Die bekanntesten Werke von Jack London. Джек Лондон

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Die bekanntesten Werke von Jack London - Джек Лондон

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Leben im Tal von Santa Clara war mit dem einfachen im Polarland verglichen höchst verwickelt. Was im Labyrinth der Zivilisation hauptsächlich verlangt wurde, war Selbstbeherrschung – eine Gewalt über sich selber, so zart wie die Flügel eines Schmetterlings und so fest und stark wie Stahl. Das Leben hatte hier ein tausendfaches Antlitz, und Wolfsblut sah ein, er müsse all den verschiedenen Gesichtern begegnen, wenn er zum Beispiel nach San Jose in die Stadt kam, wo er hinter dem Wagen herlief oder sich in den Straßen umhertrieb, wenn derselbe hielt. Das Leben floß dort wie ein breiter, tiefer Strom in mannigfachen Windungen an ihm vorüber, beschäftigte fortwährend seine Sinne, forderte augenblickliche und unendlich schnelle Entschlüsse, und zwang ihn fast immer, den natürlichen Trieben zuwider zu handeln.

      Da gab es Fleischerläden, wo das Fleisch im Bereich seiner Zähne hing; dennoch durfte er es nicht anrühren. Vor den Häusern, in denen der Herr Besuche machte, gab es Katzen, die er in Ruhe lassen mußte, und überall waren Hunde, die ihn anknurrten, an denen er sich nicht vergreifen durfte. Auf den belebten Bürgersteigen wanderten zahllose Personen, deren Aufmerksamkeit er erregte. Sie pflegten stehen zu bleiben und ihn anzuschauen, mit dem Finger auf ihn zu weisen, zu ihm zu sprechen, und was das Schlimmste war, ihn zu streicheln. Die gefährliche Berührung von all den fremden Händen mußte er ertragen lernen, und er tat es, und was mehr war, er überwand dabei seine linkische Verlegenheit. Von oben herab nahm er die Aufmerksamkeiten der vielen, vielen fremden Menschen hin. Herablassend verhielt er sich gegen ihre Herablassung, doch war an ihm etwas, was allzu große Vertraulichkeit verbot. Man klopfte ihm wohl auf den Kopf, aber ging weiter, zufrieden und froh über die eigene Kühnheit.

      Allein manches wurde ihm doch schwer. Wenn er so in den Vorstädten von San Jose hinter dem Wagen hertrabte, traf er manchmal kleine Jungen, die sich ein Vergnügen daraus machten, ihn mit Steinen zu werfen. Er wußte, er durfte sie nicht verfolgen und niederwerfen, und mußte so dem Instinkt der Selbsterhaltung Gewalt antun, aber er tat es, weil er immer zivilisierter und zahmer wurde. Nichtsdestoweniger fühlte er sich damit nicht einverstanden. Er hatte von Gerechtigkeit und Billigkeit keine abstrakte Vorstellung, aber in jedem lebenden Wesen wohnt ein Gerechtigkeitsgefühl, und es empörte ihn, daß er sich gegen solche Jungen nicht verteidigen durfte. Er vergaß, daß in dem Bündnis, das er mit dem Menschen gemacht hatte, dieser sich verpflichtet hatte, für ihn zu sorgen und ihn zu beschützen. Also sprang auch eines Tages der Herr mit der Peitsche in der Hand vom Wagen herab und gab den Knaben, die Wolfsblut mit Steinen warfen, eine tüchtige Tracht Prügel. Von nun an hörten sie auf, diesen mit Steinen zu werfen, und Wolfsblut verstand und war zufrieden.

      Bald darauf machte er eine Erfahrung ähnlicher Art. Auf dem Wege zur Stadt lungerten bei einem Wirtshause am Kreuzwege stets drei Hunde, die sich ein Vergnügen daraus machten, über ihn herzustürzen, wenn er vorüberkam. Aber der Herr, der Wolfsbluts tödliche Kampfesweise kannte, hatte es ihm eingeschärft, daß er nicht kämpfen dürfe, und Wolfsblut hatte die Lektion zwar wohl begriffen, aber es kam ihn doch hart an, gleichmütig an der Schenke vorüberzukommen. Allerdings scheuchte sein Knurren die drei Hunde nach dem ersten Ansturm zurück, aber sie rannten mit wütendem Gebell noch eine lange Weile hinter ihm her, und das ärgerte und kränkte ihn.

      Eine lange Zeit ertrug er alles ruhig, dann fingen die Leute in der Schenke an, die Hunde auf ihn zu hetzen. Als sie dies eines Tages ganz offen taten, hielt der Herr den Wagen an und rief Wolfsblut zu: »Nimm sie!« Dieser jedoch wollte es nicht glauben. Er blickte den Herrn an, dann die Hunde und schaute wieder fragend und eifrig zum Herrn zurück.

