Gesammelte Erzählungen von Anatole France. Anatole France

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Erzählungen von Anatole France - Anatole France страница 17

Автор:
Серия:
Издательство:
Gesammelte Erzählungen von Anatole France - Anatole France

Скачать книгу

Herr General,« sagte sie, »daß wir hier in unserm Kirchspiel eine wundertätige Mutter Gottes haben?«

      »Ja, ich habe davon gehört,« antwortete der General.

      »Bevor unser verehrter Abbé Guitrel zum Bischof ernannt wurde, interessierte er sich sehr für die Wunder der Madonna. Er hat sogar ein Buch darüber geschrieben, und wie Sie wohl wissen, ist sie die Beschützerin der französischen Armee.«

      »Wirklich? das muß ich lesen, wo bekommt man das Buch?«

      Frau Worms-Clavelin versprach, es ihm zu schicken.

      Kurz und gut, es wurde bei Tisch nichts gesprochen, was einen Mißklang gegeben oder nach Klatsch ausgesehen hätte.

      Nach dem Frühstück machte man einen Rundgang durch den Park, und darauf verabschiedete sich Hauptmann Varnot.

      »Meine Schwadron soll in St. Luchaire auf mich warten, Herr Hauptmann« sagte der General.

      Dann wandte er sich an Lacrisse und sagte:

      »Sehen Sie, die Manöver geben uns ein Bild des Krieges, aber das Bild stimmt insofern nicht ganz, als alles im voraus festgelegt ist und daß im Kriege das Unvorhergesehene eine große Rolle spielt.«

      »Herr General, Sie müssen meine Fasanerie sehen,« bat die Baronin.

      »Mit Vergnügen, meine Gnädige.«

      »Kommst du nicht mit, Ernst?«

      Ernst war angehalten worden von dem guten alten Raulin, dem Ortsvorsteher von Montil.

      »Sie werden entschuldigen, Herr Baron, wäre es nicht möglich, daß Sie bei dem Herrn General ein gutes Wort für mich einlegten? Vielleicht ließe es sich einrichten, daß die Artillerie über meinen Kleeacker fährt.«

      »Steht denn der Klee schlecht, Raulin?« »Ach, das nicht gerade, Herr Baron. Die Ernte wird ganz gut ausfallen, aber die Entschädigung ließe sich doch mitnehmen. Im vorigen Jahr hat Houssiaux sie bekommen, da ist es doch nicht mehr als recht und billig, daß ich sie diesmal kriege. Ich bin Amtsvorsteher, habe alle Lasten und Scherereien mit der Gemeinde, da meine ich, wenn eine Vergütung geboten wird, käme sie mir doch wohl zu.«

      Als der General die Fasanerie besichtigt hatte, meinte er:

      »Nun muß ich zu meiner Brigade.«

      »Ach,« sagte der junge Baron, mit meinem »dreißigpferdigem« ist es ein Katzensprung bis dahin.

      Nun besichtigte man die Pferdeställe, die Hundezwinger und die Gärten.

      »Wundervoll sind diese Rosen,« sagte der General, der ein großer Blumenfreund war.

      Der Lärm der Geschütze erstarb in der duftenden Atmosphäre vor ihren Ohren.

      »Ein festlicher Schall, der das Herz freudig bewegt,« sagte Lacrisse.

      »Ja, es ist wie Glockenläuten, schwärmte Frau Worms-Clavelin.

      »Sie sind eine echte Französin, gnädige Frau,« sagte der General, »aus allen Ihren Worten spricht ein wahrhaft patriotisches Herz.«

      Es war inzwischen 4 Uhr geworden, der General konnte unmöglich länger weilen. Ein Glück, daß man mit dem »dreißigpferdigem« im Umsehen bei der Brigade sein konnte.

      Der General verabschiedete sich und bestieg das Auto, begleitet von dem jungen Baron, von Lacrisse und dem Chauffeur, und wieder ging es durch den Triumphbogen.

