MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 2). Robert Mccammon
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Читать онлайн книгу MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 2) - Robert Mccammon страница 3
»Sicher ist sicher. Stellt einen Eimer beiseite und vergrabt die anderen. Und zwar ohne Widerworte.«
Rawlings brummelte leise vor sich hin, griff in das Palmengestrüpp und zog eine Schaufel mit kurzem Stiel heraus, die dort versteckt gewesen war. Matthew sah, wie Rawlings im gleichen Rhythmus wie seine Männer zu graben begann. »Und wie ist das jetzt mit der Hexe?«, fragte er Winston während des Schaufelns. »Wann wird sie gehängt?«
»Gehängt wird sie nicht. Sie kommt auf den Scheiterhaufen. Ich denke, in den nächsten Tagen.«
»Damit seid Ihr dann auch fertig, was? Ihr und Danforth!«
»Kümmert Euch besser ums Schaufeln«, fuhr Winston ihn an. »Allzu tief muss es nicht sein, aber es muss gut zugeschüttet werden.«
»Ist ja gut! Macht weiter, Jungs! Wir wollen ja nicht mehr Zeit als nötig in diesem Teufelsland verbringen.«
Winston grunzte. »Ob hüben oder drüben – es ist doch alles Teufelsland, oder?« Er klatschte sich auf die linke Seite seines Halses und erschlug damit einen kleinen Blutsauger.
Es dauerte nicht lange, bis im Sand ein Loch entstand, in welches sechs der Eimer versenkt und gleich darauf zugeschaufelt wurden. Rawlings verstand sich gut darauf, so zu tun, als würde er schwer arbeiten: Sein Gesicht verzerrte sich, sein Atem ging in Stößen – aber angesichts der kleinen Menge Sand, die von seiner Schaufel bewegt wurde, hätte er genauso gut einen Löffel in der Hand halten können. Als die Eimer vergraben waren, trat Rawlings einen Schritt zurück, wischte sich mit dem Arm übers Gesicht und sagte: »Wunderbar, wunderbar!«, als würde er sich selbst zum vollendeten Werk beglückwünschen. Er stellte seine Schaufel zurück ins Versteck in den Palmen und grinste Winston breit an, der schweigend zugeschaut hatte. »Das war dann wohl die letzte Fuhre!«
»Ich denke, dass wir noch einen Monat lang weitermachen sollten«, sagte Winston.
Rawlings verging das Grinsen. »Wozu braucht Ihr denn noch mehr, wenn sie verbrannt wird?«
»Da wird es schon noch Gründe geben. Sagt Mr. Danforth, dass ich zur verabredeten Stunde hier sein werde.«
»Wie Ihr wünscht, Majestät!« Rawlings verbeugte sich übertrieben und die beiden anderen Männer lachten. »Sonst noch irgendwelche Botschaften, die wir dem Königreich übermitteln sollen?«
»Unsere Zusammenarbeit ist hiermit beendet«, sagte Winston kalt. Er hob den siebten Eimer am Drahtgriff an, der beiseitegestellt worden war, und drehte sich abrupt in Matthews Richtung um. Matthew duckte sich sofort und drückte sich ins Gras.
»Ich hab noch nie 'ne Hexenverbrennung gesehen!«, rief Rawlings Winston hinterher. »Seht zu, dass Ihr hingeht, damit Ihr mir alles erzählen könnt!«
Winston antwortete nicht. Er marschierte weiter. Erleichtert stellte Matthew fest, dass sich Winston zehn oder zwölf Fuß von ihm entfernt in westlicher Richtung davon bewegte. Schließlich war er mit seiner tiefgehaltenen Laterne an Matthew vorbei. Die Kerze würde er vermutlich schon lange löschen, bevor er sich dem Wachturm näherte, vermutete Matthew.
»Das arrogante Arschloch! Den kann ich mit dem kleinen Finger umlegen!«, prahlte Rawlings, nachdem Winston außer Hörweite war.
»Den kannst du mit deinem gottverdammten Atem umlegen!«, sagte einer der Männer. Der andere lachte.
»Da hast du recht! Also dann, lasst uns die elendige Nussschale wieder ins Wasser schieben! Gott sei Dank haben wir heute Nacht wenigstens den richtigen Wind!«
Matthew hob den Kopf und sah, wie die Männer zu ihrem Ruderboot gingen. Sie schoben es ins Wasser. Rawlings kletterte als erster an Bord, gefolgt von den beiden anderen. Dann wurden die Ruder angepackt – allerdings nicht von Rawlings – und das Boot bewegte sich durch die Brandung, bis es bald darauf von der Dunkelheit verschluckt wurde.
