Die wichtigsten Werke von Oscar Wilde. Оскар Уайльд
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»Ja,« fuhr er fort und trat näher zu ihm heran und sah ihm fest in die ernsten Augen, »ich werde dir meine Seele zeigen. Du sollst das Machwerk sehen, von dem du glaubst, daß es nur Gott sehen kann.«
Hallward schrak zurück. »Das ist Gotteslästerung, Dorian. Du darfst nicht solche Dinge sagen. Sie sind schrecklich und unverständig.«
»Glaubst du?« Er lachte wieder.
»Ich weiß es. Was ich dir heute abend gesagt habe, hab' ich zu deinem Besten gesagt. Du weißt, ich war dir immer ein guter Freund.«
»Werde nur nicht rührselig. Mach' Schluß mit dem, was du noch zu sagen hast.«
Ein wehevolles Jucken ging durch das Gesicht des Malers. Er schwieg einen Augenblick und ein heftiger Mitleidsschmerz überkam ihn. Welches Recht hatte er schließlich, in Dorian Grays Leben hineinzuspähen? Wenn er nur den zehnten Teil von dem getan hatte, wovon die Gerüchte gingen, wie qualvoll mußte er gelitten haben! Dann richtete er sich auf, ging zum Kamin hinüber und blieb da stehen, versunken in den Anblick der brennenden Holzscheite, die mit ihrer weißen Asche wie bereift aussahen und stierte ihre zuckenden Feuerherzen an.
»Ich warte, Basil«, sagte der junge Mann mit harter, spitzer Stimme.
Er drehte sich um. »Was ich noch zu sagen habe, ist das«, rief er. »Du mußt mir eine Antwort geben auf diese fürchterlichen Anklagen, die gegen dich erhoben werden. Wenn du mir sagst, daß sie von Anfang bis zu Ende unwahr sind, werde ich dir glauben. Leugne sie ab, Dorian, leugne sie ab! Kannst du nicht sehen, was ich durchmache? Mein Gott, sage mir nicht, daß du schlecht und verderbt und schändlich bist!«
Dorian Gray lächelte. Seine Lippen krausten sich in Verachtung. »Komm hinauf, Basil«, sagte er ruhig. »Ich führe da ein Tagebuch meines Lebens, Tag für Tag, und es verläßt niemals das Zimmer, in dem es geschrieben wird. Ich will es dir zeigen, wenn du mit mir kommst.«
»Ich komme mit, Dorian, wenn du es haben willst. Ich sehe, daß ich meinen Zug versäumt habe. Das tut nichts. Ich kann morgen fahren. Aber verlange nicht von mir, daß ich heute nacht noch etwas lese. Was ich will, ist eine klare Antwort auf meine Frage.«
»Die soll dir oben zuteil werden. Ich kann sie dir hier nicht geben. Du wirst nicht lange zu lesen haben.«
DREIZEHNTES KAPITEL
Er verließ das Zimmer und begann die Treppe hinaufzugehen, Basil Hallward folgte dicht hinter ihm. Sie gingen leise, wie man es bei Nacht instinktiv tut. Die Lampe warf phantastische Schatten auf Wand und Treppe. Im Winde, der sich erhoben hatte, klirrten einige Fenster.
Als sie den obersten Absatz erreicht hatten, stellte Dorian die Lampe auf den Boden, nahm den Schlüssel heraus und schloß auf. »Du bestehst auf einer Antwort, Basil?« fragte er mit gedämpfter Stimme.
»Ja.«
»Das freut mich«, antwortete er lächelnd. Dann fügte er ziemlich scharf hinzu: »Du bist der einzige Mensch in der Welt, der alles über mich wissen darf. Du hast mehr mit meinem Leben zu schaffen gehabt, als du dir denkst«, und damit nahm er die Lampe auf, öffnete die Tür und trat ein. Ein kalter Luftzug strich an ihnen vorbei, und das Licht zuckte einen Augenblick in einer düstern Orangefarbe auf. Er schauderte. »Schließe die Tür hinter dir«, flüsterte er, während er die Lampe auf den Tisch stellte.
