Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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Doktor, kann ich Sie und Ihre Frau einen Moment sprechen?« Daniel hörte selbst, wie aufgeregt er klang. »Es ist wirklich sehr wichtig für mich. Hier, lesen Sie einmal.« Er reichte dem Landarzt Nicoles Brief. »Wissen Sie mehr als ich, mehr, als Nicole geschrieben hat? Ich meine, Sie kennen sie doch auch, und vielleicht hat sie Ihnen gegenüber etwas erwähnt, das sie mir in diesem Brief verschweigt. Ich fühle mich wie vor den Kopf geschlagen …«

      Dr. Brunner führte ihn zu dem Patientenstuhl. Dann setzte er sich ihm gegenüber, seine Frau ließ sich auf den Rand der Behandlungsliege sinken. Daniel hatte den Eindruck, dass beide ziemlich betroffen aussahen. Wussten sie auch schon von Nicoles plötzlichem Abschied?

      Der Landarzt warf einen Blick auf die Zeilen und sagte dann erstaunt: »Nicole hat uns den gleichen Brief geschrieben. Mit genau demselben Inhalt.« Er hob den Kopf und sah ihn an. »Meine Frau und ich haben gerade darüber gesprochen und sind gleichermaßen überrascht wie auch beunruhigt, dass Nicole eine solche Entscheidung getroffen hat.«

      Daniel fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. Immer noch fühlte er sich, als hätte er einen Fausthieb in den Magen bekommen. Der Schmerz war so gewaltig, dass ihm das Atmen schwerfiel.

      »Damit habe ich nicht gerechnet«, murmelte er vor sich hin.

      Wirklich nicht?, fragte da eine Stimme in ihm ganz leise an. Hatte er sich nicht schon Gedanken darüber gemacht, wie Nicole das Ende ihrer Karriere verkraften würde?

      Der Landdoktor räusperte sich. »Nicoles Entschluss weiterzutanzen kann ich als ihr behandelnder Arzt natürlich nur als fatalen Fehler beurteilen, aber vielleicht war ihre Entscheidung, von der Bühne abzutreten, noch nicht reif genug. Ihr Körper zwingt sie ihr auf, und sie sollte auch unbedingt auf ihn hören. Wie wir jedoch jetzt sehen, tut sie es letztendlich nicht. Ich kann sie nicht zwingen, mit dem Tanzen aufzuhören.«

      Die Worte des Arztes leuchteten ihm ein. Er wusste ja aus seiner Vergangenheit, dass es Hochleistungssportler gab, für die der Sport zur Sucht wurde.

      »Aber was ist mit unserer Beziehung?«, sprach er seinen nächsten Gedanken laut aus. »Ich hatte gedacht, unsere Liebe wäre für sie wichtiger als ihre Karriere.«

      Matthias Brunner wechselte einen kurzen Blick mit seiner Frau, einen einverständlichen Blick. Er drückte aus, dass die beiden keine Worte brauchten, um sich zu verständigen. Und in diesem Moment empfand er den Verlust der geliebten Frau als noch unerträglicher. Wie sehr hatte er sich gewünscht, mit Nicole eine ebensolche Ehe zu führen. Seite an Seite auf Augenhöhe miteinander, und dennoch eins werden.

      Der Landarzt sah ihn lange an. »Nicole hat dich kennengelernt in einer Phase, in der ihr Beruf eine geringere Stellung in ihrem Leben eingenommen hatte als vorher. Zwangsweise jedoch, nicht freiwillig. Ihr habt euch ineinander verliebt, habt entdeckt, dass euch vieles verbindet. Das ist ja alles sehr schnell gegangen. Womöglich …«

      »Es ist deshalb so schnell gegangen, weil es Liebe auf den ersten Blick zwischen uns war«, unterbrach er ihn in aufgeregt klingendem Ton. Die Sätze kamen ihm wie von selbst von den Lippen. »Ich musste nicht mehr lange überlegen, um sicher zu sein, dass ich sie und keine andere Frau an meiner Seite haben will. Und Nicole hatte mir bestätigt, dass es bei ihr genauso war. Warum verlässt sie mich jetzt? Warum diese Ausschließlichkeit? Entweder Karriere oder Beruf? Ich hätte doch für einen Kompromiss Verständnis gehabt.«

      Wieder schwieg Matthias Brunner. Dabei sah er durch das geöffnete Fenster in den Garten. Draußen schien die Sonne, die Vögel zwitscherten, und Daniel war zumute, als würden sie sich über seinen Schmerz lustig machen.

