Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden

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ist«, raunte er ihm verschwörerisch zu. »Aber gestern Abend ist etwas geschehen, was sie Lügen straft.«

      »Was ist passiert?«, erkundigte sich Danny mit höflichem Interesse, das seinen Patienten anspornte.

      »Ich bin also mit meinen angeblich harmlosen Senk-Spreiz-Füßen ins Bad gegangen. Und da ist es plötzlich passiert!« Patricks babyblaue Augen wurden kreisrund. »Mein Fuß hat sich angefühlt, als ob ich in einen Igel getreten wäre. Es war ein entsetzlicher Schmerz!«

      »Ganz bestimmt laufen in Ihrem Bad keine Igel herum«, bemerkte Danny immer noch lächelnd.

      »Natürlich nicht.« Energisch schüttelte Patrick Gold den Kopf. »Ich habe meinen Fuß sofort gründlich untersucht. Stellen Sie sich vor: Da war nichts. Kein Splitter, keine Wunde, nur eine Beule.«

      »Interessant. Darf ich mir die Sache mal ansehen?«, fragte Danny und wollte sich mit den Händen auf der Lehne abstützen, um aufzustehen, als ein scharfer Schmerz durch seine rechte Hand fuhr. Über Patricks Bericht hatte er seine eigene Verletzung ganz vergessen. Er unterdrückte ein Stöhnen und sank auf den Stuhl zurück. Das war auch gut so, denn sein Patient war noch nicht fertig mit seinem Bericht.

      »Ich hab dann sofort meinen Laptop geholt und mal nachgesehen, was das sein kann«, fuhr der junge Mann Ende zwanzig mit gewichtiger Miene fort. »Also habe ich ›Schwellung Fußsohle‹ eingegeben und bin auf einen Eintrag gestoßen, der alle möglichen Ursachen genannt hat, angefangen von Entzündungen der Achilles-Sehne oder der Schleimbeutel über einen Ermüdungsbruch des Fersenbeins bis hin zu Knochenzysten und Tumoren«, zählte der besorgte Mann ein Schreckgespenst nach dem anderen auf. »Sie können sich vorstellen, wie sehr ich erschrocken bin.«

      »Wenn ich mir die Sache mal ansehen dürfte, könnte ich Ihnen …«, machte Danny einen weiteren Versuch, seinen Patienten ins Behandlungszimmer zu komplimentieren.

      Doch diesmal hörte Patrick Gold ihn gar nicht. Fasziniert von seinen Rechercheergebnissen fuhr er fort.

      »Eine Schleimbeutelentzündung habe ich sofort ausgeschlossen.« Allein das Wort war so eklig, dass Patrick Gold damit nichts zu tun haben wollte. »Ein Ermüdungsbruch kam auch nicht infrage. Aber als ich mich näher mit den Tumoren beschäftigt habe, ist etwas ganz Merkwürdiges passiert. Meine Beule fing plötzlich an zu pochen und wurde schlagartig dicker.« Während Patrick Gold erzählte, machte sich nach und nach Panik in seinem Gesicht breit. »Eine Frau schrieb in einem Bericht, dass es bei ihr genauso anfing wie bei mir. Sie hatte Muskelkrebs.« Plötzlich schwammen seine Auge in Tränen. »Bitte, Herr Norden, Sie müssen mir helfen. Ich will noch nicht sterben.«

      Hätte Danny diesen Patienten nicht so gut gekannt, hätte er sich an dieser Stelle ernsthafte Sorgen gemacht. So aber lächelte er nur beschwichtigend und stand auf. Diesmal achtete er darauf, sich nicht mit der rechten Hand abzustützen, und bat Herrn Gold hinüber ins Behandlungszimmer.

      »Bitte kommen Sie. Ich werde mir das jetzt mal genauer ansehen.«

      Tatsächlich folgte der Patient ihm willig. Er setzte sich auf die Liege, zog die Strümpfe aus und hielt Danny den Fuß hin. Die Untersuchung dauerte nur wenige Minuten. Dann konnte Danny Norden ihm die erlösende Botschaft überbringen.

      »Bei Ihrer Verletzung handelt es sich um ein geplatztes Blutgefäß. Das kann schon mal passieren.«

      »Ein geplatztes Blutgefäß?«, wiederholte Patrick Gold ungläubig und wirkte fast enttäuscht. »Das ist alles? Sind Sie sicher.«

      »Ganz sicher.« Danny verzog kurz das Gesicht, als er den Latexhandschuh von der verletzten Hand streifte. »Sie können unbesorgt sein.«

      Doch das schien der Patient ganz und gar nicht zu wollen.

