Mami Staffel 3 – Familienroman. Gisela Reutling

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Mami Staffel 3 – Familienroman - Gisela Reutling Mami Staffel

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daß sie diese riesige Villa nie wieder betreten würde. Denn in der ersten Erregung über den Streich des niedlichen Lausebengels Sandro hatte Klaudia von Redwitz sich zu Geständnissen hinreißen lassen, die einer Chefin nicht anstanden. Und das würde sie Rena übelnehmen, als habe sie sie dazu veranlaßt.

      Sie ließ das Taxi in der Nähe des Bahnhofes halten, zahlte und betrat ein China-Restaurant. Sie hatte einen Mordshunger. Enttäuscht stellte sie fest, daß fast jeder Tisch besetzt war.

      »Wenn Sie wollen, können Sie hier Platz nehmen«, bot ihr ein Mann an einem kleinen Tisch an. Rena zögerte nicht lange. Der Gast war nicht unsympathisch, vielleicht kam es sogar zu einem Gespräch mit ihm, dann vergaß sie die deprimierende Stunde bei Klaudia von Redwitz.

      Er aß geschickt mit Stäbchen, sie dagegen benutzte Gabel und Messer. Und weil er gutmütig lächelnd zusah und ihr dann Unterricht in der Handhabung der Stäbchen anbot, fanden sie schnell Kontakt.

      Eine Stunde später wußte Rena, daß ihr sympathischer Tischnachbar Ralf Nolte hieß und vor zwei Tagen von einem Noteinsatz in einem Erdbebengebiet in Peru zurückgekehrt war. Von nun an dachte sie nicht mehr an die Marotten ihrer Chefin, sondern fragte dem netten Doktor die Seele aus dem Leib, bis er ihr lachend vorschlug, sich am nächsten Abend noch einmal mit ihm zu treffen, denn in drei Tagen müßte er Hamburg schon wieder verlassen.

      »Noch ein Erdbeben?« fragte Rena.

      Ralf sah sie lächelnd an. Etwas wie Angst stand in ihrem Blick, und noch nie hatte ihn dieser Ausdruck von Furcht in den Augen eines Menschen so angenehm berührt. Ganz klar, er gefiel ihr und sie wollte ihn mehr als einmal wiedersehen.

      »Nee, ich fahr nach Kiel. Zu einem Kollegen, der dort seine Facharztausbildung macht. Will mal sehen, wie es sich da so lebt. Wir machen dann zusammen Urlaub.«

      »Jetzt? Im November?«

      »Mein Kollege ist ledig und muß Urlaub nehmen, wenn die Klinikleitung es bestimmt«, lachte er. »Wir werden skilaufen. In den Alpen gibt es schon Schnee.«

      »Ach so.« Es klang nicht gerade begeistert. »Und dann?«

      »Danach nehme ich an einem Kursus für Helikopter-Piloten teil.«

      »Ich denke, Sie sind Arzt?«

      »Ja, aber ein Pilotenschein hilft Menschenleben retten.«

      Rena zog mit ihrem Stäbchen lange Linien auf die Tischdecke.

      »Wollen Sie sich denn Ihr Leben lang zu Hilfseinsätzen einteilen lassen?«

      Ralf Nolte sah die junge Frau mit den roten Strähnen im Haar schweigend an. Sie war entzückend. Er hatte wohl schon ganz vergessen, wie anregend die Gesellschaft und das Interesse einer Frau sein konnten.

      »Wenn ich mal einen Menschen finde, für den es sich lohnt, Wurzeln zu schlagen, räume ich meinen Platz sofort für jüngere Kollegen«, gestand er freimütig.

      Rena atmete auf. »Das beruhigt mich«, lächelte sie schelmisch. »Und nun verlange ich die Rechung. Bitte, kommen Sie nicht auf die Idee, mich einzuladen.«

      »Heute nicht. Aber morgen«, antwortete er und nahm ihre Hand, die gerade nach der Brieftasche fassen wollte, fest zwischen seine.

      *

      Mehr als drei Jahre waren vergangen. Es gab Menschen, die dankten dem Schicksal, weil sich in dieser Zeit nichts in ihrem Leben geändert hatte. Zu diesen gehörte Beate von Redwitz erstaunlicherweise nicht. Denn vor einigen Monaten hatte sich etwas ereignet, das ihr Leben von Grund an auf den Kopf stellte.

