Schöne Tage 1914. Gerhard Jelinek

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Schöne Tage 1914 - Gerhard  Jelinek

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Werft gebaut worden. Die Szent Istvan komplettierte das Quartett der k. u. k. Schlachtschiffe, die das Rückgrat der Marine bilden sollten. Die Szent Istvan war eines der größten Panzerschiffe ihrer Zeit, ein »Dreadnaught«, unbesiegbar, eine schwimmende Festung: eineinhalb mal so lang wie ein Fußballfeld.

      Auf Kiel gelegt wurde die Szent Istvan am 29. Januar 1912. Das größte je auf einer ungarischen Werft gebaute Schiff sollte als Leistungsbeweis der ungarischen Industrie dienen, ein Symbol für die Gleichwertigkeit der ungarischen Reichshälfte, benannt nach dem ungarischen Nationalheiligen, dem hl. Stephan. Es war ein »nationalistisches Projekt«, ein politisches Zugeständnis. Die Wiener Neue Freie Presse schrieb am 16. Jänner: »Die Erbauung eines so mächtigen Schiffes ist ein Prüfstein für die industrielle Leistungsfähigkeit des Ursprungslandes. Ungarn kann stolz sein auf diesen Erfolg. Mit ihm freut sich auch Österreich. Für unsere wackere Kriegsmarine wird der morgige Tag ein Festtag besonderer Art sein, denn an ihm wird die Viribus unitis-Division zum ersten Mal vollzählig in der blauen Adria schwimmen.«

       Stapellauf der Szent Istvan auf der Danubia-Werft bei Fiume: Ein »schwimmender Hort des Friedens«

      Der Stapellauf im kalten Jänner markierte das Finale eines unsinniges Projekts – aus vielerlei Gründen. Der ungarischen Danubius-Werft fehlte die Erfahrung zum Bau eines Schlachtschiffes. Das Konzept, möglichst große Schlachtschiffe zu bauen und viel Geld in die Marine zu investieren, war dem Untergang geweiht. Die k. u. k. Kriegsmarine blieb dann während des gesamten Weltkrieges in den geschützten Adria-Häfen liegen, denn ein Auslaufen aus der engen Adria ins Mittelmeer wurde durch die alliierte Blockade der nur knapp 80 Kilometer breiten Straße von Otranto mit Minen und Stahlnetzen verhindert. Die stolze k. u. k. Marine saß in der Falle. Es wäre wohl zu gefährlich gewesen, die sündteuren Schlachtschiffe in einen Kampf mit überlegenen Flotten zu navigieren. Auch die italienische Flotte vermied eine Entscheidungsschlacht mit der k. u. k. Marine und hielt sich von der Adria fern. Die Szent Istvan war gezählte 937 Tage im Dienst, dümpelte aber fast die ganze Zeit nur an ihrer Boje in Pola. Die seltenen Ausfahrten dauerten kaum länger als eine Stunde und dienten nur für Schießübungen. Die Besatzung hatte also kaum Erfahrung auf See.

      Die Szent Istvan wurde dann auch bei der ersten geplanten Feindfahrt am 8. Juni 1918 von zwei italienischen Torpedos versenkt. Die Sprengsätze schlugen gerade an der schwächsten Stelle des Schiffes ein, dem Maschinenraum. Dort hatte man bei der Konstruktion – entgegen deutschen Ratschlägen – an der Panzerung gespart.

      Dabei hatten sich auf das stattliche Schlachtschiff zahlreiche Hoffnungen und Erwartungen der Monarchie konzentriert. Es kam anders: Die Filmsequenz über den Untergang des »Schiffes Seiner Majestät« im Juni 1918 wird das Scheitern der Monarchie symbolisieren und das Kriegsende ankündigen. Denn die Szent Istvan sank mit Medienbegleitung. Konteradmiral Miklos Horthy hatte an Bord seines Schiffes Viribus Unitis den Journalisten Egon Erwin Kisch gebeten. Er sollte für das Kriegspressequartier berichten und wurde so Augenzeuge der Katastrophe. Der Untergang der Szent Istvan wurde auch durch ein Filmteam an Bord der Tegetthoff auf Zelluloid gebannt, das die zu erwartenden Siege der Flotte hätte dokumentieren sollen.

      Das Admiralsschiff Viribus Unitis war am tödlich getroffenen Schwesterschiff vorbeigefahren, ohne der verzweifelten Mannschaft des »Dreadnaught« zu helfen. Zu groß war die Angst, ebenfalls von Torpedos »lanciert« (getroffen) zu werden. Egon Erwin Kisch beschreibt die Szene: »Unsere Offiziere schauen mit Feldstechern auf das Wrack, von dem wir uns lösen, ohne ihm beizustehen, und schütteln die Köpfe. ›Die ersaufen alle‹, murmelt der alte Maschinenmaat. Am Heck der Tegetthoff steht der Artillerieingenieur vor dem Filmapparat und kurbelt die schwankende Szent Istvan mit den verzweifelt hin und her rennenden Menschen.«

