Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 5
»Wie merkwürdig«, murmelte Miriam. »Wir studierten zur gleichen Zeit. Es ist schon ziemlich lange her. Wie es so ist im Leben, hörten wir dann nichts mehr voneinander.«
»Nun können Sie sich Zeit lassen, alte Freundschaften wieder aufzufrischen«, meinte Tante Hanne. Sie warf Miriam einen schrägen Blick zu. »Allerdings werden Sie Ihre Studienkollegen als gesetzte Ehemänner wiederfinden.«
»Umso besser«, sagte sie mit einem Anflug von Humor. »Dann kommt keiner auf den Gedanken, dass ich hier auf Männerjagd gehen will.«
»So war es von mir auch nicht gemeint«, sagte Tante Hanne. »Ich habe ein besonderes Talent, mich manchmal missverständlich auszudrücken. Tatsächlich nahm ich an, dass auch Sie verheiratet sind.«
»Nein, das bin ich nicht«, erwiderte Miriam.
»Auf Ihr Wohl«, warf Jonas ein und hob sein Glas. Miriam trank in kleinen Schlucken. Es war ein köstlicher Wein. Wohlig warm wurde es ihr nach dem dritten Schluck. Die Spannung ließ nach, und die Müdigkeit kam.
»Es war ein aufregender Tag«, sagte Jonas. »Wir wollen Ihnen Ruhe gönnen. Hoffentlich werden Sie gut schlafen.«
»Sie werden Carry jetzt operieren lassen?«, fragte sie.
»So schnell wie möglich.«
»Von wem?«
»Von Professor Benten.«
»Nein!«, entfuhr es Miriam.
»Warum nicht?«, fragte Jonas bestürzt. »Er ist der prominenteste Herzspezialist.«
»Ja, der prominenteste«, sagte Miriam schleppend. »Ein glänzender Chirurg, ein Mensch ohne Seele.«
»Siehst du, das habe ich dir auch gesagt, Jonas«, warf Tante Hanne ein. »Ich lehne ihn auch gefühlsmäßig ab. Gut, dass ich Unterstützung bekomme.«
»Ich war zu impulsiv. Ich will mich nicht einmischen«, sagte Miriam leise. »Carry ist so überaus sensibel. Sie würde kein Vertrauen zu ihm haben. Das ist meine Meinung.«
»Wen würden Sie denn vorschlagen?«, fragte Jonas.
»Vielleicht könnte Dr. Norden da besser raten. Ich war acht Jahre nicht hier.«
Aber Benten kennt sie, dachte Jonas, doch er stellte keine Fragen. Er sah, dass Miriam sehr müde war, und zudem war ihre Miene jetzt sehr verschlossen.
»Wir werden noch Gelegenheit haben, uns darüber zu unterhalten«, sagte er ruhig. »Tante Hanne wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen. Ich wünsche Ihnen eine sehr gute Nacht.«
Er küsste ihr die Hand, und als sich ihre Augen für den Bruchteil einer Sekunde trafen, hatte sie das untrügliche Gefühl, einen Freund gefunden zu haben. Es beruhigte sie, dass er nicht erzürnt war über ihre Meinungsäußerung. Benten, ausgerechnet Benten, ging es ihr durch den Sinn, als sie dann in dem wunderschönen Gästezimmer, das auch im bäuerlichen Stil eingerichtet war, ihre müden Glieder in einem frisch duftenden Bett ausstreckte.
Mit einem festen, herzlichen Händedruck hatte Tante Hanne ihr ebenfalls eine gute Nacht und schöne Träume gewünscht.
Nur nicht träumen, waren Miriams letzte Gedanken, bevor sie einschlief, denn schöne Träume kannte sie schon lange nicht mehr. Ein herrlicher erquickender Schlaf war ihr in dieser Nacht vergönnt, nach der sie erholt erwachte.
Sollte es doch noch mal einen neuen Anfang geben? Sollte sie befreit werden von den Höllenqualen, die sie schon beinahe zum Irrsinn getrieben hatten? Konnte es möglich sein, dass sie vergessen durfte, was ihr das Leben wertlos gemacht hatte?