      In 40 Minuten war der General in St. Luchaire, aber die Schwadron fand er nicht mehr dort. Alle vier machten sich auf die Suche nach dem Hauptmann Varnot. Vergeblich – das Dorf war leer, kein einziger Soldat mehr zu sehen. Als sie einen vorüberfahrenden Schlachter nach der Brigade Ducuir fragten, sagte der:

      »Fahren Sie man die Chaussee nach Cagny hinunter, vorhin hörte man die Kanonen aus der Richtung, ich kann Ihnen sagen, das war ein Geknatter!«

      »Cagny, wo liegt das?« fragte der General.

      »Beunruhigen Sie sich nicht, Herr General,« sagte der junge Baron, »ich weiß, wo es ist, ich werde Sie hinführen.«

      Und da die Fahrt etwas lange dauern konnte, reichte er dem General eine Automütze, Brille und Staubmantel.

      Nun schlugen sie die Landstraße ein, passierten St. André, Villeneuve, Letaf, St. Porçain, Trupféme, Mirange und kamen schließlich an den Teich von Cagny, der in der untergehenden Sonne wie ein kupfener Spiegel erglänzte. Unterwegs begegneten ihnen auf der Chaussee Dragoner von der Nordarmee, die wußten allerdings nicht, wo die Brigade Ducuir sich befand, aber von denen erfuhren sie, daß die Südarmee bei St. Paulair im Gefecht läge.

      St. Paulair – St. Paulair – das lag in 40 Kilometer Entfernung in der Richtung von Montil.

      Das Auto drehte um, und nun ging es zurück auf der Landstraße über Mirange, Trupféme, St. Porçain, Letaf, Villeneuve und St. André.

      »Fahren Sie schneller,« befahl der junge Baron.

      Und der Wagen flog an den Ortschaften vorüber in eine leuchtende Staubwolke, wie in eine Gloriole gehüllt, überfuhr Hühner und Schweine und traf 2 Kilometer vor St. Paulair auf die Vorposten der Südarmee, die La Saulaie, Mesville und Le Sourdais besetzt hielten. Hier erfuhren sie, daß die ganze Nordarmee auf dem jenseitigen Ufer der Ilette stand.

      Jetzt nahmen sie die Richtung von Torcy-la Mirande, um den Fluß in der Höhe von Vieux Bac zu erreichen.

      Als nach einstündiger Fahrt an dem klaren Abend schon weiße Nebel in den Wiesen lagerten, rief der junge Baron plötzlich:

      »Verdammt noch mal! wir können nicht hinüber, die Brücke über die Ilette ist zerstört.«

      »Was!« schrie der General, »die Brücke ist zerstört?«

      »Nun ja, Herr General, in der Manöversprache ist die Brücke angeblich zerstört.«

      Der General war kein Freund von schlechten Späßen.

      »Sehr witzig, junger Mann,« sagte er verbissen.

      Bei Vieux Bac fuhren sie mit Donnergetöse über die eiserne Brücke und gelangten auf die alte römische Heerstraße, die Torcy la Mirande mit dem Hauptort des Departements verbindet. Am Himmel leuchtete schon die Venus neben dem jungen Mond in silbernem Licht. Sie fuhren noch etwa 30 Kilometer, ohne auf die Truppen zu stoßen. Bei St. Evariste mußte eine schlimme Steigung überwunden werden. Der Wagen ächzte wie ein müdes Tier, aber er zog durch. Als es dann bergab ging, war der Weg so steinig, daß das Auto sich fast überschlug und in den Graben geriet. Aber dann war der Weg vorzüglich bis Mallemanche, wo sie in der Nacht während eines Alarms anlangten.

      Der Himmel strahlte von Sternen, Trompeten erschallten, und Fackeln warfen ihre roten Feuergarben über die bläuliche Straße. Infanteristen stürzten aus allen Häusern, an deren Fenster sich die Einwohner drängten.

      »Obgleich diese Operationen nur fingiert sind,« sagte Lacrisse, »ist dies alles doch sehr eindrucksvoll.«

      Der General erfuhr, daß seine Brigade am linken Flügel der siegreichen

Скачать книгу