Hallward blickte erstaunt umher. Das Zimmer sah aus, als wär' es seit langen Jahren nicht bewohnt worden. Ein fadenscheiniger flämischer Gobelin, ein verhängtes Bild, ein alter italienischer Cassone und ein fast leerer Bücherschrank – das war außer einem Stuhl und einem Tisch alles, was darin zu sein schien. Als Dorian Gray eine halb abgebrannte Kerze, die auf dem Kamin stand, angezündet hatte, sah der Maler, daß der ganze Raum mit Staub bedeckt und der Teppich zerfetzt und durchlöchert war. Eine Maus lief erschreckt hinter die Täfelung. Ein dumpfer Modergeruch machte sich bemerkbar. –
»Du glaubst also, daß Gott allein die Seele sieht, Basil? Zieh den Vorhang zurück, und du wirst die meine sehen.«
Die Stimme, die das sprach, klang kalt und grausam.
»Du bist wahnsinnig, Dorian, oder spielst Komödie«, sagte Hallward und runzelte die Stirn.
»Du willst nicht? Dann muß ich es selbst tun«, sagte der junge Mann, und riß den Vorhang von seiner Stange und schleuderte ihn zu Boden.
Ein Entsetzensschrei kam von den Lippen des Malers, als er in der düsteren Beleuchtung das gräßliche Gesicht auf der Leinwand erblickte, das ihm entgegengrinste. In seinem Ausdruck war etwas, das ihn mit Ekel und Abscheu erfüllte. Gott im Himmel! Es war Dorian Grays eigenes Antlitz, das er sah! Das Schreckliche, was es auch sein mochte, hatte die wundervolle Schönheit noch nicht ganz zerstört. Noch war etwas Gold in dem gelichteten Haar und etwas Purpur auf dem sinnlichen Mund. Die stumpfgewordenen Augen hatten noch etwas von ihrem lieblichen Blau behalten, der edle Schwung der Linien um die feingewölbten Nasenflügel und den plastischen Hals war noch nicht ganz verschwunden. Ja, es war Dorian selbst. Aber wer hatte das gemalt? Er glaubte, das Werk seines eigenen Pinsels zu erkennen, und der Rahmen war von ihm selbst gezeichnet. Die Vorstellung war ungeheuerlich, und doch fürchtete er sich. Er nahm die brennende Kerze und hielt sie nahe an das Bild. In der linken Ecke stand ein Name in langen, hellroten Lettern.
Es war irgendeine infame Parodie, eine niederträchtige, elende Satire. Er hatte das niemals gemalt. Und doch, es war sein eigenes Bild. Er wußte es und ihm war, als ob sich sein Blut in einem Augenblick aus Feuer in starrendes Eis verwandelt hatte. Sein eigenes Bild! Was sollte das heißen? Warum hatte es sich verändert? Er drehte sich um und sah Dorian Gray mit krankhaften Augen an. Sein Mund zuckte, seine trockne Zunge schien jedes Lautes ganz unfähig zu sein. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Kühle Schweißperlen standen darauf.
Der junge Mann lehnte gegen den Kamin und beobachtete ihn mit dem merkwürdigen Ausdruck, den man auf den Gesichtern von Menschen sieht, die von dem Spiel eines großen Schauspielers hingerissen sind. In seinem Gesicht war weder wirklicher Schmerz noch wirkliche Freude. Da war nur die Leidenschaft des Zuschauers und höchstens in den Augen flackerte ein triumphierendes Leuchten. Er hatte die Blume aus seinem Knopfloch genommen und roch daran oder tat mindestens so.
»Was bedeutet das?« rief Hallward endlich. Seine eigene Stimme klang ihm schrill und fremd in die Ohren.
»Vor vielen Jahren, als ich noch ein Knabe war,« sagte Dorian Gray, während er die Blume in seiner Hand zerdrückte, »hast du mich kennengelernt, hast mir geschmeichelt und mich gelehrt, auf meine Schönheit eitel zu sein. Eines Tages stelltest du mich einem deiner Freunde vor, der mir das Wunder der Jugend erklärte, und damals beendetest du ein Porträt von mir, das mir das Wunder der Schönheit offenbarte. In einem Augenblick des Wahnsinns, und ich weiß noch jetzt nicht, ob ich ihn bedaure oder nicht, sprach ich einen Wunsch aus, vielleicht würdest du es ein Gebet nennen.«
»Ich erinnere mich! Oh, wie gut erinnere ich mich! Nein! so etwas ist unmöglich. Das Zimmer ist feucht. Die Leinwand ist stockig geworden. In den Farben, die ich verwandte, war irgendein mineralisches Gift enthalten. Ich sage dir, so etwas ist unmöglich.«
»Pah, was ist unmöglich?« murmelte der junge Mann, ging zum Fenster und preßte seine Stirn an die kalte, nebelfeuchte Scheibe.
»Du