Das Amulett Staffel 1 – Liebesroman. Patricia Vandenberg
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Phantasierte sie? Brigitte war sich darüber nicht im klaren. Fatima, das klang wie eine Gestalt aus Tausendundeiner Nacht.
»Wie heißt du, mein Kind?« fragte die Gräfin nun mit ganz klarer Stimme.
»Brigitte Dahl«, erwiderte das junge Mädchen.
Die Gräfin Vincenti wiederholte es langsam und bat: »Würdest du mir einen Tee bereiten, Brigitte?«
»Gern! Dr. Ferera sagte mir bereits, daß Sie ihn brauchen würden, gnädige Frau.«
»Ernano, der einzige Freund, der mir blieb«, flüsterte die Gräfin. »Suleika hat mich verlassen. Ich habe dir noch viel zu erzählen, mein Kind.«
Sie wollte sich aufrichten, aber sie war zu schwach dazu. Mit einem flehenden Ausdruck hingen ihre Augen an Brigittes Gesicht.
»Hier, nimm das Amulett in deine Hände, und hebe es hoch, damit ich es sehen kann«, bat sie.
Brigitte tat wie ihr geheißen. Behutsam hob sie das kostbare Schmuckstück empor. Wie gebannt hing ihr Blick daran.
Ein Leuchten ging über das Gesicht der alten Dame. »Dieses Feuer«, flüsterte sie. »Allah ist groß. Allah wird mit dir sein. Lies, was auf der Rückseite steht!«
Brigitte konnte die Inschrift in einer fremden Sprache nicht entziffern. Aber unter ihnen las sie die deutschen Worte: »Glück dem, der auserwählt ist.«
»Du wirst auserwählt sein, dieses Amulett zu tragen und weiterzugeben. Fatima hat es vorausgesehen. Ein junges Mädchen wird meine letzten Stunden teilen. Nun bereite mir den Tee, mein Kind. Für mich gibt es noch manches zu erledigen.«
Dr. Ferera kam gegen Abend wieder. Die Gräfin führte ein langes Gespräch mit ihm, während Brigitte in der Küche eine kräftige Brühe für die Kranke zubereitete.
Immer wieder hatte sie das Gefühl, schon lange in diesem Haus zu sein. Sie brauchte nichts zu suchen. Wie durch eine Zaubermacht fand sie alles, was sie brauchte. Die Gräfin hatte ihr Geld gegeben, so viel Geld, wie Brigitte niemals zuvor in den Händen gehalten hatte. Sie hatte eingekauft, was nötig war, und sich fast darüber gewundert, daß es jenes andere, normale, alltägliche Leben noch gab. Sie wählte aus und bezahlte, und niemand schien etwas anderes in ihr zu sehen als irgendein junges Mädchen.
Autos fuhren durch die Straßen, Kinder spielten, Passanten begegneten ihr. Doch sobald sie das Haus der Gräfin betrat, umfing sie wieder jene atemberaubende Wunderwelt voller Geheimnisse.
Dr. Ferera hatte sich von der Gräfin verabschiedet. Brigitte begleitete ihn zur Tür.
»Nun glaube ich, daß sie die Kraft hat, das zu vollenden, was sie sich vorgenommen hat«, sagte er leise. »Wenn es Ihnen vielleicht auch merkwürdig und rätselhaft erscheinen mag, was sie Ihnen erzählt, glauben Sie daran, Fräulein Dahl. Auch in unserer Welt gibt es Wunder, wenn man nur zu glauben vermag.«
Brigitte teilte diese Ansicht. Sie dachte nicht mehr daran, daß sie diejenige gewesen war, die dieser alten kranken Dame zu Hilfe kam. Es schien vielmehr, als sei ihr die Gräfin von einem gütigen Geschick in den Weg geführt worden, damit sie nicht allein sei.
Jetzt, hier am Bett der Kranken, kam ihr unvermittelt der Gedanke, ob sie vom Schicksal wohl dazu ausersehen war, den Menschen, denen sie zugetan war, das Sterben zu erleichtern.
»Als ich so jung war wie du, erlebte ich das Wunder einer großen Liebe«, meinte die Gräfin verträumt. »Nimm das rote Buch aus dem Sekretär und lies. Es enthält die Geschichte meines Lebens. Ich bin zu müde, um sie dir zu erzählen.«
*
Es war Nacht geworden. Die Gräfin schlief, und Brigitte hatte sich im Nebenzimmer ein Bett gerichtet. Auf einem niederen Tisch daneben lag das Tagebuch der Gräfin.
