Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz

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      In Tyniec, in dem zur Abtei gehörenden Wirtshause »Zum wilden Auerochsen« saßen einige Leute und lauschten der Erzählung eines erfahrenen Kriegers, der, aus fernen Landen angelangt, von seinen Abenteuern im Krieg und auf der Reise berichtete.

      Es war ein bärtiger Mann, in den besten Jahren, breitschultrig und von riesenhaftem Wuchse, seine Haare waren durch eine netzförmige, mit Glasperlen benähte Haube zusammengehalten, er trug ein Lederkoller, auf dem der Panzer ganze Streifen zurückgelassen hatte, darüber einen Gürtel aus Kupferringen, worin ein Messer in einer Hornscheide steckte, und ein kurzes Schwert an der Seite.

      Dicht bei ihm am Tisch saß ein Jüngling mit langen Haaren, der froh in die Welt hinaus schaute, offenbar sein Gefährte, vielleicht auch sein Knappe, denn er war ebenfalls für die Reise angethan und auf seinem Lederkoller zeigten sich ähnliche Spuren von der Rüstung. Die übrige Gesellschaft bestand aus zwei Landleuten aus der Umgegend von Krakau und drei Städtern in roten, gefältelten Mützen, deren dünne Enden an der Seite bis zu den Ellbogen herabhingen.

      Der Wirt, ein Deutscher, welcher den Kragen seiner fahlgelben Kapuze bis über das Kinn heraufgezogen hatte, goß ihnen aus einer Kanne nahrhaftes Bier in die Thonkrüge und lauschte aufmerksam den Berichten der Krieger.

      Noch aufmerksamer aber lauschten die Städter. Die Feindschaft, welche seit der Zeit der Lokietek’s zwischen den Städtern und den Landedelleuten geherrscht hatte, war beinahe erloschen, und die Bürgerschaft trug ihr Haupt weit höher als dies in späterer Zeit der Fall war. Damals wurde sie noch »des allerdurchlauchtigsten Kuniges und Herren« genannt, ihre Bereitwilligkeit » ad concessionem pecuniarum« wurde auch besonders geschätzt, und daher kam es zuweilen vor, daß in den Wirtshäusern die Edelleute mit den Kaufleuten tranken. Diese wurden sogar gern gesehen. Hatten sie doch stets bares Geld in Händen und zahlten sie doch häufig für die Träger der Wappenschilder.

      So saßen sie auch jetzt plaudernd beisammen, indem sie von Zeit zu Zeit dem Wirte winkten, auf daß er ihnen die leeren Becher fülle.

      »Ihr habt wohl schon ein großes Stück von der Welt bereist, edler Ritter,« sagte einer der Kaufleute.

      »Ja, nur wenige von denen, welche jetzt von allen Seiten in Krakau zusammenströmen, haben schon soviel gesehen,« antwortete der vor kurzem angelangte Ritter.

      »Und gar viele strömen dort zusammen,« fügte der Bürger hinzu. »Große Festlichkeiten giebt’s ja, und große Glückseligkeit herrscht im Königreiche. Man sagt, und ich glaube es auch, daß der König befahl, der Königin Prunkbett mit perlenbesetztem Brokat auszupolstern und den gleichen Baldachin darüber anzubringen. Und allerlei Spiele und Turniere werden veranstaltet, wie sie die Welt bisher noch nie gesehen hat.«

      »Gevatter Gamroth, unterbrecht den Ritter nicht,« bemerkte der zweite Kaufmann.

      »Ich unterbreche ihn nicht, Gevatter Eiertreter, ich denke mir nur, er wird auch gern wissen, was man sagt, weil er gewiß selbst nach Krakau reist. Und ich kehre heute nicht mehr in die Stadt zurück, weil die Thore so früh geschlossen werden, und bei Nacht lassen mich die Amphibien, welche in den Hobelspänen entstehen, doch nicht schlafen, also haben wir Zeit für alles.«

      »Und auf ein Wort gebt Ihr zwanzig zurück, Ihr werdet alt, Gevatter Gamroth.«

      »Und doch bin ich noch im stande, ein Stück feuchten Tuches unter einem Arm zu tragen.«

      »Ach was! Vielleicht eines, das so dünn wie ein Sieb ist!«

      Ein weiterer Streit wurde durch den fremden Kriegsmann unterbrochen, welcher sagte: »Ich werde sicher in Krakau bleiben, weil ich von den Wettkämpfen gehört habe und froh bin, wenn ich meine Kraft innerhalb der Schranken erproben kann – und meinem Bruderssohn hier geht es ebenso, denn obgleich er noch jung und ein rechter Milchbart ist, hat er schon manchen Panzer auf der Welt zu Gesicht bekommen.«

      Die Gäste schauten den Jüngling an, der fröhlich lächelte und, nachdem er seine langen Haare hinter die Ohren gestrichen hatte, den Bierkrug an die Lippen setzte.

