Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (Illustriert). Alfred Wegener

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Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (Illustriert) - Alfred Wegener

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des Eisens ist unter den Ozeanen angebracht... Herr Wilde legt das Hauptgewicht auf die Bedeckung der Ozeane mit Eisen.“ Auch Raclot 38 hat neuerdings bestätigt, daß dieser Versuch von Wilde in rohen Zügen das Verteilungsbild des Erdmagnetismus gut darstellt, so daß geschlossen werden muß, daß unter den Ozeanen eisenhaltigeres Gestein liegt als unter den Kontinenten. Da bekanntlich allgemein angenommen wird, daß bereits in dem Silikatmantel der Erde der Eisengehalt mit der Tiefe wächst und das Erdinnere weiterhin überhaupt vorwiegend aus Eisen besteht, so besagt dies, daß die Tiefseeböden eine tiefere Schicht der Erde darstellen und aus den eisenhaltigen Gesteinen der im nächsten Kapitel zu besprechenden Simagruppe (Hauptvertreter: Basalt) bestehen. Der Erdmagnetismus begegnet sich also in diesem Resultat mit den Schweremessungen, welche ein schwereres Gestein verlangen (was gleichfalls für Basalt erfüllt ist). Aber sein Ergebnis ist viel eindeutiger; denn bekanntlich erlischt der Magnetismus bei der Temperatur der Rotglut, welche unter Zugrundelegung der gewöhnlichen geothermischen Tiefenstufe 39 bereits in etwa 15 bis 20 km Tiefe erreicht wird. Der starke Magnetismus der Tiefseeböden muß also gerade schon in den obersten Gesteinschichten vorhanden sein, ein deutliches Anzeichen dafür, daß hier in der Tat die schwächer magnetische Lithosphäre ganz fehlt.

      Ein weiteres, wenn auch weniger deutliches Anzeichen für die Richtigkeit unserer Auffassung bildet die Schlichtheit des Tiefseebodens. Schon vor langer Zeit ist man darauf aufmerksam geworden, daß der Tiefseeboden über weite Strecken oft erstaunlich geringe Höhenunterschiede zeigt, ein Umstand, der nicht ohne praktische Bedeutung für die Kabellegung ist. Z. B. sind unter den 100 Lotungen, welche für das Kabel zwischen den Midway-Inseln und Guam auf einer Strecke von 1540 km ausgeführt wurden, die Extremwerte (5510 und 6277 m) nur um 767 m verschieden. Auf einer 10 Seemeilen langen Teilstrecke, bei der das Mittel aus 14 Lotungen 5938 m ergab, waren die größten Abweichungen +36 und -38 m 40. Allerdings ist der Satz von der Schlichtheit des Tiefseebodens in neuerer Zeit etwas eingeschränkt worden, da sich herausstellte, daß das Lotungsnetz meist noch zu weitmaschig ist, um solche Schlüsse zu gestatten, und daß man auch auf dem Lande bei ähnlich zerstreuten einzelnen Höhenmessungen einen irrtümlichen Eindruck großer Schlichtheit gewinnen kann. Mit Krümmel sind aber wohl die meisten Forscher von der zeitweilig übertriebenen Skepsis zu der Auffassung zurückgekehrt, daß — abgesehen von den Tiefseerinnen — dennoch ein solcher grundsätzlicher Unterschied zwischen Land und Tiefsee besteht, während doch wegen des Gewichtsverlustes unter Wasser die Böschungen dort viel steiler sein könnten als in der Luft. In dieser größeren Schlichtheit tut sich eine größere Plastizität, ein höherer Grad von Flüssigkeit der Tiefseeböden kund.

      Eine Äußerung der Schlichtheit ist auch das Fehlen von Faltengebirgen auf dem Meeresboden. Während die Kontinentalschollen von alten und jungen Faltungen kreuz und quer gerunzelt sind, kennen wir von den ungeheuren Flächen der Tiefsee trotz aller Lotungen bisher kein einziges Gebilde, welches wir mit einiger Wahrscheinlichkeit als ein Kettengebirge ansprechen könnten. Einige wollen zwar die Mittelatlantische Bodenschwelle und den Rücken zwischen den beiden vor Java liegenden Rinnen als entstehende Faltengebirge auffassen, allein diese Ansicht zählt nur so wenig Anhänger, daß wir uns hier mit einem Hinweis auf Andrées Kritik begnügen können 41. Wie erklärt sich dieses Fehlen, da doch Zusammenschübe auch beim Tiefseeboden anzunehmen sind? Die Antwort ergibt sich von selbst, wenn wir die Isostasie bei der Gebirgsbildung berücksichtigen. Gebirgsbildung ist Faltung unter Wahrung der Isostasie. Da der weitaus größte Teil der 100 km dicken Kontinentalschollen in das barysphärische Magma eintaucht, muß auch der größte Teil der Schollenverdickung bei Faltung nach unten gerichtet sein. Nur ein sehr kleiner Teil des Zusammenschubes wird als Erhebung sichtbar, denn nach der Forderung der Isostasie muß das Verhältnis zwischen oberhalb und unterhalb des Barysphärenniveaus immer das gleiche bleiben. Geht aber bei den Kontinentalschollen bereits der größte Teil des Zusammenschubes nach unten, so kann ein Zusammenschub in der Barysphäre überhaupt nicht mehr zu einer Erhebung führen. Das Material weicht hier nur nach unten oder der Seite aus, ebenso wie das Wasser zwischen zwei sich nähernden Eisbergen. Deshalb wird durch das Fehlen von Faltengebirgen auf dem Tiefseeboden die Vorstellung bestätigt, daß hier die magmatische Barysphäre entblößt ist.

