Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 17
Tim sah seinen Vater nachdenklich an. »Du gibst zuviel von dir, Dad, und du bekommst zuwenig zurück.«
»So ist es auch nicht, Tim. Ich kenne meine Grenzen. Es gibt Momente, in denen ich mir wünsche, zaubern zu können, zum Beispiel bei Janine. Ich hoffe so sehr, daß sie ganz geheilt wird. Es ist fast zuviel, was sie an seelischem Leid ertragen hat und dann auch noch dieser Unfall. Es ist noch zuviel in ihr, was sie nicht bewältigt hat, ohne darüber zu klagen. Wenn sie nur erst preisgeben würde, was sie verdrängt. Ich muß den richtigen Ansatzpunkt finden.«
»Kannst du nicht mit Beate darüber sprechen? Sie sind doch schon lange Freundinnen.«
»Ich glaube, es gibt auch einiges, was selbst Beate nicht weiß. Sie ist anders als Janine, sie hatte auch Probleme mit ihrer Mutter, aber sie hat diese nicht in sich hineingeschluckt. Sie konnte mit ihrem Vater darüber sprechen, und er liebt offene Worte. Warum erzähle ich dir das eigentlich, du kannst da auch nicht helfen.«
»Vielleicht doch, wenn ich öfter mal mit Beate sprechen kann. Ich möchte nur vermeiden, daß Thea sich da einmischt. Sie wird doch mit Beate arbeiten.«
»Beate ist ein kluges Mädchen, sie läßt sich nicht durch dummes Gerede beeinflussen. Da sie aber unbedingt reiten will, kannst du dich gleich um sie kümmern.«
»Wenn du es sagst«, erwiderte Tim lächelnd. »Ich müßte eigentlich an meiner Doktorarbeit schreiben.«
»So eilig ist das nicht, du bist auch so ein guter Arzt. Für mich ist es auch gut, wenn mir ein Mediziner zur Seite steht, der sich mehr mit den Organen befaßt als mit der Psyche.«
»Ich habe eben nicht deine Veranlagung, Dad, deine Intensität und dein großes Herz.«
»Deins ist groß genug, mein Junge. Und die Frau, für die es einmal schlagen wird, kann sich glücklich schätzen.«
Er blickte Tim gedankenverloren nach, als der nun hinausging. Zehn Minuten später huschte ein Lächeln über sein Gesicht, als er ihn mit Beate zu den Koppeln gehen sah.
*
»Kann ich denn mit Jeans aufs Pferd?« fragte Beate.
»Reitstiefel haben wir in allen Größen«, erwiderte Tim, »aber die brauchen wir heute noch nicht. Wir wollen doch erst mal sehen, auf welchem Pferd du dich wohl fühlst.«
»Darf ich nicht auf Lovely reiten?« fragte sie enttäuscht.
»Zuerst probieren wir es mit einem Haflinger, die sind ein bißchen kleiner, oder ziehst du einen Araber vor?«
»Ich möchte erst sehen, welches Pferd mich mag. Eine Beziehung zwischen Mensch und Tier ist sehr wichtig. Ich möchte nämlich Tierärztin werden.«
»Da mußt du aber auch ziemlich lange studieren.«
»Das macht doch nichts.«
»Und wie ist es mit dem Heiraten?«
»Daran denke ich gar nicht.«
»Hast du keinen Freund?«
»Nein.« Das war kurz und bündig gesagt, und er sah sie von der Seite her an.
»Bist du schon enttäuscht worden?«
»Nein, ich bin nicht interessiert gewesen. So was wie zwischen Janine und Andy gibt es selten, aber ich bin sehr froh, daß Janine wenigstens diesbezüglich Glück hat.«
»Mit dir als Freundin doch auch«, stellte Tim fest.
Beate errötete.
