Butler Parker 102 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 102 – Kriminalroman - Günter Dönges Butler Parker

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style="font-size:15px;">      Während der Rückfahrt verharrte Agatha Simpson in Schweigen. Parker fürchtete, seine Herrin könnte über gewisse Vergeltungsmaßnahmen brüten. Eine Lady Agatha Simpson war nicht die Frau, die eine Beleidigung ohne weiteres einsteckte. Sie pflegte sich stets nachdrücklich zu revanchieren.

      »Darf ich mir erlauben, daran zu erinnern, daß Mylady morgen in London erwartet wird?« sagte Parker.

      »Wir bleiben!«

      »Haben Mylady besondere Pläne?«

      »Dumme Frage, Mister Parker! Das wissen Sie doch längst! Wir werden es diesem Subjekt zeigen.«

      »Mylady sollten daran denken, daß man es mit einem Gangster zu tun hat.«

      »Einem ausgedienten, Mister Parker. Auch ich habe so meine Informanten in London. Nicht nur Sie!«

      »Mylady mögen meine Diskretion verzeihen«, entschuldigte sich der Butler würdevoll.

      »Reden wir davon, wie wir es diesem Lümmel zeigen könnten, Mister Parker. Das ist unser Thema! Was wissen Sie über diesen Waters?«

      »Stephan Waters, vierundfünfzig Jahre alt, geboren in Liverpool, zuerst Gelegenheitsarbeiter, dann Zuhälter, erste Kontakte mit den Gerichten, einige unerhebliche Geldstrafen wegen Körperverletzung, dann übergewechselt nach London und hier im Rauschgiftgeschäft tätig gewesen. Die Behörden sahen sich außerstande, Stephan Waters je etwas nachzuweisen. In eingeweihten Kreisen war seine Brutalität sprichwörtlich. Er soll einige Konkurrenten mittels Mord aus dem Weg geräumt haben. Nachzuweisen war ihm nichts. Er blieb unbehelligt. Stephan Waters hat sich vor etwa drei Jahren aus seinen Geschäften zurückgezogen und privatisiert, wenn ich es so ausdrücken darf.«

      »Warum ist dieses Subjekt ausgestiegen, wie Sie sich ausdrückten?«

      »Mister Waters geriet in Streit mit amerikanischen Syndikats Vertretern, die ihre Rauschgiftgeschäfte auch auf England ausdehnen wollten. Er soll, das sage ich mit allem Vorbehalt, einen dieser Männer erschossen haben.«

      »Er hat es also mit der Angst zu tun bekommen, das ist doch die Wahrheit, oder?«

      »So könnte man es natürlich auch ausdrücken.«

      »Verschaffen wir diesem Strolch doch etwas Angst, Mister Parker.«

      »Mylady wollen sich mit solch einem üblen Gangster anlegen?« Parkers Gesicht drückte Widerwillen aus.

      »Ich will ihm aufspielen«, präzisierte Lady Agatha unternehmungslustig. »Ein wahrer Zufall, daß er meinen Weg kreuzte. Und sein Pech, daß seine Subjekte mir die Vase zerschmetterten.«

      »Mister Waters wird sich kaum etwas bieten lassen, Mylady. Ich möchte entschieden warnen.«

      »Lady Simpson läßt sich ebenfalls nichts bieten«, kommentierte die streitbare Dame. »Und wer warnt Waters?«

      Bevor Josuah Parker darauf antworten konnte, griff die Detektivin bereits nach dem Telefonhörer und verlangte von der Hotel Vermittlung eine Verbindung mit Stephan Waters. Während sie auf diese Verbindung wartete, sah sie Parker und ihre Gesellschafterin kriegerisch an. Sie zupfte ihr undamenhaft solides Taschentuch aus dem Pompadour und legte es über die Sprechmuschel. Agatha Simpson hatte zu viele Kriminalfilme gesehen, um nicht zu wissen, wie man seine Stimme am Telefon verzerrt.

