein bisheriges Selbst und seine bisherige Zeit und Welt verloren hat, so käme es einer allseitigen Deutung selbst der möglichen Zeit zu, diese also beschaffene Welt anzugeben.

      Nun halte ich meines Orts dafür, daß es eine solche Welt gebe, und es ist der Zweck dieser Reden, Ihnen das Dasein und den wahren Eigentümer derselben nachzuweisen, ein lebendiges Bild derselben vor ihre Augen zu bringen, und die Mittel ihrer Erzeugung anzugeben. In dieser Weise demnach werden diese Reden eine Fortsetzung der ehemals gehaltenen Vorlesungen über die damals gegenwärtige Zeit sein, indem sie enthüllen werden das neue Zeitalter, das der Zerstörung des Reichs der Selbstsucht durch fremde Gewalt unmittelbar folgen kann und soll.

      Bevor ich jedoch dieses Geschäft beginne, muß ich Sie ersuchen vorauszusetzen, also daß es Ihnen niemals entfalle, und einverstanden zu sein mit mir, wo und inwiefern dies nötig ist, über die folgenden Punkte:

      1. Ich rede für Deutsche schlechtweg, von Deutschen schlechtweg, nicht anerkennend, sondern durchaus beiseite setzend und wegwerfend alle die trennenden Unterscheidungen, welche unselige Ereignisse seit Jahrhunderten in der einen Nation gemacht haben. Sie, E. V., sind zwar meinem leiblichen Auge die ersten und unmittelbaren Stellvertreter, welche die geliebten Nationalzüge mir vergegenwärtigen, und der sichtbare Brennpunkt,

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