»Ich hatte immer ein richtiges Zuhause, und wenn meine Mutter manchmal auch übertrieb mit ihrer Fürsorge und Bevormundung, es geschah, weil sie mich liebt. Und mit Papa habe ich mich immer sehr gut verstanden. Bei Janine war es anders. Die Eltern haben sich getrennt, er hat eine andere Frau geheiratet und sie hat sich nicht um Janine gekümmert, war dauernd unterwegs und auch mit verschiedenen Männern liiert. Das soll nicht nach Klatsch klingen, ich will nur verständlich machen, warum Janine keine Beziehung zu ihrer Mutter hat. Zu ihrem Vater noch eher, aber wenn sie zu ihm gegangen wäre, hätte es für uns eine räumliche Trennung bedeutet, auch in der Schule. Sie war sich auch nicht sicher, ob es gutgegangen wäre, obgleich die neue Frau ihres Vaters sehr nett ist, aber sie haben zwei Kinder bekommen. Es ist alles nicht so einfach. Ich möchte lieber gar nicht heiraten, als in der Ehe ein Fiasko erleben.«
»Auch keine Kinder haben?«
Beate zuckte die Schultern. »Ich mache mir noch keine Gedanken. Jedenfalls finde ich es nicht richtig, wenn Frauen ein Kind haben wollen, aber keinen Vater dazu akzeptieren. Man muß auch daran denken, ob die Kinder das später mal gutheißen. Ich werde mich lieber mit Tieren befassen.«
»Es gibt auch Tiermütter, die ihre Jungen verstoßen und nichts mehr von dem Partner wissen wollen. Es ist nun mal so in der Natur und auch bei den Menschen. Treue läßt sich nicht erzwingen. Ich war acht, als mein Vater uns verließ und mich bei meiner Mutter zurückließ. Ich war maßlos enttäuscht und böse auf ihn, sehr böse. Sechs Jahre später erfuhr ich, daß meine Mutter an einer unheilbaren Krankheit litt und meinem Vater deshalb nicht nach Deutschland folgte. Da habe ich es ihr verübelt, daß sie mir nicht die Wahrheit gesagt hat. Sie erklärte mir, daß sie es mir ersparen wollte, immer zu denken, daß sie plötzlich sterben könnte. Sie hat meinen Vater und auch mich geliebt, aber ich habe daraus gelernt, daß man sich immer die Wahrheit sagen soll. Es ist leichter, auch schwere Zeiten zusammen zu ertragen, als von Zweifeln geplagt zu werden. Ich war dadurch meinem Vater entfremdet.«
»Aber du verstehst dich gut mit ihm? Man muß sich einfach mit ihm verstehen. Er ist so voller Güte.«
»Er kann alles verzeihen, ja, er ist der beste Vater, aber ich wäre gern immer bei ihm gewesen.«
Beate wollte keine Fragen nach seiner Mutter stellen. Sie spürte, daß es ein heikles Thema war. Es machte sie auf eine besondere Weise glücklich, daß er so offen mit ihr sprach. Als er ihr dann behutsam aufs Pferd half, sie hatte sich für Jolly entschieden, einen zutraulichen Haflinger, strömte wieder eine wärmende Kraft von ihm zu ihr, die eine unbekannte Sehnsucht in ihr weckte.
Sie sah ihn an. Ihre Blicke tauchten ineinander, und ein elektrisierendes Gefühl durchzuckte sie jetzt. Es war fast so, als würde es sich Jolly mitteilen, denn er wollte gleich lostraben.
»Hoppla, nicht so schnell, Jolly«, sagte Tim, »wir müssen schön aufpassen auf Beate.«
»Ich fühle mich wundervoll«, sagte sie aufatmend.
»Du mußt dein Bein schonen. Ich bekomme es mit Dad zu tun, wenn du dich überanstrengst.«
»Davon kann gar nicht die Rede sein. Ich brauche doch nichts zu tun. Jolly geht von allein.«
»Und wenn er plötzlich seinen Koller kriegt? Für den Anfang machst du dich sehr gut, aber auch Pferde sind manchmal unberechenbar.«
Jolly zeigte sich von einer sehr braven Seite,