MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter. Robert Mccammon

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MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter - Robert Mccammon Matthew Corbett

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wurde schwindelig. Er starrte auf die Trümmer der Bibliothek, dann wieder auf das Wandbrett, auf dem die Kassette für alle Augen sichtbar versteckt gestanden hatte. Geld für den Notfall, dachte er. Das war es, was Lawrence Evans, Chapels Handlanger, aus dem Haus hatte holen wollen, als Dippen Nacks Schlagstock ihn niederstreckte. Geld für den Notfall in einem schwarzen Lederbeutel; möglicherweise dem Siegel der Unterwelt oder sogar Professor Fells persönlichem Zeichen.

      Chapels Landsitz, aber Fells Unternehmen.

      Achtzig Pfund. Wem sollte er die bringen? Lillehorne? Ja, ganz bestimmt – der Hauptwachtmeister und seine Frau würden selbst aus einer derartig hohen Summe Kleingeld machen. Der Mann war bereits unausstehlich, ohne dass er sich an einem von Matthew eingegangenem Risiko bereichert hatte. Denn Matthew meinte, mit seiner Rückkehr in das Haus ein Risiko eingegangen zu sein. Na gut, und Greathouse? Oh ja, Greathouse würde den Löwenanteil für sich und die Herrald Vermittlung behalten und Matthew ein kleines Häppchen davon zuwerfen. Schließlich gab es diesen Wahnwitz, Zed van Kowenhoven abzukaufen und ihn zu einem Leibwächter auszubilden, den Matthew mit Sicherheit nicht brauchte.

      Wem sollte er das Geld also geben?

      Dem, der es am dringendsten benötigt, dachte Matthew. Dem, der es gefunden hat. Der Prozess, es zu finden, war gut gelaufen. Und es war auch äußerst verdient. Wenn er sich vorsah, würde es lange dauern, bis er alles davon ausgegeben hatte. Aber die nächste Frage war, wie er auch nur eine einzige Münze ausgeben konnte, ohne Verdacht zu erregen. Denn Fünfguinee-Stücke sah man nur auf den edlen Höhen von Golden Hill.

      Seine Hände zitterten, als er die Münzen in den Beutel zurücksteckte. Er zog die Schnur fest und verknotete sie. Dann hob er das zerrissene Papier mit dem Krakensiegel auf, zerknüllte es und warf es zu der schwarzen Asche und den verkohlten Bucheinbänden im offenen Kamin. Einen Moment lang war ihm wie im Delirium zumute und er musste mit einer Hand an der Wand Halt suchen.

      Von seiner Buchauswahl nahm er ein paar mit, fast ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen. Sie sollten nur dazu dienen, die Satteltaschen des Pferdes gleichmäßig zu belasten.

      Doch als er draußen angelangt war und die Bücher verstaut hatte, mochte Matthew sich nicht schon so bald von dem Geld trennen. Auf die Frage, wegen der er ursprünglich hergekommen war, hatte er noch immer keine Antwort. Ihm war bewusst, dass er, wenn er erst einmal durch das Tor davongeritten war, vielleicht nicht wiederkommen würde – Bücher hin oder her. Inzwischen war es bereits Nachmittag geworden und die Sonne schien kräftig durch die Bäume. Er scheute sich davor, das Geld bei Dante zu lassen, denn es konnte ja jemand vorbeikommen. Mit dem Lederbeutel in der Hand marschierte er den Weg entlang in Richtung Weinberg auf die Stelle zu, an der er Chapel das letzte Mal gesehen hatte – zusammengeschlagen im Staub liegend.

      Er grübelte bereits seit einer Weile, ob Chapel versucht hatte, zum Stall zu gelangen. Warum hatten das alle angenommen? Hatte Chapel tatsächlich gedacht, in dem Chaos die Chance zu haben, ein Pferd zu satteln und aufzuzäumen? Wenn Chapel jedoch nicht auf den Stall zugelaufen war, wohin hatte er dann gewollt? In den Weinberg? In den Wald?

      Matthews Vorhaben war, die Stelle zu suchen, an der Chapel auf dem Boden gelegen hatte, und sich dort in den Wald zu schlagen. Als er die Stelle markiert und den Weg in Richtung rotglühenden Herbstwald verlassen hatte, merkte er, dass er sich besser auf sein Vorhaben konzentrieren sollte – denn seine Gedanken schwelgten in ähnlich edlen Tagträumen wie Gemälde in Goldrahmen.

      Zwischen den Bäumen schlug er sich ins Gebüsch. Die gesamte Gegend war natürlich bereits abgesucht worden, aber er fragte sich dennoch, ob es nicht irgendwo im Wald eine Stelle geben konnte, die den Suchern entgangen war. Ein Versteck, das ähnlich getarnt war wie die Kassette als Buch. Einen Zufluchtsort für den Notfall, von dem aus sich die Geflüchteten entweder durchs Tor oder – bei Dahlgren angesichts seines gebrochenen Handgelenks eher unwahrscheinlich – über die Mauer davonstehlen konnten, wenn die Gefahr vorbei war.