       Der Thronfolger als Familienmensch: Erzherzog Franz Ferdinand mit Ehefrau Sophie (geborene Gräfin Chotek) und den drei Kindern, Ernst, Maximilian und Sophie

      Am Vormittag des 14. Jänner 1914 war von bösen Omen noch nichts zu spüren gewesen. Der Militärbischof segnete das Schlachtschiff, die Erzherzogin machte ihre Sache gut. Und zum Abschluss des festlichen Dinners im Hotel »Europa« (»sehr gut, lang, reich, heiter«) verlas Großadmiral Anton Haus ein Glückwunschtelegramm des Kaisers. Es enthielt gerade jene Passagen, die Thronfolger Franz Ferdinand aus der Rede der Erzherzogin Maria Theresia gestrichen hatte: Lob für die Leistungsfähigkeit der Ungarn. Die hohen Herrschaften brachen in laute »Eljen«-Rufe aus. Wieder einmal hatte der alte Kaiser eine Bosheit seines Thronfolgers korrigiert. Das Fernbleiben von Franz Ferdinand war ohnehin kritisch (»feindselig«) bemerkt worden. Dafür war die ungarische Regierung mit Ministerpräsident Stephan Graf Tisza weitgehend vollständig erschienen.

      Die Feiern waren gelungen, doch der Stapellauf des Schlachtschiffes verlief keineswegs ohne Pannen. Beim Fallenlassen des Ankers riss sich das schlampig befestigte Kettenende aus der Befestigung. Das wild um sich schlagende Kettenende verletzte den 43-jährigen Bootsmann Giuseppe Pliscovac so schwer, dass er in der darauffolgenden Nacht im Spital verstarb. Einem anderen Werftarbeiter musste der Unterschenkel amputiert werden. Ohne Anker trieb das neue Schlachtschiff auf sein Schwesterschiff Tegetthoff zu und rammte beinahe einen Dampfer mit Hunderten Schaulustigen.

      Die abergläubische Küstenbevölkerung deutete die Pannen und Unfälle als schlechtes Vorzeichen. Noch ehe das Schiff in Dienst gestellt werden konnte, galt die Szent Istvan als Unglücksschiff. Die Wiener Zeitungen verschwiegen die Zwischenfälle. Die Neue Freie Presse dichtete patriotisch: »Noch ein Jahr und die Wimpel flattern auf allen vier Schiffen, die getreu dem Wahlspruch unseres erhabenen Monarchen mit vereinten Kräften ihren Dienst versehen werden, dem Vaterland zur Ehre, ein schwimmender Hort des Friedens.«

      Dem Thronfolger und dem Kaiser wurde das beste Gelingen des Stapellaufs per Telegramm mitgeteilt. Franz Ferdinand ließ tags darauf beleidigend knapp antworten: »Danke für die Mitteilung.« So verletzend konnte der Erzherzog sein, wenn ihm etwas so gar nicht gefiel wie ein ungarisches Schlachtschiff.16

      17. Jänner 1914 »Dass Du mir ja nicht auf den Unsinn mit Albanien hereinfällst!«

      Im albanischen Hafen Durazzo (heute: Durres) verlässt der Leibarzt des deutschen Prinzen Wilhelm Fürst zu Wied sein Schiff und begibt sich nach Valona (heute: Vlora), der provisorischen Hauptstadt des seit 1912 von der Türkei abgetrennten unabhängigen Fürstentums Albanien. Sein Auftrag: Er soll die hygienischen Verhältnisse im für den Prinzen bestimmten Palais überprüfen. Der Prinz von Wied hat es unterdessen nicht besonders eilig, nach Albanien zu reisen und dort die Staatsführung zu übernehmen. Das Palais muss erst eingerichtet werden und formal ist der deutsche Adelige noch gar nicht Herr über Albanien. Erst einen Monat später erscheint eine Delegation von 18 Albanern im Neuwieder Schloss – malerisch am Rhein gelegen – und trägt dem Prinzen die albanische Fürstenkrone an. Prinz Wilhelm nimmt die Würde, die hauptsächlich Bürde sein sollte, an. Immerhin sind bereits 400 »Coli« (Stückgut) mit Möbeln des Prinzen per Schiff nach Durazzo geliefert worden.

      Der deutsche Kaiser Wilhelm II. sah die Fürstenwahl mit großer Skepsis. Er fürchtete, ein deutscher Prinz aus altem Adel könne das Deutsche Reich in die unübersichtlichen Intrigen und Machtkämpfe auf den Balkan hineinziehen. Daran hatte der Kaiser kein Interesse. Es musste reichen, wenn die verbündete Habsburgermonarchie am Balkan nach Einfluss und Macht strebte. Wilhelm II. warnte den Fürsten zu Wied: »Dass Du mir ja nicht auf den Unsinn mit Albanien hereinfällst!« Der Hohenzollern-Kaiser hätte dem Prinzen keinen Rat, eher einen Befehl erteilen sollen. Denn als Rittmeister diente der Fürst in der preußischen Armee.

      Ehrgeiz und

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