Es klopfte leise an der Tür, und dann kam Carry herein. Ihr zartes Gesichtchen war rosig überhaucht. Ihre Augen hatten die gleiche Farbe wie die ihres Vaters, wie sie erst jetzt bemerkte, denn gestern waren sie vom Weinen dunkel und glanzlos gewesen.
»Oh, Miriam, ich hatte Angst, dass du nicht mehr hier sein könntest«, hauchte Carry. »Hast du gut geschlafen?«
»So gut wie schon lange nicht mehr«, erwiderte Miriam wahrheitsgemäß.
»Ich auch, ohne böse Träume.«
Wir haben mancherlei gemeinsam, ging es Miriam durch den Sinn.
»Gefällt es dir bei uns?«, fragte Carry in ihrer kindlichen Art. »Ist das Haus nicht schön? So habe ich es mir auch immer vorgestellt.«
»Warst du denn niemals hier, Carry?«, fragte Miriam betroffen.
»Nein, es war doch nicht möglich. Nonna hätte es nie erlaubt. Sie durfte nur nicht verbieten, dass Papi mich besuchte, aber wenn ich nach Deutschland wollte, hätte ich doch einen Pass gebraucht. Sie hat verhindert, dass ich einen bekam, sie konnte das. Großvater hatte sehr viel Einfluss und sie nach seinem Tod auch.«
»Und warum ließen sie dich nicht zu deinem Vater?«, fragte Miriam nun doch wie unter einem Zwang.
»Sie hassten ihn«, stieß Carry hervor. »Sie hassten ihn, als wäre er schuld gewesen an Mamas Tod. Dabei war das doch eigentlich ich. Geliebt haben sie mich auch nicht. Sie wollten nur Papi kränken. Sie wollten ihn demütigen. Ich habe das nie verstanden. Mama und er haben sich doch geliebt. Aber was soll ich darüber reden? Nonna ist tot, und ich darf jetzt immer bei Papi bleiben. Hier werde ich vielleicht auch gesund. Meinst du, dass es möglich ist? Du bist doch Ärztin.«
»Sicher wirst du ganz gesund, Carry.«
»Nonna hat gesagt, dass die Ärzte Mama nicht helfen konnten, und mir können sie auch nicht helfen. Sie wollte wohl auch gar nicht, dass ich am Leben bleibe, wenn sie nicht mehr lebt.«
Eisig rann es Miriam den Rücken herunter. Wie viel haben wir eigentlich noch gemeinsam, dachte sie für sich. Auch in ihrem Leben hatte es einen Menschen gegeben, der sie nicht lebend wissen wollte, weil er sterben musste und weil ihm tatsächlich kein Arzt helfen konnte.
»Ich will nicht, dass du so ernst schaust«, sagte Carry. »Ich rede und rede und nur über die Vergangenheit, wo die Gegenwart doch so schön ist.«
»So kann man die Vergangenheit aber am besten bewältigen, mein Liebes«, sagte Miriam warm.
»Wirst du mir auch mal von deiner Vergangenheit erzählen, was du so erlebt hast?«
»Später einmal vielleicht«, sagte Miriam. »Ich bin um einiges älter als du, Carry, da hat man schon mehr erlebt und auch Dinge, an die man sich nicht gern erinnert.«
»Man kann sehr jung sein und doch schon alt, Miriam. Ich war noch niemals richtig Kind.« Wie ernsthaft und wehmütig das klang. »Hier wäre ich viel lieber gewesen. Tante Hanne ist auch sehr nett, nicht wahr? Einmal durfte ich mit ihr und Papi ein paar Tage in Ostia sein. Das konnte Nonna nicht verbieten. Papi hatte da auch jemanden kennengelernt, der ihm half. Einen Richter, einen ganz hohen, der dann auch Nonnas Testament angefochten hat. Aber jetzt wollen wir erst einmal frühstücken. Ich bin schrecklich unhöflich. Papi bleibt doch eigens unseretwegen ein paar Tage ganz daheim.«
»Deinetwegen, Carry«, sagte Miriam.
»Deinetwegen