Ausgewählte Lustspiele von Ludwig Thoma (Volksstücken und Bauernschwänke). Ludwig Thoma

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Ausgewählte Lustspiele von Ludwig Thoma (Volksstücken und Bauernschwänke) - Ludwig Thoma

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VON L.: Da ist es selbstredend, daß er Sie fordert. Er darf doch keinen Schimpf hinnehmen.

      DR. WELLER: Ich habe ja bloß die Wahrheit gesagt. Es war doch eine Gemeinheit.

      ASSESSOR VON L.: Erlauben Sie, Verehrtester, in unseren Kreisen kann man mal eine Gemeinheit begehen, aber man läßt sich nicht gemein heißen.

      BOTHO VON L.: Das ist doch ein kolossaler Unterschied!

      FRAU VON L.: Das sollten Sie aber wirklich verstehen!

      DR. WELLER: Wie? Er beleidigt mich auf das Schwerste, und dann verlangt er Genugtuung, als sei ihm Unrecht geschehen. Viel eher hätte ich doch Grund gehabt, ihn zu fordern.

      ASSESSOR VON L.: Allerdings.

      BOTHO VON L.: Wie konntest du das unterlassen?

      DR. WELLER: Weil ich mich und Elsa nicht bloßstellen wollte. Ihr sagtet doch selbst, daß die Versöhnung das Richtige war.

      ASSESSOR VON L.: Der Zweikampf ist etwas so Ritterliches, daß er niemals bloßstellen kann. Außerdem veröffentlicht man ja nicht die Gründe.

      DR. WELLER: Wenn niemand etwas von der Sache weiß, brauche ich mich doch auch nicht zu schießen.

      ASSESSOR VON L.: Aber erlauben Sie mal, Schwager!

      FRAU VON L.: Welche Ansichten!

      BOTHO VON L. pathetisch: Es gibt doch noch etwas Höheres in unserer Brust, so etwas, was man Ehre heißt.

      DR. WELLER zornig: Das hättest du deiner Tochter gründlicher beibringen sollen, dann wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.

      ASSESSOR VON L. scharf.- Meine Schwester braucht keine Belehrung über Ehre. Die ist ihr angeboren. Sie wird jederzeit einen Skandal zu vermeiden wissen.

      FRAU VON L.: So’n Kind!

      DR. WELLER: Hat sie nicht ihre Frauenehre weggeworfen ?

      ASSESSOR VON L.: Das sind populäre Phrasen!

      BOTHO VON L.: In unseren Kreisen wirft man nicht mit so starken Ausdrücken herum, lieber Adolar. Und überdies, wie gesagt, solche intimen Familienvorkommnisse haben nur dann etwas Entehrendes, wenn sie publik werden.

      DR. WELLER: Schön. Wenn das eure Moral ist, dann wendet sie gefälligst auch auf das Duell an.

      ASSESSOR VON L. sehr scharf, jede Silbe im Gardejargon betonend: Herr Schwager! Ich bedaure sehr, daß Sie erst darüber belehrt werden müssen. Der germanische Ehrbegriff duldet keine Sophistik, absolut keine Sophistik. Die Ehre ist ein Spiegel, welcher durch den leisesten Hauch getrübt wird. Solche Flecken können nur mit Blut abgewaschen werden, einfach mit Blut. Das ist der germanische Ehrbegriff. Gott sei Dank!

      DR. WELLER: Herr von Platow ist wohl auch Anhänger dieser Theorie?

      ASSESSOR VON L.: Selbstredend. Als Edelmann und Offizier!

      DR. WELLER: Dann verbietet also der germanische Ehrbegriff nicht, den Mann zu betrügen, an dessen Tisch man sitzt, und dessen Hand man schüttelt.

      ASSESSOR VON L.: Sie sprechen in Tönen, welche wir schon kennen.

      BOTHO VON L.: Das sind die alles nivellierenden Lehren, die vor nichts halt machen und selbst das Heiligste, was wir haben, unsere Armee, verunglimpfen.

