Erich Mühsam: Verse eines Kämpfers (151 Gedichte in einem Band). Erich Muhsam

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Erich Mühsam: Verse eines Kämpfers (151 Gedichte in einem Band) - Erich  Muhsam

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zum Meer, Schnee stürzt zu Tal.

       Die Menschen feiern Karneval.

      März:

      Die Welt erwacht aus Wintersnot.

       Wild kämpft das Leben mit dem Tod.

       Im Freiheitssehnen schwillt das Herz.

       Der Mensch erfleht sein Heil vom März.

      April:

      Heut Regen, Wind und Hagelschlag

       und morgen strahlender Sonnentag.

       Der Menschheit Schicksal muß geschehn

       Durch Kreuzigung und Auferstehn.

      Mai:

      Zur Paarung drängt’s die Kreatur

       und neuer Samen schwängert die Flur.

       Verkündend schwebt der heilige Geist

       zum Menschen, der dies Liebe heißt.

      Juni:

      Das Licht der langen Tage glänzt

       auf grüne Lande bunt bekränzt.

       Im warmen Sonnenschein gerät,

       was für den Herrn der Knecht gesät.

      Juli:

      Die Luft liegt glühend überm Land.

       Dumpf gähnt der Himmel Sonnenbrand.

       Die Berge und die Wasser ruhn, –

       der Mensch muß seine Arbeit tun.

      August:

      Gewölk reißt donnernd und zündend entzwei.

       Gelähmte Lüfte atmen frei.

       Sternschnuppen fahren den Himmel entlang.

       Der Herr der Erde nur seufzt im Zwang.

      September:

      Der Boden saugt neuen Regen ein.

       Die Saat trägt Früchte. Es reift der Wein.

       Was weise Allmacht den Menschen gab,

       der Reiche nimmt es dem Armen ab.

      Oktober:

      Der Herbst folgt der Natur Gebot.

       Die Blätter färben sich gelb und rot.

       Die Vögel fliegen mittagwärts.

       Den Menschen faßt ein Abschiedsschmerz.

      November:

      Der Sturm entlaubt den Wald und gellt.

       Das Meer braust auf, das Schiff zerschellt.

       Den Armen beugt die Sorgenlast,

       der Hunger kommt bei ihm zu Gast.

      Dezember:

      Die Erde kleidet sich in Schnee.

       Die ganze Welt ist kalt und weh.

       Vor Gott sind alle Menschen gleich.

       Sie träumen vom ewigen Friedensreich.

      Kalender 1913

       Inhaltsverzeichnis

       Januar:

      Der Reiche klappt den Pelz empor,

       und mollig glüht das Ofenrohr.

       Der Arme klebt, daß er nicht frier’,

       sein Fenster zu mit Packpapier.

       Februar:

      Im Fasching schaut der reiche Mann

       sich gern ein armes Mädchen an.

       Wie zärtlich oft die Liebe war,

       wird im November offenbar.

       März:

      Im Jahre achtundvierzig schien

       die neue Zeit heraufzuziehn.

       Ihr, meine Zeitgenossen, wißt,

       daß heut noch nicht mal Vormärz ist.

       April:

      Wer Diplomate werden will,

       nehm sich ein Muster am April.

       Aus heiterm Blau bricht der Orkan,

       und niemand hat’s nachher getan.

       Mai:

      Der Revoluzzer fühlt sich stark.

       Der Reichen Vorschrift ist ihm Quark.

       Er feiert stolz den ersten Mai.

       (Doch fragt er erst die Polizei.)

       Juni:

      Mit Weib und Kind in die Natur

       zur Heilungs-, Stärkungs-, Badekur.

       Doch wer da wandert bettelarm,

       Den fleppt der würdige Gendarm.

       Juli:

      Wie so ein Schwimmbad doch erfrischt,

       wenn’s glühend heiß vom Himmel zischt!

       Dem Vaterland dient der Soldat,

       kloppt Griffe noch bei dreißig Grad.

       August:

      Wie arg es zugeht auf der Welt,

       wird auf Kongressen festgestellt.

       Man trinkt, man tanzt, man redet froh,

       und alles bleibt beim status quo.

       September:

      Vorüber ist die Ferienzeit.

       Der Lehrer hält den Stock bereit.

      

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