Karin Bucha Staffel 4 – Liebesroman. Karin Bucha
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Dann trat eine Frau in das Leben meines Freundes. Sie war unser beider Schicksal, denn auch ich liebte diese Frau.«
Doktor Hellberg stockte. Er fühlte den erstaunten Blick Iris Mayrings auf sich ruhen, und er fühlte auch, daß diese Frau immer noch Macht über ihn hatte. Ihre Nähe ließ sein Herz erzittern, genau wie damals, vor vielen Jahren.
Aber nein. Er kannte nur noch ein Ziel, und das würde er erreichen, selbst wenn er über das Herz dieser Frau schreiten müßte.
Härter wurde seine Stimme.
»Ich habe damals wenig gekämpft um diese Frau, denn für mich stand von vornherein fest, daß ich verzichten mußte, verzichten zugunsten meines Freundes.
Mein Freund liebte die Frau abgöttisch, und er wurde doch von dieser Frau verraten.
Ich sah den Freund leiden und war hilflos. So wurde ich aus Freundestreue zum Feind der Frau, und sie streute ein häßliches Gift aus.
Mein Freund wurde irre an mir. Er ist mit dem Zweifel an meine Treue gestorben, ohne zu ahnen, daß ich über ihn und sein Werk gewacht hatte, treu und selbstlos.
Ich werde auch weiterhin wachsam sein, gnädige Frau!« Nun wandte er sich direkt an Iris Mayring. »Ich warne Sie, Iris Mayring! Gehen Sie den Weg der Pflicht, ehe es zu spät ist!
Vernichten Sie die Dokumente, und falls sie sich nicht in Ihrem Besitz befinden – ich weiß es nicht –, dann zwingen Sie den Mann, bei dem ich sie vermute, zur Vernichtung der Papiere. Ersparen Sie sich und allen daran Beteiligten neues Herzeleid.«
Sie hob die schreckgeweiteten Augen. »Sie sind gekommen, Ihren Freund zu rächen?«
»Ja!«
»Sie wollen den Kampf?« fragte sie mühsam beherrscht.
»Ja, denn ich diene der Gerechtigkeit«, antwortete er.
»Gut!« Iris Mayring richtete sich hoch auf. Ihr Gesicht war unbeweglich, wie aus Stein gemeißelt. »Ich nehme den Kampf auf. Sie dienen der Gerechtigkeit. Sie wollen Ihr Ziel erreichen, rüchsichtslos, selbst wenn Sie dabei über das Herz einer Mutter schreiten müssen. Ich aber kämpfe um die Liebe und Achtung meiner Kinder. Niemals – hören Sie –, niemals werden sie erfahren, was sich damals Furchtbares abspielte.«
»Sie sind unklug, Iris Mayring«, antwortete Doktor Hellberg nach kurzem, eisigem Schweigen fast traurig. »Sie begeben sich in Gefahr, und Sie werden darin umkommen, wenn Sie nicht rechtzeitig Vernunft annehmen.
Sie haben mir einen wertvollen Fingerzeig gegeben. Nun weiß ich, wo ich anzugreifen habe. Sie haben die Zeitungsnotiz wohl gelesen und deren Sinn gut verstanden. Guten Abend!«
Die Tür klappte hinter dem Besucher ins Schloß.
Iris Mayring stand immer noch hochaufgerichtet inmitten des Zimmers, entschlossen zu kämpfen.
Es geht mir nur um die Liebe und Achtung meiner Kinder. Nicht nur um meinen Seelenfrieden allein handelt es sich, es geht auch um das Seelenheil meiner Kinder. Ingrid und Michael dürfen niemals in den Schmutz der Vergangenheit gerissen werden, dachte sie krampfhaft, dann fiel sie völlig erschöpft in einen Sessel und barg, bitterlich schluchzend, das Gesicht in den Händen.
*
Totenstille herrschte in Doktor Eck-brechts Arbeitszimmer. Der Notar ließ seinem Gegenüber Zeit, zu begreifen, was er ihm eben vorgelesen hatte.
Endlich hob Doktor Michael Mayring den Kopf. In seinen hellen Augen lag das Grauen.