      Es war eine wilde Vermutung, aber Matthew war entschlossen, sie zu überprüfen.

      Diesmal gab es kein Rennen um sein und Berrys Leben, sondern es war friedlich im Wald. Außer Bäumen und dem auf leicht hügeligen Grund wachsenden niedrigem Gebüsch sah er nichts. Er begann, Laub beiseitezutreten und nach Falltüren im Boden zu suchen, ohne etwas zu finden.

      Vor ihm war eine kleine Schlucht. Matthew erinnerte sich, wie er mit Berry oben am Rand entlanggerannt war. Jetzt blieb er stehen und spähte hinunter. Es ging vielleicht dreieinhalb Meter in die Tiefe, und an den Seiten häuften sich scharfe Felsbrocken. Ihm fuhr die Frage durch den Kopf, was passiert wäre, wenn er oder Berry dort hinuntergefallen wären. Ein gebrochenes Fußgelenk wäre das Mindeste gewesen.

      Während Matthew in die Klamm starrte, fragte er sich, ob die Sucher vielleicht auch um ihre Knochen gebangt hatten und nicht hinabgestiegen waren. Aber es gab dort unten nichts außer Felsbrocken. Es war eine ganz normale Schlucht, wie sie man in jedem Wald finden konnte.

      Er ging weiter oben am Rand entlang, jetzt von seinen Tagträumen um den Geldbeutel befreit. Er konzentrierte sich auf die Schlucht, besonders auf die Frage, wie man dort hinunterkam, ohne von den Felsen abzustürzen.

      Je weiter er in den Wald hineinging, desto tiefer wurde der Einschnitt. Ziemlich tief bis nach unten, dachte Matthew. Hie und da füllten dunkle Schatten die Klamm wie einen schwarzen Teich. Und dann, gar nicht mehr weit, entdeckte er eine Stelle in den Felsen, die man fast wie eine Treppe benutzen konnte. Bildete er sich das nur ein? Möglich, aber dort konnte er ganz sicher nach unten gelangen. Den Geldbeutel fest umklammernd entdeckte er, dass man die Stufen heil hinunterkam, selbst wenn man sich nur mit einer Hand an den Felsen festhalten konnte.

      In der Tiefe angekommen, folgte er der steinigen Schlucht. Etwa zwanzig Schritt weiter wand sie sich nach rechts und Matthew schnappte nach Luft. Neben ihm tat sich eine Öffnung in der Wand auf, die breit genug war, dass ein Mann sich seitlich hineinzwängen konnte.

      Eine Höhle, erkannte er und atmete wieder aus.

      Er bückte sich und schaute hinein. Es war unmöglich zu sagen, wie groß sie war. Nichts als Dunkelheit war zu sehen. Und doch spürte er das leichte Fächeln einer Brise auf seinem Gesicht. Das bisschen, was er vom Boden der Höhle sehen konnte, bestand aus festem, mit Blättern übersätem Lehm.

      Er griff mit seiner freien Hand in die Öffnung und fühlte, wie ein Luftzug von irgendwo aus der Höhle über seine Fingerspitzen strich.

      Das ist keine Höhle, dachte er. Sondern ein Tunnel.

      Er hatte keine Laterne dabei. Vielleicht gab es dort drinnen Schlangen, ein ganzes Nest davon. Er fragte sich, was Greathouse in dieser Situation tun würde. Den Rückzug antreten und nie die Wahrheit herausfinden? Oder wie ein Tölpel einfach auf gut Glück hineingehen?

      Schlangen würden ihn zumindest nicht durch seine Stiefel beißen können. Wenn er in ein Loch treten und hinfallen würde, könnten sie sein Gesicht angreifen. Er würde einfach so vorsichtig gehen, als balancierte er mit verbundenen Augen über das Rathausdach. Für einen Moment zögerte er, sammelte seinen Mut, bevor der wieder Vernunft annahm und sich verflüchtigte. Dann biss er die Zähne zusammen, zwängte sich durch den Felsspalt und konnte in dem Hohlraum sofort stehen, wenn auch nur gebückt. Er war froh, immer noch den Geldbeutel in der Hand zu haben – notfalls konnte er jemandem einen damit über den Schädel geben. Ich bin reich, wurde ihm so durchdringend bewusst, dass seine Beine fast nachgaben. Er spürte, wie sein Mund sich trotz seines trommelnden Herzens und des Angstschweißes in seinem Nacken zu einem Lachen verzog. Er hoffte inständig, die nächsten Minuten zu überleben, damit er sich an seinem Reichtum noch etwas erfreuen konnte. Mit der freien Hand und

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