      »Aber wie passiert so was denn? Ich meine, das muss doch irgendwelche Gründe haben.«

      Die gab es nicht. Doch aus Erfahrung wusste Danny Norden, dass sein Patient erst zufrieden sein würde, wenn er ihm eine plausible Begründung gegeben hatte. So berichtete er etwas über Zellerneuerung und geschwächte Blutgefäße und erreichte schließlich sein Ziel: Patrick Gold war überzeugt.

      »Wenn das so ist, dann bin ich ja schon mal beruhigt. Bekomme ich denn jetzt noch einen Verband? Bestimmt muss ich mich ein paar Wochen lang schonen, nicht wahr?«

      Auch das war nicht der Fall. Trotzdem tat Danny ihm den Gefallen und rief Wendy, die einen fachmännischen Verband anlegte. Eine Viertelstunde später humpelte der junge Mann aus der Arztpraxis und war wieder einmal zufrieden.

      »So, jetzt kann der arme Herr Gold ein paar Wochen ruhig schlafen, bevor die Angst wiederkommt«, erklärte Wendy mitfühlend, als sie zu Janine an den Tresen zurückkehrte.

      »Der Ärmste! Selbst wenn es nur eingebildete Krankheiten sind, leidet er bestimmt genauso wie im Ernstfall.«

      Dieser Einschätzung konnte Wendy nur zustimmen.

      »Deshalb geben wir auch bei diesen Patienten unser Bestes. Wer weiß, vielleicht sind sie ja einsam und allein und bekommen auf diese Weise wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit«, mutmaßte sie, während sie Laborberichte aus der Klinik zu den entsprechenden Patientenkarten sortierte.

      Zu gern hätte sich Janine noch länger über dieses Thema unterhalten. Sie kannte das Gefühl der Einsamkeit selbst gut genug aus ihrer Zeit, bevor sie in der Praxis Dr. Norden angefangen und Lorenz Herweg dort kennengelernt hatte. Doch wie immer herrschte reger Betrieb und erinnerte sie daran, dass diese Zeiten ein für alle Mal der Vergangenheit angehörten. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen bat sie den nächsten Patienten in Danny Nordens Zimmer.

      *

      Auch für Olivia Schamel war Einsamkeit nicht nur ein leeres Wort. Obwohl sich ihre Großmutter zeit ihres Lebens liebevoll um ihre einzige Enkelin gekümmert hatte, hatte Olivia ihre Mutter schmerzlich vermisst. Und jetzt war es zu spät. Darüber dachte sie auf ihrer langen Fahrt nach München nach, und die eine oder andere Träne rann über ihre schmale Wange.

      Doch schließlich erreichte sie die Stadtgrenze und verfuhr sich prompt im dichten Gewirr der unbekannten Straßen.

      »Schrottkarre!« Am späten Vormittag stand Olivia ratlos vor ihrem Wagen, der ausgerechnet vor der Praxis Dr. Norden seinen Geist aufgegeben hatte. Sie versetzte ihm einen wütenden Tritt. »Wie stellst du dir das vor? Wie soll ich von hier weiterkommen?«, fragte sie verzweifelt und sah sich in dem ruhigen Wohnviertel um. Weit und breit war keine Menschenseele auf der Straße zu sehen. Bis auf einen. Und der machte nicht gerade einen wohlgesonnenen Eindruck, als er mit düsterer Miene einen Gartenweg hinunter auf sie zumarschiert kam.

      »Entschuldige, aber hier kannst du nicht parken«, erklärte Danny Norden ganz gegen seine sonstige Natur unfreundlich. Der Vormittag war der wahre Horror gewesen, was nicht nur an Patrick Gold gelegen hatte.

      Nachdem die Wunde an der Hand nicht aufhören wollte zu pulsieren, hatte Danny den Verband abgewickelt. Die Schwellung, die zum Vorschein gekommen war, sah nicht gut aus, und er hatte beschlossen, zumindest über die Mittagszeit keinen Verband mehr anzulegen.

      »Das ist ein Privatparkplatz.« Er deutete auf das Namensschild, das am Straßenrand stand und den Stellplatz als Dr. Nordens Eigentum auswies.

      »Kann schon sein«, erwiderte Olivia genauso unfreundlich. »Vielleicht kannst du das auch meinem Wagen erklären. Er rührt sich nicht mehr vom Fleck.«

      Kritisch

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