Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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verharrte in der Bewegung und blickte von seiner Arbeit auf. Sie sah ihm an, dass sie ihn mit ihren Worten überrascht hatte.

      »Es gibt immer eine Möglichkeit«, erwiderte er mit fester Stimme, als er weiterarbeitete. »Man muss das Leben nur aufmerksam beobachten. Es spielt einem immer eine Chance zu.«

      Sie lachte kurz auf. »Du bist gut.«

      »Dein Leben hat sich ja bisher nur ums Ballett gedreht. Wenn du deinen Beruf hinter dir lassen würdest, öffnet sich dein Blick auch für andere Dinge.« Er sah mit dem für ihn so typischen Lächeln von der Spüle hoch. »Glaub mir. So ist das.« Dann trocknete er sich die Hände ab und legte sie auf ihre Schultern. »Wie wäre es, wenn du erst einmal hierbleiben würdest? Drei Wochen Pause reicht sowieso nicht aus, deinem Körper die Erholung zu geben, die er braucht.«

      Sie sah in seine Augen, versuchte, darin zu lesen. Und sie fand die Antwort. Das Licht in ihnen verriet ihr, was er sie wirklich hatte fragen wollen: Ob sie bei ihm bleiben wollte.

      Ihr Herz raste vor Glück. Gleichzeitig jedoch schlich sich von hinten die Panik an sie heran.

      »Ich bin es nicht gewohnt, von einem anderen Menschen abhängig zu sein. Ich bin eine Einzelkämpferin«, sagte sie leise.

      Sein Lächeln war so entwaffnend, dass es sie das Gefühl der Panik ganz schnell vergessen ließ. »Das sollst du auch bleiben. Solange zwei Menschen jedoch dasselbe Ziel haben, kann dabei nur etwas Gutes herauskommen. Etwas noch viel Besseres, als sie als Einzelkämpfer je erreichen könnten«, fügte er leise hinzu. Dabei schloss er die Arme um sie und hielt sie fest. »Überleg es dir. Mein Angebot steht.«

      Nicole schloss die Augen. Sie konnte nicht sprechen, nur nicken. Tränen des Glücks verengten ihr den Hals. Außerdem waren da Daniels Lippen, nah, dicht vor ihren. Als er sie küsste, glaubte sie, im Märchenland der Liebe zu weilen, wo es nur Zärtlichkeit und Gefühle im Überfluss gab. So gern hätte sie die Welt angehalten, um diesen kostbaren Augenblick bis in alle Ewigkeit auszudehnen.

      *

      Am nächsten Morgen schlief Nicole aus. Wenn sie wach wurde, verbot sie sich, auf den Wecker zu schauen, reckte sich stattdessen wohlig unter der Decke, drehte sich noch einmal zur Seite und schlummerte wieder ein. Am späten Vormittag jedoch machten ihr die Sonnenstrahlen, die in ihr Zimmer fielen, endlich ein schlechtes Gewissen.

      Aufstehen, sagte sie sich energisch. Und genauso energisch sprang sie auch aus den Federn, wofür ihr Körper sie umgehend mit Schmerzen in Füßen, Knien und Rücken bestrafte. Ihre gute Stimmung empfing dadurch einen gehörigen Dämpfer.

      Wie sollte sie in etwas mehr als vierzehn Tagen wieder auf der Bühne stehen? Gar nicht dran denken, befahl sie sich.

      Und tatsächlich konnte sie sich auch einige Zeit später im Garten auf der Liege wieder entspannen. Zum ersten Mal in ihrem Leben vertiefte sie sich für ein paar Stunden in ein Buch und genoss die bittersüße Liebesgeschichte der Autorin. Ja, sie fühlte sich jetzt wie eine ganz andere Frau. Seit dem gestrigen Tag wusste sie, dass das Leben mehr zu bieten hatte als stundenlanges Training in stickigen Studios und Diäthalten. Leben, lieben, lachen. Das war es, was ein zufriedenes Leben ausmachen sollte. Wollte sie darauf noch einmal verzichten?

      Die überlaute Handyklingel zerriss die Ruhe um sie herum. Selbst der Vogel in dem Kirschbaum, unter dem sie lag, hörte auf zu flöten.

      Sie griff neben sich. Die Nummer auf dem Display war ihr allzu bekannt.