      Es ist zu erwarten, daß sich auch auf dem Gebiet der Erdbebenkunde noch eine weitere unabhängige Kontrolle für unsere Vorstellungen ergibt, denn die Erdbebenwellen müssen offenbar, wenn das Gesteinsmaterial grundsätzlich verschieden ist, auch verschiedene Fortpflanzungsgeschwindigkeiten über den Ozeanen und den Kontinenten haben. Eine befriedigende Untersuchung über diese Frage steht noch aus, aber es lassen sich doch schon Anzeichen für das tatsächliche Bestehen eines solchen Unterschiedes erkennen. So erhielt F. Omori 42 für den sogenannten ersten Vorläufer beim

Guatemala-Beben (19. April 1902) v = 16,02 km/Sek.
San Franzisko-Beben (18. April 1906) v = 13,97
Indischen (Kangra-) Beben (4. April 1905) v = 11,36

       Die Bebenstrahlen verliefen im ersten Fall vorzugsweise über Tiefseeflächen, im zweiten Fall teils über Kontinente, teils über Tiefsee, im dritten vorzugsweise über Kontinente. Leider wird die Beweiskraft dieses Ergebnisses dadurch beeinträchtigt, daß die Mehrzahl der Geophysiker Omoris Ansicht, nach welcher sich diese ersten Vorläufer längs der Erdoberfläche fortpflanzen, nicht teilt, sondern annimmt, daß sie auf dem kürzesten Wege durch das Erdinnere fortschreiten, so daß die Lithosphäre jedenfalls nur auf Teilstrecken zur Geltung kommen kann. Die „Hauptwellen“, welche anerkanntermaßen Oberflächenwellen darstellen, haben aber im Seismogramm immer einen so unscharfen Einsatz, daß es sehr schwierig ist, die genauen Geschwindigkeiten aus den Zeitunterschieden ihres Eintreffens bei den verschiedenen Stationen zu bestimmen. Auch hängt ihre Geschwindigkeit, wie die Theorie lehrt, in solcher Weise von den verschiedenen Elastizitätskoeffizienten des Materials ab, daß die Einwirkung der größeren Dichte der Tiefseeböden durch diejenige ihrer größeren Plastizität teilweise wieder aufgehoben wird. Immerhin ist zu berücksichtigen, daß man dieser Frage bisher in der Seismologie noch keine genügende Beachtung geschenkt hat, und ich halte es durchaus für möglich, daß sich auch aus den bisher vorliegenden Registrierungen bereits ein solcher Geschwindigkeitsunterschied der Oberflächenwellen über Kontinenten und Tiefseeböden ergeben könnte. Desgleichen würde es sich verlohnen, die so auffällig verschiedenartigen Absorptionswerte, die sich in der Abnahme der Wellenamplitude äußern, nach diesen Gesichtspunkten zu untersuchen. —

      Die in diesem Kapitel angeführten Beweise für die barysphärische Natur der Tiefseeböden reden eine sehr eindeutige und eindringliche Sprache. Daher hat denn auch dieser Teil unserer Vorstellungen bisher am wenigsten Widerspruch erfahren, und eine Reihe namhafter Gelehrter hat sich bereits mit ihm einverstanden erklärt.

       Geophysikalische Erläuterungen

       Inhaltsverzeichnis

       Die Ausführungen dieses Kapitels gehören nur zum kleinen Teile zur eigentlichen Beweisführung der Verschiebungstheorie. Zum größeren Teile setzen sie diese als gegeben voraus und stellen den Versuch dar, die von dieser Theorie angenommene Plastizität oder Zähflüssigkeit der Erdrinde durch Anwendung auf bekannte morphologische Erscheinungen der Erdoberfläche zu veranschaulichen. Ich habe selber bei den später zu besprechenden Rekonstruktionen anfangs bisweilen große Schwierigkeiten gehabt, ein anschauliches Bild von den großen plastischen Deformationen zu gewinnen, denen die Kontinentalschollen offenbar ausgesetzt gewesen sind, und für manche Stellen der Erdoberfläche bin ich auch heute noch keineswegs hierin zur Klarheit gelangt. Auch die Kritik, welche meine früheren Veröffentlichungen

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