      »Sie haben drei Tage, Waters«, sagte sie dann gedehnt, als sich die Gegenseite meldete, »drei Tage … Ich würde sie nutzen!«

      Sie legte auf, stopfte das Taschentuch zurück in den Pompadour und sah sehr zufrieden aus.

      »Waters könnte herausfinden, von wo aus angerufen wurde«, warnte Josuah Parker.

      »Na, hoffentlich.« Lady Agatha ließ sich nicht beeindrucken.

      »Er könnte seine Leibwächter aktivieren, Mylady.«

      »Seit wann haben Sie Angst, Mister Parker?« wunderte sich die streitbare Dame. »Lassen Sie sich gefälligst etwas einfallen, wie wir dieses Subjekt auf Trab bringen.«

      »Ich werde mich bemühen, Mylady.«

      »Ich erwarte zündende Ideen, Mister Parker.«

      »Deuten die drei Leibwächter nicht darauf hin, daß er Angst hat?« ließ Kathy Porter sich vernehmen. Sie errötete sanft und wirkte leicht verlegen.

      »Natürlich, Kindchen.« Agatha Simpson freute sich, daß sie verstanden wurde. »Daher ja auch mein Anruf. Dieser Strolch wird noch auf Knien heranrutschen und darum bitten, daß er mir den Schaden ersetzen darf. Für mich ist das eine Frage des Prinzips!«

      Lady Agatha Simpson reckte sich hoch auf und glich in diesem Moment einer Bühnenheroine aus längst vergangenen Zeiten. Mit einem gewaltigen Speer in der Hand hätte sie aber auch durchaus mit einer Walküre konkurrieren können.

      *

      Stephan Waters war gereizt.

      Er selbst hatte den Anruf angenommen, der einer unverhüllten Drohung glich. Er dachte nicht einen Moment lang daran, diese Lady Simpson zu verdächtigen. Er hatte sie eigentlich schon wieder vergessen. Was hatte er schließlich mit einer alten Frau zu tun, die nun Lady sein mochte oder nicht.

      Nein, Waters dachte selbstverständlich sofort an London. Genauer gesagt, er dachte an seine jüngste Vergangenheit. Seine früheren Konkurrenten fühlten sich jetzt wohl stark genug, ihm ihre Rechnung zu präsentieren. Es ging da um einen Ritchie Romney, den er aus dem Weg geräumt hatte.

      Artie, sein erster Leibwächter kam zurück.

      »Festgestellt?« fragte Waters. »Von woher kam das Gespräch?«

      »Aus Falmouth.«

      »Falmouth …?«

      »Hotel Atlantik. Mehr war im Moment nicht rauszubekommen.«

      »Dann nichts wie rüber nach Falmouth!« Stephan Waters fühlte wieder das Prickeln im Blut wie in früheren Zeiten. »Spürt den Anrufer auf!«

      »Sollen wir ihn …?« Artie hielt es nicht für nötig, seinen Satz zu beenden. Er konnte davon ausgehen, daß Waters ihn gut verstand.

      »Nein.« Waters schüttelte den Kopf. »Nur kein Aufsehen hier in der Gegend. Erst mal feststellen, wer angerufen hat. Und dann ab mit ihm nach London oder Plymouth. Hier in der Gegend sollen keine Leichen rumliegen. Alles klar?«

      Artie nickte und ging.

      Stephan Waters baute sich vor dem dreigeteilten, säulenverzierten Fenster auf und sah auf den Far-Fjord hinunter. Er fragte sich, wie er sich weiter verhalten sollte. Er saß hier an der äußersten Südspitze Englands in einer erstklassig ausgebauten Festung und hatte sich bisher sicher gefühlt. Doch dieser Anruf machte ihn bereits nervös. Waters kannte schließlich die Gegenseite.

      Hatte es einen Sinn, England schleunigst den Rücken zu kehren? Geld hatte er genug, um sich irgendwo in der Welt zu verkriechen. Vielleicht gab es Landstriche und Festungen, die noch sicherer waren als dieses Castle hier.

      Doch Waters verwarf diesen Gedanken.

      Flucht

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