      Aber nur ganz allmählich begriff sie, daß es tatsächlich auch die Trennung von Sandro war, die sie dazu gezwungen hatte, etwas mehr aus sich und ihrem Alltag zu machen.

      »Karottenkuchen«, schmunzelte sie, als sie an einem Sommersonntag in der Küche stand und aus dem Tortenrund zwölf schmale Stücke schnitt. »Karottenkuchen. Wenn der mir gelungen ist, gelingt mir alles andere auch.«

      Sie hatte frischgewaschenes Haar und getuschte Wimpern. Auf ihren Lippen glänzte ein dezenter Rotton, und statt der geliebten Jeans trug sie heute ein dunkelblaues Kleid, auf dem bis zum Saum hinunter Sonnenblumen blühten. Dabei war es doch gerade Ende Juni und Rosenzeit!

      Kaum war sie mit dem Tablett auf die Terrasse getreten, lächelte sie ihrem Gast Detlef Barmfeld scheu zu. »Ganz nach Ihrem Rezept, Herr Barmfeld. Ich hoffe, er schmeckt Ihnen.«

      »Gewiß doch, Fräulein von Redwitz. Bei Ihnen schmeckt mir alles.«

      Detlef Barmfeld war ein entfernter Verwandter ihrer Nachbarn, den Kösters mit den beiden Kindern Kiki und Linus. An einem lauen Frühlingsabend hatte sie ihn drüben kennengelernt. Als sich die Kösters Tage später über den nicht mehr jungen Vetter lustig machten, hatte Bea ihn in Schutz genommen. Warum trauten ihre Nachbarn dem Fünfzigjährigen nicht zu, mit seinem Bio-Gemüse draußen vor der Stadt gute Geschäfte machen zu können? Mehr aus Trotz war sie schon in der folgenden Woche zu ihm gefahren und hatte eine ganze Steige seines Grünkrams gekauft.

      Detlef Barmfeld tauchte schon bald darauf bei ihr auf. Angeblich hatte er seine Hand in einer Stalltür geklemmt und konnte sie nicht bewegen. Seitdem kam er zweimal die Woche. Seine Hand konnte längst wieder zupacken, aber auf die Stunden mit Beate wollte er nicht mehr verzichten. Nur jammerte er immer über alles, was in dieser Zeit an Arbeit auf seinem Hof liegenblieb. Beate hörte ihm dann verstohlen lächelnd zu, denn im Grunde schien ihn das nicht zu stören.

      »Köstlich, Fräulein von Redwitz. Ja, so soll der Kuchen sein. Er ist vollkommen.«

      Beate betrachtete ihn schweigend. Er war kein schöner Mann, dazu wirkte er zu behäbig. Aber er hatte flinke und doch gütige Augen, eine tiefe, warme Stimme und volles, graues Haar. Sie fragte sich, warum er wohl nie geheiratet hatte. Aber sie behielt diese Frage für sich, denn noch mehr beschäftigte sie ein anderes Problem: Wie konnte sie ihn endlich dazu bringen, sie einfach beim Vornamen zu nennen? Es fiel ihr dann leichter, ihn nach seinem Privatleben auszuhorchen.

      »Detlef«, begann sie zögernd. »Wir verstehen uns doch gut. Und ich freue mich jedesmal über Ihren Besuch. Aber…«

      »Sie finden mein Gemüse zu teuer.«

      Ach, was war er nur für ein Döskopp! Sie schüttelte in komischer Verzweiflung den Kopf. In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Sie murmelte eine Entschuldigung und eilte ins Haus.

      Es war ihre Schwägerin Klaudia, die sich mit leiser Stimme meldete.

      »Ist etwas mit Sandro?« fragte Beate atemlos.

      »Nein, Bea. Ich liege in der Klinik.«

      Der Schrecken fuhr in die Glieder. »Klaudia… doch nicht etwa? Schon wieder?«

      »Doch, Bea. Ich habe wieder eine Fehlgeburt erlitten.« Die folgenden Worte erstickten in Tränen. Beate hörte ihr verzweifeltes Schluchzen und wußte sofort, was nun zu tun war.

      »Detlef, ich bitte Sie um Verständnis. Ich muß sofort in die Klinik. Meine Schwägerin…«

      So schnell er konnte, erhob er sich aus dem Gartenstuhl.

      »Selbstverständlich bringe ich Sie hin, Beate.«

      Erst,

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