      »Wie geht es dir, Mädchen?«, fragte eine durchdringende, geradezu dröhnende Männerstimme an ihrem Ohr.

      Heiko Wieland.

      Nicole sah ihn vor sich. Immer mit hochrotem schwerem Kopf, Schweiß auf der Stirn, Hemd, locker gebundener Krawatte in Knallfarben, Weste. Und unentwegt im Stress.

      »Hallo, Heiko.« Sie hörte selbst, wie wenig erfreut sie klang.

      »Ich muss mich doch mal nach meinem Mädchen erkundigen«, sagte Heiko in gönnerhaftem Ton. »Also, erzähl. Wie ist die Lage?«

      Sie hielt das Handy ein Stück von sich weg und konnte ihn immer noch verstehen.

      »Es geht mir besser«, erwiderte sie.

      »Das freut mich. Habe auch nichts anderes erwartet von meiner Primaballerina. Dann wirst du ja in ein paar Tagen wieder fit sein.«

      In ein paar Tagen? Sie riss die Augen auf.

      »Meine Füße nicht. Ich habe …« Sie erzählte ihm von ihrer Diagnose.

      »Das Brennen hast du doch schon seit Langem«, tat er das Tunnel-Syndrom ab. »Dafür haben wir gute Tabletten.« Er legte eine Kunstpause ein. Dann fuhr er weniger hastig fort: »Denk dran, Mädchen, das Madel, das für dich eingesprungen ist, hat’s auf deine Position abgesehen. Dein Ballettmeister muss sicher sein können, dass du zum verabredeten Zeitpunkt wieder auf der Bühne stehst. Sonst bist du weg vom Fenster.«

      Sie schluckte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.

      »Ich bin mir dessen sehr bewusst, Heiko.«

      »Machst du auch den Ausgleichssport, den der Notarzt dir empfohlen hat? Dafür ist deine Auszeit ja auch gedacht.«

      Sie wollte gerade sagen, dass ihre Füße das zurzeit nicht zuließen, entschloss sich dann aber zu einer anderen Antwort.

      »Wie du dich vielleicht erinnern kannst, sprach der Notarzt von einer Auszeit für Körper und Seele. Ein Burnout ist auch ein psychischer Zusammenbruch.« Sie schwieg. Als sie nur Heikos schweren Atem am anderen Ende hörte, fügte sie hinzu: »Wenn du mich hier am Telefon wieder puschst, ist das nicht gerade aufbauend für mich.«

      »Ist ja schon gut«, lenkte Heiko in väterlichem Ton ein. »Aber du bist doch ein belastbares Mädchen. Mein bestes. Soll ich dich mal besuchen?«, fragte er betont munter.

      »Im Moment lieber nicht«, wehrte sie seinen Vorschlag ab. »Ich melde mich wieder.«

      »Und vergiss nicht: Du bist die Beste. Das Talent ist dir von Gott gegeben. Du kannst nichts anderes als tanzen.«

      Heiko verabschiedete sich liebevoll von ihr. Trotzdem hatten sich seine Worte wie eine Drohung in ihrem Kopf festgesetzt. Wieder einmal hatte er ihr unmissverständlich gesagt, wie hart der Konkurrenzkampf war. Und dass sie nichts anderes beherrschte als das tanzen.

      Nach dem Gespräch legte Nicole die schöne Liebesgeschichte zur Seite. Das harte Leben hatte wieder Einzug in die Naturidylle um sie herum gefunden. Aber nicht nur das. Auf ihrem Magen lag ein unangenehmer Druck. Sie verspürte ein saures Aufstoßen.

      Waren daran die Schwarzwälder Spezialitäten schuld, mit denen Daniel sie verwöhnt hatte? Bekam ihr die Ernährungsumstellung nicht?

      Sie konnte nicht länger so tatenlos liegen bleiben. Wieder machte sich eine innere Unruhe in ihr breit. Vergeudete sie nicht ihre kostbare Zeit? Wenigstens könnte sie schwimmen gehen. Oder lieber zuerst zu Dr. Brunner, zu dem sie heute wieder wegen der Injektion kommen sollte?

      Während sie ihre Badetasche packte, fühlte sie sich immer schlechter. Ihr Magen schmerzte. Sie blieb stehen, betrachtete sich im Schlafzimmerspiegel. Unter der leichten Bräune wirkte sie fahl.

      Kurz entschlossen

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