Die Zigeuner-Prinzessin. Barbara Cartland
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Mit siebzehn hatte sie den wilden, gutaussehenden und immens wohlhabenden Sir Beaugrave Walden geheiratet. Als dieser im letzten Kriegsmonat ums Leben gekommen war, hatte er seiner Witwe ein Riesenvermögen hinterlassen. Sechs Monate später erbte sie nach dem Tode ihres Vaters 500 Hektar Land, die an den Besitz des Marquis grenzten.
Eurydice und der Marquis kannten sich seit ihrer Kinderzeit. Zwischen ihren Vätern war es beschlossene Sache gewesen, daß aus ihnen ein Paar werden sollte, womit auch ihre Ländereien automatisch zusammengefallen wären.
Als Eurydice heiratete, befand sich der Marquis mit seinem Regiment in Portugal, und obwohl sein Vater enttäuscht war, empfand er selbst diese Tatsache kaum als sonderlich schmerzlichen Verlust.
Nachdem er auf dem eleganten Damastsofa in Eurydices Salon Platz genommen hatte, betrachtete er sie eingehend.
„Was ist los, Fabius?“ fragte sie. „Sie sehen beunruhigt aus.“ Insgeheim zerbrach sie sich den Kopf über sein unerwartetes Auftauchen. Sie war froh, eines ihrer hübschesten Musselinkleider angezogen zu haben, denn wenn sie sich auch nicht ausgesprochen für den Mann interessierte, den sie schon so lange kannte, so wußte sie doch sehr wohl, daß ihre Freundinnen anders dachten.
„Ich möchte mit Ihnen reden, Eurydice.“
„Das haben Sie bereits angedeutet.“
„Ich weiß, aber ich bin nicht ganz sicher, wie ich Ihnen den Grund meines Hierseins erklären soll.“
„Schüchternheit steht Ihnen schlecht zu Gesicht“, neckte Eurydice.
Ohne auf ihren Einwurf einzugehen, fuhr er ernst fort. „Was ich Ihnen zu sagen habe, ist Folgendes: ich finde, wir sollten tun, was unsere Väter von jeher von uns erwartet haben.“
„Und was wäre das?“
Sie vermochte kaum zu glauben, daß er den Satz aussprechen würde, von dem sie halb und halb erwartete, daß er ihm auf den Lippen lag.
„Wir sollten heiraten.“
„Meinen Sie das im Ernst?“ fragte Eurydice ernst.
„Aber selbstverständlich. Sie wissen so gut wie ich, daß unsere Väter seit Ihrer Geburt nur einen Herzenswunsch kannten, daß aus uns ein Paar wird.“
„Aber das ist viele Jahre her, und inzwischen sind sie beide tot“, wandte Eurydice ein.
„Wir leben noch, und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, daß das ein höchst vernünftiger Plan war.“
„Vernünftig vielleicht, aber kaum sonderlich romantisch.“
„Es tut mir leid, daß ich mich so ungeschickt ausgedrückt habe“, sagte der Marquis mit dem Lächeln, das die meisten Frauen unwiderstehlich fanden. „Ich mag Sie sehr gern, Eurydice, und Sie wissen auch, daß ich schon immer so empfunden ...“
„Unsinn“, fiel ihm Eurydice ins Wort. „Als kleiner Junge haben Sie mich aus tiefster Seele verabscheut. Kleine Mädchen waren für Sie vollkommen überflüssige Geschöpfe. Sie pflegten mich an den Haaren zu ziehen, und einmal habe ich sogar eine Ohrfeige von Ihnen bekommen, weil ich Ihren Kricketball ins Gebüsch geworfen habe.“
„Du lieber Himmel, das können Sie mir doch heute nicht mehr vorwerfen“, antwortete er.