      Er sah den Landarzt an. »Was soll ich jetzt machen?«

      Dieser erwiderte seine Frage mit einem milden Lächeln und sagte dann: »Ich glaube, du weißt genau, dass du gar nichts machen kannst. Du kennst die Qual, eine so wichtige Entscheidung zu treffen wie die, seinen Beruf aufzugeben. Du kennst die Zweifel, die einen bedrücken, ob man richtig entschieden hat. Du fragst mich um Rat, und ich sage dir: Gib Nicole noch Zeit. Womöglich ging für sie alles zu schnell. Und manchmal trifft das Leben ja auch selbst eine Entscheidung. Wie bei dir, durch den Tod deines Kollegen. Vielleicht kommt Nicole zurück, weil sie erkennt, dass sie ohne dich nicht leben kann.« Ihn traf ein langer ernster Blick aus den graublauen Augen des Arztes. »Glaube mir, meine Frau und ich machen uns große Sorgen um Nicole, aber aus meiner Berufs- wie auch aus meiner Lebenserfahrung weiß ich, dass man manchmal eben doch nicht helfen kann. In solchen Fällen nimmt dann das Schicksal die Zügel in die Hand, und seine Entscheidung sollte man annehmen.«

      *

      So weit war Nicole noch nicht, dass sie dem Schicksal eine Entscheidung hätte überlassen wollen. Aus enttäuschter Liebe, zerstörtem Vertrauen zu dem geliebten Mann und dem Wissen, dass sie mit ihrer brennenden Eifersucht nicht würde umgehen können, rüstete sie seelisch wie auch körperlich auf. Nachdem sie in Zürich angekommen war, rief sie Heiko Wieland an.

      »Du bist wieder in Zürich?«, wunderte sich der Agent.

      »Woher weißt du das?«, fragte sie erstaunt.

      Er lachte dröhnend durch die Leitung. »Ich sehe es an deiner Nummer auf dem Display meines Telefons.«

      »Natürlich«, murmelte sie, während sie sich mit zitternder Hand über die Stirn strich.

      »Löst du dein Apartment auf?«

      »Im Gegenteil. Ich werde es fortan wieder bewohnen«, entgegnete sie.

      Heiko schwieg, was er selten tat. Dann sagte er: »Hatte ich also recht?«

      Sie wusste genau, was er meinte.

      »Ja.«

      Wieder ein paar Sekunden Schweigen von seiner Seite. Dann: »Das tut mir leid. Wirklich, das meine ich jetzt ernst.«

      Sie biss sich auf die Lippen, um nicht aufzuschluchzen. Nein, nicht an Daniel denken, befahl sie sich. Jetzt musste sie nur vorwärts schauen. Die Tage in Ruhweiler waren unwirklich gewesen. Es hatte sie gar nicht gegeben. Das Paradies gab es eben nicht auf Erden.

      »Heiko, ich brauche ein neues Engagement«, sagte sie geradeheraus.

      »Bist du denn körperlich schon wieder so weit?«

      Sie lachte hart auf. »Danach hast du doch sonst auch nie gefragt.«

      Wieder Schweigen in München, wo Heikos Agentur ansässig war.

      »Stimmt.« Heiko lachte ebenfalls, genauso hart und kurz. »Was vielleicht falsch war. Aber gut.« Sie hörte, wie er an der Zigarette zog, den Rauch geräuschvoll ausstieß. »Ich habe eine Nachfrage für dich hier in München. Du müsstest kurzfristig einspringen. In zwei Wochen ist Premiere. Schaffst du das?« Er klang besorgt, eine ganz neue Saite an ihm.

      Sie griff sich an die Schläfe, dorthin, wo ihr Puls hämmerte.

      Natürlich nicht, sagte ihr ihr Verstand.

      »Ja«, erwiderte die Verzweiflung in ihr. »Hast du ein paar Aufbaupräparate für mich? Und die neuen Schmerztabletten aus USA? Dr. Brunner aus Ruhweiler wird mir diesbezüglich mit Sicherheit nicht helfen.«

      Heiko schwieg wieder ungewöhnlich lange.

      »Ich weiß nicht, Nicole«, meinte er dann. »Ein gutes Gefühl habe ich dabei nicht. Du musst auch nicht mir zuliebe einspringen.

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