Matthew wusste, dass er vielleicht ein Anzeichen für ein größeres, vor Anker liegendes Schiff sehen würde, wenn er lange genug wartete. Vielleicht das Aufblitzen eines Streichholzes, mit dem eine Pfeife angesteckt wurde, oder ein vom Mondschein erfasstes Segel. Aber ihm fehlten sowohl die Zeit als auch die Motivation, um so lange zu warten. Ihm reichte das Wissen, dass ein Ruderboot für die Seefahrt ungeeignet war.
Er schaute in die Richtung, in die Winston verschwunden war: nach Fount Royal. Kaum, dass er sich versichert hatte, nun tatsächlich allein am Strand zu sein, ging Matthew aus der Defensive in die Offensive über. Er suchte die frisch umgegrabene Stelle, an der die Eimer verscharrt worden waren, und packte die versteckte Schaufel am Stiel – jedoch nicht, ohne sich erst an den Stechpalmen zu verletzen.
Die Eimer waren Winstons Anweisungen gemäß nicht tief vergraben. Matthew wollte lediglich einen einzigen haben. Der Eimer, den er auswählte, sah ganz normal aus. Der Deckel war mit Teer versiegelt, und Matthew schätzte, dass der Eimer um die sieben oder acht Pfund wog. Er buddelte das Loch wieder zu, stellte die Schaufel zurück in die Stechpalmen, und machte sich mit dem Eimer in der Hand auf den Weg zurück nach Fount Royal.
Der Rückweg gestaltete sich nicht leichter als der Hinweg. Matthew schoss plötzlich der Gedanke durch den Kopf, dass die Türen von Bidwells Herrenhaus höchstwahrscheinlich verriegelt waren. Er würde klopfen müssen, um von seinem Gastgeber hereingelassen zu werden – aber wollte er, dass ihn dort jemand mit dem Eimer in der Hand sah? Was auch immer Winston vorhaben mochte, Matthew wollte ihm keinerlei Hinweise dafür geben, dass sein Spielchen aufgeflogen war. Bidwells Haushälterin vertraute er zwar bis zu einem gewissen Grad, aber auf wen außer Mrs. Nettles konnte er sich in dieser verdammten Stadt sonst noch verlassen?
Er hatte eine Idee; allerdings würde das bedeuten, einer Person ganz und gar zu vertrauen – oder vielmehr zwei Personen, wenn man die Frau des Sklaven Goode dazuzählte. Matthew wollte unbedingt wissen, was in dem Eimer war, und Goode hatte in seiner Sklavenhütte vermutlich irgendeinen Gegenstand, mit dem sich der Eimer öffnen lassen würde.
Erleichtert kehrte Matthew dem Sumpf den Rücken zu, schlich durch das Kiefernwäldchen am Wachturm vorbei, und stand bald darauf vor John Goodes Tür. Er klopfte so leise wie möglich an, doch das Geräusch kam ihm so laut vor, dass er meinte, das gesamte Sklavenquartier aufgeweckt zu haben. Zu seinem Verdruss musste er noch ein zweites Mal und lauter klopfen, bis endlich ein Licht hinter dem über die Fensteröffnung gespannten Öltuch zu sehen war.
Die Tür wurde geöffnet. Eine Kerze, über der Goodes verschlafenes Gesicht erschien, wurde hinausgestreckt. Er hatte für den nächtlichen Störenfried unfreundliche Worte parat gehabt, aber als er sah, dass ein Weißer geklopft hatte und dann erkannte, wer es war, nahm er sich zusammen. »Oh … ja, Sir?«
»Ich habe etwas, das ich mir anschauen muss.« Matthew hielt den Eimer hoch. »Darf ich hereinkommen?«
Natürlich wurde ihm der Eintritt nicht verwehrt. »Was ist los?«, fragte May von der Schlafstelle, als Goode mit Matthew in die Hütte zurückkehrte und die Tür schloss.
»Geht dich nichts an, Weib«, sagte ihr Mann, der am brennenden Docht seiner Kerze eine zweite ansteckte. »Schlaf weiter.« Sie rollte sich auf die andere Seite und zog die verschlissene Decke bis unters Kinn hoch.
Goode stellte die beiden Kerzen auf den Tisch, und Matthew den Eimer dazwischen. »Ich bin gerade einem Gentleman in den Sumpf hinaus gefolgt«, erklärte Matthew. »Ich will dazu nicht allzu viel sagen, nur, dass er dort noch mehr von diesen Eimern vergraben hat. Ich will wissen, was drin