Griechische Mythologie. Ludwig Preller
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Das ist also das Bild des Kriegsgottes Ares, als welcher er in der Ilias auch Ἐνυάλιος genannt wird717, wie dieser vermuthlich durch das herkömmliche Kriegsgeschrei fortgepflanzte Name718 denn auch im örtlichen Gottesdienste für Ares oder als dessen Beinamen gebraucht wurde, bis man später den Enyalios als Sohn oder Gehülfen des Ares von diesem unterscheiden lernte719. So pflegt auch Ἐνυώ, die mordende Kriegsgöttin und Städteverwüsterin, in seiner Umgebung zu erscheinen (Il. 5, 333. 592), bis sie später gleichfalls in verschiedenem Verhältniß zu ihm gedacht wurde720. Auch Ἔρις, die Göttin des schrecklichen, des blutigen Streites, war seine engverbundene Gefährtin (Il. 5, 891, Paus. 5, 19, 1), für seine Diener und Gesellen aber galten besonders Δεῖμος und Φόβος, Furcht und Schrecken, die ihm den Wagen schirren und seine stets mordlustige Begleitung bilden721: eine schreckliche, im blutigen Toben und Morden unersättliche Gruppe, zu welcher auch die Keren, die Göttinnen des blutigen Todes der Schlacht gehören, ferner Κυδοιμὸς und ähnliche Dämonen, wie sie besonders die ältere Kunst auf Schilden oder sonst auf Waffen und zu kriegerischen Zwecken in überaus grellen Gestalten auszuführen liebte, hinter denen die Beschreibungen der Dichter nicht zurückbleiben722. Nur dadurch verlieren diese grausigen Farben an ihrer Wirkung daß Ares trotz alles Tobens und aller Kraft doch keineswegs unüberwindlich ist. Vielmehr ist gerade das wilde Toben und der tolle Muth seine eigne Schwäche und die seiner Söhne, in welchen Dichtungen die alte Vorstellung von dem tobenden Sturmgotte der Luft nachwirkt. Namentlich bildet Athena mit den von ihr geführten Helden in dieser Hinsicht einen merkwürdigen Gegensatz zum Ares, obschon sie ihm sonst als Kriegsgöttin nahe steht. Immer übt sie große Gewalt über ihn, wie sie ihn in der Ilias wiederholt von der Schlacht abhält, indem sie ihn als Göttin des besonnenen Muthes ruhig bei der Hand faßt und entwaffnet (5, 30 ff.; 15, 123 ff.). Oder sie führt im Nothfall ihre Helden gegen ihn, die dann leicht mit ihm fertig werden, wie Herakles im Kampfe mit dem Kyknos und vor Troja Diomedes.
Um so enger befreundet ist Ares schon in der Ilias 5, 355 ff.; 21, 416 ff. und auf älteren Bildwerken723 mit Aphrodite, der Göttin des weiblichen Reizes und des Genusses der Liebe: woraus in der Odyssee 8, 266 ff. das bekannte Gedicht von der heimlichen Buhlschaft des Ares und der Aphrodite entstanden ist, wie sie zum erstenmale im Hause des Hephaestos heimlich zusammenkamen, Helios aber das gleich dem Hephaestos meldete und dieser nun ein Netz von unlösbaren Banden, fein wie Spinnewebe schmiedete, worin sich das Liebespaar verfing, so daß beide kein Glied rühren konnten: eine Lust für alle Götter und Göttinnen welche sich vom Hephaestos herbeigerufen zu dieser Ausstellung versammelten. Eine Dichtung zu welcher das der örtlichen Tradition bekannte Doppelverhältniß der Aphrodite einerseits zum Kriegsgotte andrerseits zum Hephaestos von selbst Anleitung geben konnte, abgesehn von der psychologischen Begründung, auf welche Aristoteles hinweist724. So erschienen namentlich in der thebanischen Sage Ares und Aphrodite als die Stammgötter der Kadmeionen725, als deren Tochter Harmonia genannt wurde, die bedeutungsvolle Gemahlin des Stifters und ersten Ansiedlers der Gegend, während die Hesiodische Theogonie 934 Phobos und Deimos als Söhne desselben thebanischen Götterpaares kennt. Auch war demselben Ares der Drache geweiht, ja er galt nach Einigen sogar für seinen Sohn, welchen Kadmos an der gleichfalls dem Ares geheiligten Quelle (κρήνη ἀρεία, ἀρητιάς) tödtete, wofür er und sein Geschlecht lange büßen mußte; auch die Mauer von Theben (τείχος ἄρειον Il. 4, 407), deren Sicherheit im Kriege der Sieben das Opfer des Menoekeus forderte; wie auf der andern Seite das berühmte Halsband der Harmonia, ein Kleinod seltener Art, unter den Frauen desselben Geschlechtes wohl den Liebreiz der Schönheit, aber mit demselben auch einen begehrlichen Sinn und Untreue fortpflanzte. In solcher Weise spiegelte sich im Gemüthe und dem Schicksal der Nachkommen die Art der Urheber.