      DR. WELLER: Das sind Begriffe von Recht! Großer Gott!

      ASSESSOR VON L.: Das sind Begriffe, die Geltung behalten werden. Jeder kann mal ‘ne Dummheit machen. Ein Kavalier steht dann eben mit der blanken Waffe dafür ein.

      BOTHO VON L.: Und tut damit genug. Daher der Name Genugtuung.

      DR. WELLER: Ich will aber keine Genugtuung. Ich habe doch Elsa verziehen. Wenn ich ihr nicht verzeihen wollte, dann hätte ich das Gericht angerufen.

      FRAU VON L.: Das Gericht! Pfui!

      BOTHO VON L.: Beim Gericht sucht nur der Pöbel sein Recht.

      ASSESSOR VON L.: Sich vor der Öffentlichkeit herumbalgen! So eine Idee!

      DR. WELLER: Sie sind doch selbst Jurist! Und werden Richter!

      ASSESSOR VON L.: Erlauben Sie, in solchen Fragen hat der Jurist einfach zu verschwinden. Ich bin in erster Linie Reserve-Offizier und Corpsphilister.

      DR. WELLER: Mit Gründen ist bei euch nicht durchzukommen, weil ihr sie stets mit Phrasen totschlagt. Aber sagt einmal, zu den Eltern gewendet: wollt ihr, daß ich, der Mann eurer Tochter, mich mit ihrem Verführer schieße?

      BOTHO U. FRAU V. L. unisono: Aber so eine Frage! Natürlich!

      ASSESSOR VON L.: Der germanische Ehrbegriff!

      DR. WELLER: Papa, du bist bekannt als eifrigster Anhänger der Kirche; du hast erst neulich im Abgeordnetenhaus eine große Rede gehalten, daß man das Volk zur Religion anhalten müsse.

      BOTHO VON L.: Das Volk!

      ASSESSOR VON L.. Immer diese Begriffsverwirrung!

      DR. WELLER: Die Religion verbietet das Duell.

      BOTHO VON L. salbungsvoll: Mein Sohn! Gewiß ist die Religion das Höchste, und gewiß bedürfen wir derselben in allen Dingen. Denn was wäre der Mensch ohne Religion? Gewiß ist das Duell eine Sünde. Aber wer ist ohne Sünde? So lange es eben eine Sünde gibt, wird es Streit unter den Menschen geben. Und so lange es verschiedene Menschen gibt, werden sie den Streit verschieden austragen. Die Religion kann und will aber sicher niemals die Standesunterschiede aufheben. Im Gegenteil. Wir können bedauern, daß es eine Sünde gibt, aber es wäre vermessen, sie abzuschaffen.

      ASSESSOR VON L.: Und der spezifisch germanische Ehrbegriff.

      BOTHO VON L.: Gewiß! Auch der hat Rechte. Wir müssen eben versuchen, als demütige Christen unsere Standespflichten mit der Religion so in Einklang zu bringen, daß beide sich vertragen. Wir müssen eben Kompromisse schließen.

      DR. WELLER: Und was sagst du, Mama?

      FRAU VON L.: Ich bin eine geborene von Connewitz.

      ASSESSOR VON L.: Das jenügt!

      DR. WELLER: Gut! Wenn ihr mich treibt, dann soll das Ärgste geschehen. Aber ich will zunächst Elsa hören. Sie soll entscheiden.

      BOTHO VON L.: Da kommt sie gerade. Elsa tritt auf.

      ELSA: Ihr seid hier?

      BOTHO VON L.: Adolar hat uns telegraphiert.

      FRAU VON L. umarmt sie: Armes Kind, was mußt du gelitten haben!

      ELSA: Es war fürchterlich, Mamachen.

      BOTHO VON L.: Wir wissen alles, aber wir verzeihen dir.

      FRAU VON L.: Wie ist das nur gekommen?

      ELSA: Ach, die Köchin ist

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