      »Nimm sie, mein Alter!« sagte er und nickte mit dem Kopfe. »Friß sie auf mit Haut und Haar.«

      Da zögerte Wolfsblut nicht länger. Er kehrte um und ohne einen Laut sprang er unter die Feinde. Alle drei griffen ihn an. Ein furchtbares Knurren und Grollen ließ sich hören, die Zähne blitzten, die Leiber drehten sich wild durcheinander. Der Staub auf der Straße erhob sich in dichten Wolken und verhüllte den Kampf, aber nach wenigen Minuten lagen zwei Hunde in den letzten Zügen am Boden, und der dritte hatte eilig die Flucht ergriffen. Wolfsblut folgte ihm mit Wolfeseile und nach Wolfesart rasch und lautlos über einen Graben und durch einen Drahtzaun, er holte ihn mitten auf dem Felde ein und machte ihm den Garaus.

      Mit diesem dreifachen Siege endigten die hauptsächlichsten Belästigungen, die er von andern Hunden erfuhr. Das Gerücht von dem Kampfe verbreitete sich im ganzen Tal, und die Leute sorgten dafür, daß ihre Hunde den streitbaren Wolf in Ruhe ließen.

      4. Kapitel. Die Stimme des Blutes

       Inhaltsverzeichnis

      Die Monate kamen und gingen. Es gab im Lande des Südens reichliches Futter und wenig Arbeit, und Wolfsblut lebte im Überfluß und war zufrieden. Nicht nur war das Land der geographischen Lage nach Süden, sondern für ihn war es auch ein Südland des Lebens. Menschliche Güte war ihm eine leuchtende Sonne geworden, und er gedieh unter ihrem Strahl wie eine Pflanze in gutem Boden.

      Dennoch war und blieb er anders als andere Hunde. Er kannte die Regeln und Gesetze des zivilisierten Landes besser als die, die kein anderes Leben gekannt hatten, und er beobachtete sie auch strenger, aber es lauerte noch etwas Wildes in seinem Wesen, als sei das Leben der Wildnis noch nicht in ihm erstorben, als schliefe nur der Wolf in ihm. – Nie befreundete er sich mit andern Hunden; so einsam wie er gelebt hatte, lebte er auch weiter. In seiner Jugend hatte er durch die Verfolgung Liplips und der jungen Hunde eine entschiedene Abneigung gegen seinesgleichen gefaßt. Der natürliche Lauf seines Lebens war abgelenkt worden, und er hatte sich, von den Seinen zurückgestoßen, an den Menschen angeschlossen. Auch blickten die Hunde des Südlandes mit Argwohn auf ihn. Er weckte die instinktmäßige Furcht vor der Wildnis in ihnen, und sie begrüßten ihn stets mit Geknurr und mit Brummen und in feindseliger Haltung. Er sah jedoch bald ein, daß er ihnen nur die Zähne zu zeigen brauchte. Seine drohende Miene genügte, um einen mit lautem Gebell auf ihn losstürmenden Hund zu schleunigem Rückzug zu bringen.

      Aber einen dunklen Punkt gab es in Wolfsbluts Leben, und das war Collie. Sie ließ ihn keinen Augenblick in Frieden. Sie beugte sich unter das Gesetz nicht so gehorsam wie er. Sie widerstand allen Bemühungen des Herrn, sie mit Wolfsblut zu befreunden. Ihr scharfes, gereiztes Knurren verfolgte ihn überall. Sie konnte ihm den Mord der Hühner nie vergeben, und sie hielt hartnäckig an dem Glauben fest, daß er schlimme Absichten habe. In ihren Augen war er von vornherein schuldig, und demgemäß behandelte sie ihn. Sie wurde ihm zur Qual seines Lebens, sie folgte ihm wie ein Häscher überall hin, um die Ställe und in den Garten, und wenn er ein Täubchen oder ein Hühnchen nur neugierig anblickte, so erhob sie ein lautes, wütendes Gebell. Gewöhnlich nahm er von ihr keine Notiz; doch trieb sie es zu arg, so legte er den Kopf auf die Vorderpfoten und tat, als schliefe er. Dies schloß ihr dann den Mund.

      Mit Ausnahme von Collie ging alles gut für Wolfsblut; er lernte Selbstbeherrschung und Gehorsam, und die Folge davon war ein gesetztes, anständiges Benehmen und philosophische Ruhe. Er lebte nicht mehr in einer ihm feindseligen Umgebung. Gefahr, Schmerz und Tod lauerten ihm nicht mehr überall auf. Mit der Zeit verblaßte die Idee des Unbekannten als etwas, das schreckt und droht, und das neue Leben wurde sanft und leicht. Es floß glatt dahin, keine Angst vor Feinden beunruhigte ihn. Ohne sich dessen bewußt zu werden, vermißte er nur den Schnee. Hätte er seinen Gedanken Worte verleihen können, so hätten sie gelautet: »Was für ein ungewöhnlich langer Sommer!« Aber es geschah doch in unbestimmter, unklarer Weise, daß er den Schnee vermißte. Im Sommer, wenn er unter der heißen Sonne litt, trieb ihn eine unklare Sehnsucht nach dem Lande des Nordens ruhelos und rastlos umher, ohne daß er eigentlich wußte, was ihm fehlte.

      Es war ihm nicht gegeben, seine Liebe sehr zu zeigen; nur durch Anschmiegen und den kosenden Ton in seinem Grollen konnte er derselben Ausdruck geben, aber er sollte noch eine Äußerung dafür lernen. Er war stets empfindlich gegen das Gelächter der Menschen

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