Brigitte ging noch einmal zu der Kranken. »Frederico«, flüsterte sie, und dann: »Mein kleiner Manuel!« Ihre rechte Hand lag auf dem Amulett.
Leise, auf Zehenspitzen, schlich sich Brigitte aus dem Zimmer. Müde sank sie Minuten später auf ihr Bett. Doch als ihr Blick das rote Büchlein traf, war die Müdigkeit wie weggewischt. In atemloser Spannung schlug sie es auf.
Die Gegenwart versank, längst Vergangenes erwachte. Das Leben der Gräfin Celia Vincenti.
Heute ist der schönste Tag meines Lebens, begann es. Ich werde Fredericos Frau. In zwei Stunden wird Graf Frederico Vincenti dieses Haus betreten, mein Märchenprinz, von dem ich träumte, und wird mich zum Altar führen. In Demut flehe ich zu Gott, daß mir seine Liebe ewig erhalten bleibt. Ich bin neunzehn Jahre alt, und Frederico sagt, ich sei schön. Ich will auch schön sein für ihn, denn ich liebe ihn mehr als alles auf der Welt.
Ich bin seine Frau. Wir sind glücklich, wie zwei Menschen nur glücklich sein können. Ich werde ihm folgen, wohin er auch geht. Wir wollen alles teilen, Glück und Leid, wie wir es uns geschworen haben.
Die Stationen eines reichen, vielfältigen Lebens erstanden vor Brigitte. Graf Frederico Vincenti war Diplomat. Seine Frau Celia begleitete ihn in viele Länder des Erdballs. Südamerika, Portugal, Frankreich, Italien.
Nun leben wir in Rom, las sie weiter. Ich mußte glücklich sein, denn ein so schönes Haus haben wir noch nie bewohnt. Aber ich bin es nicht. Warum habe ich kein Kind? Wir sind sechs Jahre verheiratet, und ich weiß doch, wie sehr sich Frederico Kinder wünscht. Der Arzt sagt, ich solle nicht verzweifeln, und auch Frederico tröstet mich. Ich werde dieses Buch erst wieder zur Hand nehmen, wenn Gott mir meinen größten Wunsch erfüllt hat.
Viel Zeit mußte bis zur nächsten Eintragung vergangen sein.
Am Heiligen Abend wurde unser Sohn geboren. Ich weinte vor Glück, während unser kleiner Manuel seinen ersten Schrei tat. Wie sehr er seinem Vater gleicht! Er hat seine schwarzen Haare und seine dunklen Augen, doch Frederico meint, daß er mir ähnlich sei. Unser Glück ist vollkommen. Im Frühjahr werden wir nach Istanbul gehen, und dort werden wir wohl einige Jahre bleiben.
Celia Vincenti beschrieb auf den folgenden Seiten herrliche Jahre in dieser Stadt, in der sich Europa und Asien vereinigen. Von der Zauberwelt des Orients fasziniert, wünschte sie sich, immer hier zu leben. Manuel wuchs zu einem bildschönen Knaben heran, heißgeliebt von seinen Eltern, deren einziges Kind er blieb.
Brigitte las wie gebannt die malerischen Schilderungen eines erfüllten Lebens. Erstmals tauchte der Name Fatima auf, jener Frau, die so bedeutungsvoll für Celia Vincentis weiteres Leben werden sollte.
Sie vereint die Schönheit einer Göttin und die Klugheit eines Gelehrten in sich, schilderte Celia ihre Freundin. Manchmal ist sie mir fast ein wenig unheimlich, weil sie Dinge zu wissen scheint, die noch in der Zukunft liegen. Und manchmal sieht sie mich so traurig an, daß mir angst wird.
Diese Angst bestätigte sich, als Manuel schwer erkrankt und bald darauf auch Celias Gatte. Sie muß beide in Istanbul begraben. Ihr Glück ist vernichtet, doch die Stadt hält sie fest, die Gräber und Fatima, der einzige Mensch, mit dem sie noch Umgang hat, außer Suleika, ihrer treuen Dienerin.
Dann stirbt auch Fatima. Sie schenkte mir ihr Amulett, das ich immer so sehr bewundert habe, schrieb Celia Vincenti.
Sie drängte mich, in meine Heimat zurückzukehren,