Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Letzte Fahrt - Robert Falcon Scott страница 4

Letzte Fahrt - Robert Falcon  Scott Edition Erdmann

Скачать книгу

rollte über Reling und Achterdeck und ein großes Stück des Geländers wurde von den Sturzwellen fortgerissen. Die Petroleumfässer trieben auf dem Deck umher und einige wurden über Bord geschwemmt. Die Sodpumpe, die von der Hauptmaschine unabhängig ist, half uns auch nicht, denn vorn, wo sie stand, fegten immer die schwersten Sturzseen über die Reling und rauschten hoch über das Achterdeck hinweg; einmal stand ich bis unter die Arme im Wasser. Die Szene auf Deck wurde immer düsterer und im Maschinenraum strömte das Wasser beängstigend. Und mitten hinein in diese Verwirrung plötzlich der furchtbare Ruf, dass durch die Ritzen des Achterraums Rauch emporsteige! Der Achterraum war mit Kohlen angefüllt und lag unmittelbar neben dem Maschinenraum, und das auf Deck stehende Wasser machte ein Öffnen der Luke zum Herauslassen sich entwickelnder Gase unmöglich. Und doch wäre, um das Feuer zu unterdrücken, keine andere Hilfe gewesen, als die Luken zu öffnen, die Sturzseen hineinfluten zu lassen und so das Schiff zum Sinken zu bringen. Es waren furchtbare Augenblicke, ehe wir die Gewissheit hatten, dass der Rauch in Wirklichkeit nur Dampf war von dem im Maschinenraum befindlichen Schlagwasser, das bis in die erhitzten Kohlen gestiegen war.

      Die vierundzwanzig Mann Achterwache bildeten zwei Reihen und begannen nun mit den Schöpfeimern zu arbeiten, während die Matrosen an den verstopften Handpumpen beschäftigt waren. Wenn wir auf diese Weise nicht Herr des Wassers wurden, waren das Schiff und wir alle verloren! So sonderbar es erscheinen mag, wir mussten versuchen, es auszuschöpfen. Und unsere Anstrengung blieb nicht ganz fruchtlos. Vier Stunden lang gingen die Schöpfeimer von Hand zu Hand, vom untersten Feuerraum auf kleinen Eisenleitern nach dem obersten Deck hinauf, zusammen mit dem Tröpfeln der Pumpen, und wenn das Wasser auch nicht sank, so stieg es doch nur noch sehr wenig.

      Unterdes kommen wir auf ein Mittel, um an das Saugwerk der Pumpen zu gelangen: Wir schlagen ein Loch in das Schott des Maschinenraumes, die Kohlen zwischen diesem und dem Wasserschacht der Pumpen werden entfernt und ein Loch in den Schacht gebrochen. Den Lukendeckel über dem Schacht können wir nicht öffnen, da zu viel Wasser an Bord kommt. Wir sind zwar noch nicht über den Berg, aber ich fasse wieder Mut, wenn auch unsere Rettung ein halbes Wunder sein wird. Offiziere und Matrosen arbeiten verzweifelt, aber sie singen dabei Matrosenlieder und keiner hat den Mut verloren.

      Ein Hund ist ertrunken, ein Pony ist tot und zwei andere werden auch nicht mehr lange mitmachen. Der Sturm fordert schweren Tribut von uns, aber wenn wir nur des Wassers Herr werden, wird schon alles gut. Noch ein Hund, höre ich, ist eben über Bord geschwemmt worden – o weh!

      Gott sei Dank, der Sturm nimmt ab! Die See geht zwar noch bergehoch, aber das Schiff hält sich schon besser. Ich flehe zu Gott, dass wir vor Morgengrauen wieder unter Segel sein möchten!

      Sonnabend, 3. Dezember. Gestern Abend nahm der Wind langsam ab, und die Schöpfarbeit wurde mit zweistündiger Ablösung ununterbrochen fortgesetzt. Es war eine unheimliche Nachtarbeit, bei dem heulenden Sturm, der Dunkelheit, den alle paar Minuten über das Schiff hinrollenden ungeheuren Sturzseen, ohne Maschinen und ohne Segel, die Männer der Wissenschaft zum Teil unten im Maschinenraum, schwarz vom Maschinenöl und Schlagwasser, die überlaufenden Eimer weitergebend, ohne Rücksicht auf die Köpfe der Tieferstehenden; dabei nass bis auf die Haut, so nass, dass einige es vorzogen, nackt wie chinesische Kulis zu arbeiten, während die anderen in Trikotjacken, Schifferhosen und Seestiefeln hantierten. Alle zwei Stunden eilten die Abgelösten in ihre Koje, um dort im Regenrock eingewickelt zu ruhen; aber nach zwei Stunden wurden sie wieder geweckt, schlüpften in das triefend nasse Zeug und eilten wieder an die Arbeit. Und sie blieben Sieger: Das Hin- und Herrauschen der Wellen auf dem Boden des Maschinenraumes bei dem trüben Licht zweier Petroleumlampen wurde von Stunde zu Stunde geringer. Um 10 Uhr abends war das Loch im Schott des Maschinenraumes gebrochen – Leutnant Evans kletterte über die Kohlen hinüber und fand seinen Weg zu dem Pumpenschacht und in ihn hinein. Bald hatte er den Ansauger gereinigt, und mit Freudenrufen wurde der erste tüchtige Wasserstrahl aus der Pumpe begrüßt. Von diesem Augenblick an waren wir gerettet. Alle Mann mussten nun abwechselnd an der Pumpe arbeiten, und obwohl sie sich noch mehrere Male wieder verstopfte, sank das Wasser im Maschinenraum gleichmäßig, und heute Morgen konnte man sich wieder darin aufhalten. Am Vormittag wurde wieder geheizt, die Ventile sind gereinigt und jetzt segeln und dampfen wir bereits wieder in bester Ordnung südwärts, zwei Striche von unserem Kurs. Mit einem Schlag sind wieder alle voller Hoffnung, die gestern Abend noch, wie sie mir heute gestanden, im Stillen an unserer Rettung verzweifelten.