Auch sonst wird des Ares in örtlichen Sagen oder allegorischen Dichtungen gewöhnlich da gedacht wo kriegerischer Muth, wilde Sitte, der blutige Krieg im Gegensatze des Friedens, des behaglichen Genusses geschildert werden soll, z. B. in der Aloidensage (S. 80) oder wenn die Sage der Vorzeit Recken von großer Kraft und ungestümem Muthe Söhne des Ares nennt, welche den Söhnen des Zeus, vollends dem Herakles immer unterliegen726. Verehrt wurde Ares oder Enyalios oder Ares Enyalios wohl überall, doch wird er lange nicht so oft genannt als die Götter des Friedens. In Athen war ihm der Areopag (ἄρειος πάγος) geweiht, die alte Stätte des Blutgerichts, zu dessen Begründung angeblich Ares selbst durch eine blutige That Veranlassung gegeben hatte. Agraulos hatte von ihm die Alkippe geboren, welcher Halirrhothios (die stürmende Meeresfluth), der Sohn des Poseidon und der Nymphe Εὐρύτη (der schönfließenden), Gewalt anthut. Deswegen tödtet ihn Ares und wird darauf von den zwölf Göttern auf dem Areopag gerichtet und freigesprochen727: eins von Märchen der attischen Vorzeit welche meist auf Naturbeobachtung und örtlichen Eigentümlichkeiten beruhen. Der T. des Ares lag in der Nähe des Areopag und beim Aufgange zur Burg. Man sah darin zwei Bilder der Aphrodite, das des Ares vom Alkamenes, eine Athena von einem parischen Künstler und eine Enyo von den Söhnen des Praxiteles728. Ferner war Ares in Sparta, in Arkadien und in Elis zu Hause. In Sparta nannte man ihn Enyalios und Θηρίτας d. h. den Wilden und opferte ihm junge Hunde, nach einer andern Nachricht aber gelegentlich wohl auch einen Menschen729. In Arkadien feierten ihn besonders die kriegerischen Tegeaten und ihre Frauen, welche sonst von den Festen des Ares ausgeschlossen waren, daher man ihn γυναικοϑοίας nannte, zur Erinnerung eines von den Frauen dieser tapferen Stadt über die Spartaner gewonnenen Sieges, und ἀφνειός, weil er seinem Sohne, als dessen Mutter bei der Entbindung gestorben war, noch aus der Brust der Verstorbenen reichliche Nahrung verschafft hatte730. In Elis feierte man ihn zum Andenken seines Sohnes des Oenomaos und seiner mörderischen Wettrennen, also als Hippios731. Hin und wieder wurden dem Ares von solchen Kriegern welche hundert Feinde erschlagen hatten Ἑκατομφόνια geopfert, wie sie von den Messeniern ihrem Zeus Ithomatas dargebracht wurden732. In andern Gegenden wurde dem Ares neben der Freiheit geopfert, wie sonst dem Zeus Eleutherius733.
Wenn ein kleines Gedicht der Homerischen Hymnensammlung (8) den Ares als Sonnengott verherrlicht, welcher vom Himmel herab Muth und Kraft in die Herzen der Menschen strahle, so mag dabei wohl einer von jenen Gottesdiensten Kleinasiens zu Grunde liegen, wo Zeus oder Apollo zugleich als Stammgötter und als streitbare und kriegerische Götter gefeiert wurden734. Ist doch auch König Aeetes in Kolchis, der Sohn des Helios, ein großer Verehrer des