„Warum nicht? Sie haben sich auch später nicht gerade übermäßig angestrengt, mir Ihre Zuneigung zu zeigen.“
„Hatte ich dazu überhaupt eine Chance? Sie haben geheiratet, während ich in Portugal gekämpft habe.“
„Bei unserem Wiedersehen hatte ich nicht den Eindruck, einen gramgebeugten Mann vor mir zu haben.“
„Ich habe Sie nach Ihrer Hochzeit nur ein oder zwei Mal getroffen, und da Beaugrave ein Freund von mir war, konnten Sie doch wohl kaum erwarten, daß ich unter seiner Nase Annäherungsversuche machte.“
„Sie hatten niemals diese Absicht“, gab Eurydice zurück, „warum sollten Sie mich jetzt plötzlich heiraten wollen?“
„Zunächst einmal, weil es höchste Zeit ist, daß ich es tue, und zum anderen, weil ich sicher bin, daß wir gut miteinander auskommen. Sie Ihrerseits können doch nicht bis in alle Ewigkeit damit fortfahren, den Klatschmäulern Stoff zu bieten.“
„Wer klatscht denn über mich, wenn ich fragen darf?“
„Als ob Sie nicht wüßten, daß Sie, seit Sie verwitwet sind, einen Skandal nach dem anderen verursacht haben“, erwiderte er belustigt. „Im Augenblick spricht zum Beispiel ganz London über Sie und Severn.“
Eine Pause entstand, bis Eurydice ihre Augen niederschlug und erklärte: „Vielleicht nicht ohne Grund.“
„Gütiger Himmel, Sie wollen doch nicht etwa andeuten, daß der Herzog sich erklärt hat.“
„Diese Frage beantworte ich nicht.“
„Dann hat er es also nicht getan“, stellte der Marquis fest.
„Sie haben kein Recht, mich ins Kreuzverhör zu nehmen.“
Der Marquis erhob sich.
„Ich sehe jetzt entschieden klarer“, sagte er. „Sie sind mitten in der Saison mit der Hoffnung aufs Land gefahren, daß der Herzog Ihnen folgen würde. Hat sich Ihr Wunsch wenigstens erfüllt?“
„Ich habe Ihnen bereits zu verstehen gegeben, daß Sie das nichts angeht, Fabius. Bitte lassen Sie mich allein.“
„Sie sind mir die Antwort auf meine Frage, ob Sie meine Frau werden wollen, schuldig geblieben“, erklärte der Marquis mit fester Stimme.
„Lassen Sie mir ein wenig Zeit, um darüber nachzudenken.“
Er blickte sie forschend an; sein Augenausdruck war hart geworden.
„Mit anderen Worten, Sie möchten gern abwarten, ob Severn Ihnen nicht ein besseres Angebot macht. Wenn ja, werden Sie ihn nehmen, wenn nein, ist auch ein Marquis nicht zu verachten.“
„Es gibt mehrere Männer, die mich heiraten wollen“, versicherte Eurydice beinahe böse.
„Dessen bin ich mir wohl bewußt“, erwiderte der Adelige, „dennoch bezweifle ich, daß Sie, abgesehen von Severn und meiner Wenigkeit, einen dieser liebeskranken Dummköpfe auch nur in Erwägung ziehen. Sie schreiben doch nur Gedichte über die Schönheit Ihrer Lippen und legen kleine Billetts auf Ihre Türschwelle. Die Mehrzahl dieser Verehrer kann sich wohl kaum mehr leisten, wie ich annehmen möchte.“
Voller Wut über seinen spöttischen Ton stampfte Eurydice mit dem Fuß auf.
„Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden, Fabius“, rief sie empört. „Sie waren schon früher abscheulich, aber jetzt hasse ich Sie.“
„Und trotzdem werden Sie mich heiraten“, bemerkte der Marquis ungerührt.
„Ich werde nichts dergleichen tun“, gab sie zurück. „Ich habe nicht die Absicht, zu heiraten, außer wenn mir...“
„Außer