      Der alte Ritter aber fügte hinzu: »Uebrigens, wenn wir umkehren wollten, wüßten wir gar nicht, wohin wir uns wenden sollten.«

      »Ei,« fragte einer der Edelleute, »woher seid Ihr denn und wie nennt Ihr Euch?«

      »Macko aus Bogdaniec nenne ich mich, und dieser junge Mann, der Sohn meines leiblichen Bruders, nennt sich Zbyszko. ›Tepa Podkowa‹ ist unser Wappenschild, und unser Schlachtruf: ›Hagel‹!«

      »Wo liegt denn Euer Bogdaniec?«

      »Traun! Fragt lieber, wo es lag, Herr Bruder, denn es ist schon vom Erdboden verschwunden. Noch zur Zeit des Krieges der Grzymalitezyc mit den Naleczy wurde Bogdaniec zu Asche niedergebrannt, und was übrig geblieben war, wurde uns weggenommen; die Knechte aber flohen alle. So blieb nur der leere Grund und Boden, denn auch die Bauern der Nachbarschaft wanderten fort in die Steppe. Mit meinem Bruder, dem Vater dieses Jünglings, habe ich das Haus wieder aufgebaut, aber im folgenden Jahre hat uns das Wasser alles weggerissen. Dann starb mein Bruder, und ich blieb allein mit der Waise. Da sagte ich mir: Hier kann ich es nicht aushalten! Und zu jener Zeit sprach man viel vom Krieg und auch davon, daß Jasko aus Olesnica, den der König Wladislaw zu dem Mikolaj aus Moskorzow nach Wilna sandte, eifrig in Polen Ritter suche. Da ich nun den würdigen Abt Janek aus Tulcza kenne, verpfändete ich ihm meinen Grund und Boden, und für das Geld kaufte ich mir eine Rüstung, ein Pferd, kurz, ich versah mich, wie es üblich ist für den Kriegsdienst, den Knaben, der erst zwölf Jahre alt war, setzte ich auf einen Klepper, und fort ging’s zu Jasko von Olesnica!«

      »Mit dem Jüngling?«

      »Damals war er noch kein Jüngling, aber stramm ist er schon als Knabe gewesen. In seinem zwölften Jahre legte er zuweilen die Armbrust auf den Boden, stemmte sich mit dem Bauche dagegen und drückte den Schneller derart, daß selbst keiner von den Engländern, die wir bei Wilna gesehen haben, sich hätte rühmen können, er verstehe den Bogen besser zu spannen.«

      »So stark ist er gewesen?«

      »Meinen Helm trug er hinter mir her, und als er dreizehn Jahre alt wurde, trug er auch meinen langen Schild.«

      »Und an Kriegszügen hat es wahrlich nicht gefehlt.«

      »Witolds wegen. Der Fürst befand sich bei den Kreuzrittern und jedes Jahr unternahm er Kriegsfahrten gegen Litauen und wendete sich nach Wilna. Mit ihm zog allerlei Volk. Deutsche, Franzosen, Engländer, die am besten den Bogen zu spannen verstanden, Böhmen, Schweizer und Burgunder. Sie haben die Wälder durchstreift, Schlösser erbaut, und zuletzt haben sie Litauen mit Feuer und Schwert schrecklich verwüstet, so daß das ganze Volk, welches dies Land bewohnt, es schon verlassen und ein anderes suchen wollte, ja gerne bis ans Ende der Welt oder sogar zu den Kindern des Belial gewandert wäre, nur um fern von den Deutschen zu sein.«

      »Daß alle Litauer mit Weibern und Kindern fortziehen wollten, hörten wir wohl, doch glaubten wir es nicht.«

      »Aber ich habe gar viel miterlebt. Ha! wäre nicht Mikolaj aus Moskorzow, nicht Jasko aus Olesnica, und wären wir nicht gewesen – das sage ich, ohne mich zu rühmen – so stünde auch Wilna nicht mehr.«

      »O, das wissen wir. Ihr habt die Burg ja nicht übergeben.«

      »Nein, wir haben sie nicht übergeben. Und nun merket wohl auf das, was ich Euch sage, denn ich bin ein erfahrener, des Krieges kundiger Mann. Die Alten sprachen immer von dem bissigen Litauer, und sie sprachen wahr.

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