      Unser Verlust ist nicht so groß, wie ich befürchtete, aber doch immer ernst genug. Abgesehen von der Zertrümmerung der Reling, haben wir zwei Ponys, nur einen Hund, 300 Liter Petroleum, 10 Tonnen Kohlen und einen Spiritusbehälter des Biologen eingebüßt. Das dritte Pony hat sich wieder erholt; es sieht ein wenig steifbeinig aus, wird aber wohl durchkommen, wenn wir keinen neuen Sturm bekommen. Osman, unser bester Schlittenhund, war heute früh sehr elend.

      See und Wind scheinen wieder stark zu werden und wir haben schwere, südliche Dünung.

      Montag, 5. Dezember. 56° 40’ südlicher Breite. Wir haben noch immer Dünung aus Südwest, wenn auch nicht mehr so heftig wie gestern, aber ich wünsche von Herzen, dass sie endlich ganz aufhören möge, und ich bete, dass keine Stürme mehr kommen! Auch die vier Ponys an der Backbordseite sind von dem furchtbaren Wetter sehr mitgenommen und es hängt so viel, ja alles von gutem Wetter ab.

      Dienstag, 6. Dezember. Die Dünung hat weiter abgenommen und wir kommen bei ruhigem Wetter tüchtig weiter. Ich bin hauptsächlich der Tiere wegen dafür aufrichtig dankbar. Noch ein Tag und wir sind aus dem Bereich der Weststürme heraus.

      Mittwoch, 7. Dezember. 61° 22’ südlicher Breite, 179° 56’ westlicher Länge. Ein scharfer Südwestwind trieb uns drei Striche aus unserem Kurs heraus, aber die See blieb ruhig, ein Zeichen, dass das Eis nicht mehr fern ist. Am Nachmittag betrug die Luft- und Wassertemperatur 1 Grad Celsius und ein günstiger Wind hat uns wieder in unseren Kurs hineingetrieben. Viele Vögel umflattern das Schiff; die ersten Eissturmvögel und die ersten Raubmöwen erscheinen und gestern Abend zeigten sich Delfine in der Nähe; dunkle, finster blickende Albatrosse und Seeschwalben begegnen uns unaufhörlich.

      Nach dem Sturm hatte das Hauptdeck unter dem Packraum, wo die Ponys untergestellt sind, ein böses Leck, und der Stallschmutz tropfte auf Hängematten und Bettstücke, ohne dass einer von der Mannschaft ein Wort darüber gesagt hätte. Mit Segeltuch und Ölleinwand suchten sie sich die Plage vom Leib zu halten; es war schon sowieso im Mannschaftsraum ungemütlich genug. Alles war durcheinandergeworfen, allenthalben hatte das Wasser seinen Weg dorthin gefunden, dabei Mangel an Luft, die nur durch die kleine Vorluke hereinkam, kein Tageslicht, sondern nur Lampenlicht, das allerhand Scherereien machte, die Männer alle nass bis auf die Haut, ohne Gelegenheit ihr Zeug zu trocknen – kurz, ihre fröhliche Standhaftigkeit ist geradezu bewundernswert.

      Gestern Abend trieb weit hinten im Westen der erste Eisberg vorüber und glänzte hin und wieder auf, wenn die Sonne aus den Wolken hervortrat.

      Donnerstag, 8. Dezember. Der Wind wuchs über Nacht zu einem mäßigen Sturm an, und heute haben wir den ganzen Tag hindurch gegen eine steife Brise und hohen Seegang anstampfen müssen. Am Abend hielten wir ein wenig ostwärts von unserem Kurs und konnten so wenigstens Vorder- und Achtersegel gefüllt bekommen. Aber dieser Gegenwind stellt meine Geduld sehr auf die Probe, zumal unser Kohlenverbrauch größer ist, als ich berechnet hatte.

      Das Stampfen und Schlingern des Schiffes störte mich die ganze Nacht hindurch, und bei jedem Stoß musste ich an die armen Ponys denken. Wie lange mögen sie wohl die Erinnerung an diese entsetzlichen Tage bewahren? Die Hunde sind wieder obenauf; für sie ist die Nässe das Schlimmste. Sie hätte uns beinahe unseren besten Leithund Osman gekostet. Er lag nach dem letzten Sturm so erschöpft da, dass er kaum noch ein wenig zitterte und sein Leben an einem Haar zu hängen schien. Er wurde in Heu warm eingepackt und lag so vierundzwanzig Stunden ohne Nahrung, die er beharrlich zurückwies; dann aber zeigte sich die wunderbare Zähigkeit seiner Rasse: Er war hinterher wieder so kräftig wie zuvor.

      Freitag,

Скачать книгу