Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke

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Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke - Rainer Maria  Rilke

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      Die Welle schwieg euch nie

       Inhaltsverzeichnis

      Die Welle schwieg euch nie,

       so seid auch ihr nie still

       und singt wie sie;

       und was tief innen euer Wesen will,

       wird Melodie.

       Und ließ den Klang in euch der Schönheit Scham erstehn?

       Erweckte ihn ein junger Mädchengram-

       um wen?

       Die Lieder kamen, wie das Sehnen kam,

       und werden langsam mit dem Bräutigam

       vergehn...

      Die Mädchen sehn der Kähne Fahrt

       Inhaltsverzeichnis

      Die Mädchen sehn: der Kähne Fahrt

       kehrt fernher hafenein,

       und schauen scheu und dichtgepaart,

       wie schwer das weiße Wasser ward:

       denn das ist so des Abends Art,

       wie eine Angst zu sein.

       Und so ist keine Wiederkehr:

       Es kommen von dem müden Meer

       die Schiffe schwarz und groß und leer,

       kein Wimpel oben fliegt:

       als hätte alle irgendwer

       besiegt.

      Ihr Mädchen seid wie die Kähne

       Inhaltsverzeichnis

      Ihr Mädchen seid wie die Kähne;

       an die Ufer der Stunden

       seid ihr immer gebunden, -

       darum bleibt ihr so bleich;

       ohne hinzudenken,

       wollt ihr den Winden euch schenken:

       euer Traum ist der Teich.

       Manchmal nimmt euch der Strandwind

       mit bis die Ketten gespannt sind

       und dann liebt ihr ihn:

       Schwestern, jetzt sind wir Schwäne,

       die am Goldgesträhne

       die Märchenmuschel ziehn.

      Die blonden Schwestern flochten froh

       Inhaltsverzeichnis

      Die blonden Schwestern flochten froh

       im Gehn Gesträhn aus goldnem Stroh,

       bis alles Land vor ihnen so

       wie Gold zu glühn beginnt;

       da sagen sie sich: wunderwo

       wir hingeraten sind.

       Der Abend wird den Blüten schwer,

       die Schwestern stehn in Scham

       und halten ihre Hände her

       und lauschen lang und lächeln leer, -

       und eine jede sehnt sich: wer

       ist unser Bräutigam...

      Wenn die blonden Flechterinnen

       Inhaltsverzeichnis

      Wenn die blonden Flechterinnen

       gehn im Glanz des Abendlands:

       sie sind alle Königinnen

       und ersinnen und beginnen

       ihren eignen Kronenkranz.

       Denn das Licht, darin sie leben,

       ist ein großes Gnadengeben -

       und es kommt von ihnen her,

       und das Stroh, das sie zersträhnen,

       trank von ihren Mädchentränen -

       und es wurde Gold und schwer.

      Eh der Garten ganz beginnt

       Inhaltsverzeichnis

      Eh der Garten ganz beginnt

       sich der Güte hinzugeben,

       stehn die Mädchen drin und beben

       vor dem zögernden Erleben,

       und aus engen Ängsten heben

       sie die Hände in den Wind.

       Und sie gehn auf scheuen Schuhn,

       als ob sie die Kleider pressten;

       und das sind die ersten Gesten,

       die sie im Gefühl von Festen

       ihrem Traum entgegentun...

      Alle Straßen führen jetzt grade hinein

       Inhaltsverzeichnis

      Alle Straßen führen

       jetzt grade hinein ins Gold:

       die Töchter vor den Türen

      

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