»Damit wäre das Geheimnis um den rätselhaften Tod meines Vaters vor beinahe zwanzig Jahren gelöst«, sagte er im Ton tiefster Erschütterung. »Und was veranlaßte Sie, Herr Doktor, mir heute diese Tragödie zu enthüllen?«
Doktor Eckbrecht griff nach einer Zeitung und legte sie vor Doktor Mayring nieder. Er wies auf eine rotumrandete Stelle.
Michael Mayring las und legte kopfschüttelnd die Zeitung nieder.
»Ich verstehe nicht. Was hatte dieser Doktor Murphy mit der Katastrophe vor zwanzig Jahren zu schaffen?«
Das Gesicht des Älteren nahm einen harten Ausdruck an.
»Die Teilnehmer der damaligen Expedition, die um den eigentlichen Zweck wußten, waren ein Freund Ihres Vaters, Doktor Hellberg, dann ein gewisser Sommerfield, ein Amerikaner, der der Expedition wertvolle Dienste leisten konnte, da er mit den Örtlichkeiten gut vertraut war, und Ihre Frau Mutter.
Sommerfield hatte es verstanden, völlig das Vertrauen Ihres Vaters zu gewinnen. Inwieweit er über alles unterrichtet war, entzieht sich meiner Kenntnis. Meine Aufgabe war es, die Personen, die damals an der Expedition teilnahmen, zu überwachen.
Doktor Hellberg ist wie vom Erdboden verschwunden, vielleicht ist er auch ums Leben gekommen. Sommerfield lebt aber noch. Er ist jetzt erst wieder an die Öffentlichkeit getreten. Sein Name Sommerfield war nur ein angenommener, was zählte damals schon ein Name, Hauptsache, er war ein ganzer Kerl.
Heute ist dieser Sommerfield unter seinem richtigen Namen in Deutschland wieder aufgetaucht. Er ist kein anderer als dieser Doktor Murphy.
Sie lasen soeben, daß dieser Doktor Murphy eine neue Expedition plant, und zwar in das gleiche Gebiet, das schon auf Ihren Herrn Vater eine so große Anziehungskraft ausübte.«
»Und was hat meine Mutter mit der ganzen Angelegenheit zu schaffen?«
»Sie war nur die Leidtragende, denn sie verlor dabei den treuen Lebenskameraden, ihren Gatten. Als gebrochene Frau kehrte sie mit Ihnen und Ihrer Schwester nach Deutschland zurück.«
»Arme Mutter«, flüsterte Michael mitleidig. Dann richtete er sich straff auf. »Mein Vater soll nicht vergebens aus dem Grab heraus zu mir gesprochen haben.
Ich werde die Dokumente herbeischaffen, um sie für immer verschwinden zu lassen. Es soll so sein, wie mein Vater bestimmt hat. Es ist genug Blut geflossen um das Gold.«
Mit Wohlgefallen ruhten die Augen des Notars auf Michael Mayrings scharfgeschnittenem Gesicht. Genauso wie jetzt sein Sohn, so hatte der Professor in seiner Jugend ausgesehen. Er reichte ihm herzlich die Hand. »Recht so, mein junger Freund. Meines Beistandes sind Sie gewiß. Und vergessen Sie nicht: Lassen Sie Ihre Mutter völlig aus dem Spiel. Ihr Vater hat es so gewünscht. Er wird seinen Grund dabei gehabt haben.«
*
Eine scharfe Falte lag auf Doktor Mayrings Stirn, als er das Haus des väterlichen Freundes verließ.
Er stieg in seinen Wagen und fuhr, benommen von den Ereignissen der letzten Stunde, durch den regen Verkehr zum Hotel zurück.
Gewaltsam zwang er seine Gedanken in eine andere Richtung, aber immer wieder liefen sie in einem Punkt zusammen: Gunhild Bruckner – Dr. Hellberg – Dr. Murphy – die Dokumente – und die Mutter, die völlig ahnungslos von alledem bleiben mußte.
Ein heller Schrei riß ihn jäh aus seinen Grübeleien.
Dicht