Die Arbeit am Langen Zügel. Thomas Ritter
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PRE Hengst Amigo mit Andreas Evertz. In der Tradition der Spanischen Reitschule zu Wien wird auf einfachem Hufschlag und im Schulterherein von innen geführt. (Foto: Shana Ritter)
Hengst Amigo mit Andreas Evertz. Bei Egon von Neindorff war es eher üblich, in der Mitte hinter dem Pferd zu gehen.
Hengst Amigo mit Andreas Evertz. Geht der Reiter neben dem äußeren Hinterbein, kann er mit dem inneren Zügel das innere Hinterbein zu sich herholen und leicht übertreten lassen. (Fotos: Shana Ritter)
Ich persönlich suche diejenige Position, von der aus ich am effektivsten auf das jeweilige Pferd einwirken kann.
Geht man in der Mitte hinter dem Pferd, kann man es mit den Zügeln besser beidseitig einrahmen. An dieser Stelle können auch die vortreibenden Hilfen besser eingesetzt werden. Diese Position empfiehlt sich, wenn etwa ohne Anlehnung an eine Bande gearbeitet wird, da das Pferd dann leichter gerade gehalten werden kann. Bei Pferden, von denen man größeren Abstand halten will, ist es aus demselben Grund ratsam, in der Mitte hinter dem Pferd zu bleiben. Bei größerem Abstand ist eine genaue Führung von der Seite nicht mehr möglich.
Kann man bereits sehr dicht hinter dem Pferd gehen, kommt es gelegentlich vor, dass der Reiter dem Pferd in der mittigen Position in die Hacken tritt. Der Grund dafür liegt darin, dass das Pferd noch nicht geschlossen ist und die Hinterbeine nicht weit genug unter dem Körper bleiben. Sobald die Hinterbeine besser untertreten und sich unter der Last auch beugen, gibt sich das Problem.
Weicht das Pferd vom Hufschlag beziehungsweise von der Zirkellinie nach innen ab, kann es besser in der Spur gehalten werden, wenn der Ausbilder außen neben der Kruppe geht.
Der innere Zügel, tief geführt, rahmt den inneren Hinterfuß und den Brustkorb ein und schiebt das Pferd nach außen. Ganz allgemein kann man die Faustregel aufstellen, dass man in dieser Situation die Masse des Pferdes besser zu sich „hinheben” kann als sie von sich wegzuschieben. Ein Beispiel: Auf der steifen Seite drängelt das unerfahrene Pferd oft von der Bande weg nach innen; es fällt dabei auf die innere Schulter. Es wird viel leichter zurück auf den Hufschlag gehen, wenn man außen zwischen Pferd und Wand geht, als wenn man versucht, es von der Innenseite nach außen zu schieben.
In der nächsten Ausbildungsstufe ist es möglich, in der Mitte hinter dem Pferd zu gehen. Dabei wird der innere Zügel zwischen dem inneren Pferdeknie und dem inneren Hüfthöcker geführt und die innere Schulter eingerahmt. Der äußere Zügel läuft über die Mitte der Kruppe.
Weicht dagegen die Kruppe von der gerittenen Linie ab, kann dies oft sehr geschickt dadurch verhindert werden, dass der Ausbilder neben dem Hinterbein der hohlen Seite geht, um ihm das Ausweichen zu verwehren. Kommt die Kruppe nach innen, geht man besser nach innen. Weicht die Kruppe dagegen nach außen aus, geht man besser zwischen dem äußeren Hinterbein und der Wand. Auf diese Weise kontrolliert der Reiter die Hüfte, die zu ihm hindrängt, und die diagonale Schulter, die von ihm wegdrängt.
Während der Ausbildung sollte man in der Position gehen, von der aus man situationsbedingt am besten auf das Pferd einwirken kann.
DIE HILFEN
Lipizzanerhengst Conversano Sorria mit Shana Ritter in der Trabtraversale. (Foto: Thomas Ritter)
Unterschiede zur Arbeit unterm Sattel
Die Prinzipien der Hilfengebung sind bei allen Formen der Arbeit mit dem Pferd gleich. Der Reiter kann am Langen Zügel aber hauptsächlich nur Zügel, Stimme und Gerte einsetzen. Daneben ist es sinnvoll, in bestimmten Momenten den Handrücken, den Unterarm, die Schulter oder sogar die eigene Hüfte einzusetzen, um dem Pferd einen Impuls zu geben. Alles in allem ist die Hilfengebung also flexibler als im Sattel.
Gewisse Dinge bleiben jedoch immer gleich. Die treibenden Hilfen bringen beispielsweise auch bei der Langzügelarbeit das Pferd zum Zügel. Dieser empfängt die Energie und schickt sie an die Hinterhand zurück – ein Energiekreislauf entsteht. Die inneren Hilfen unterstützen die Biegung, die äußeren die Wendung.
Als treibende Hilfen stehen bei der Langzügelarbeit nur die Gerte und die Stimme zur Verfügung. Daneben spielt indirekt auch die Körperhaltung und die Konzentration des Ausbilders eine entscheidende Rolle. Richtet man sich groß auf und spannt die Bauchund Rückenmuskulatur an, dann wird das Pferd darauf reagieren, indem es vorne größer wird und Anlehnung zu nehmen beginnt. Ist der Reiter zu schlaff, dann wird auch bald das Pferd in sich zusammenfallen.
Die Stimmhilfen
Die Stimme kann sowohl treibend als auch beruhigend wirken. Eine kurze, energische Hilfe mit ansteigender Intonationskontur hat eine eher treibende Wirkung. Eine länger ausgedehnte, tiefere Stimmhilfe mit fallender Intonationskontur wirkt dagegen beruhigend auf das Pferd.
Man kann dem Pferd auch vor Beginn der Arbeit am Langen Zügel bestimmte Stimmkommandos beibringen, die ihm dann als „Eselsbrücke” dienen können. Ähnlich wie beim Longieren könnte man beispielsweise dem Pferd die Übergänge zwischen den Gangarten dadurch erklären, dass man zunächst bekannte verbale Kommandos mit den regulären Hilfen verbindet. Wenn das Pferd die gewöhnlichen Hilfen verstanden hat, können auch die Stimmhilfen wieder weggelassen werden.
Die Gertenhilfen
Die Gerte kann sehr vielfältig eingesetzt werden. Sie kann eine belebende, vortreibende Funktion haben, aber auch seitwärtstreibend wirken, Wendungen unterstützen und verwahrend verwendet werden. Die Intention der Hilfe und die Position des Reiters am Pferd bestimmen, wie man die Gerte hält.
Geht man auf Tuchfühlung neben dem Pferd her, ist es in der Regel am praktischsten, die
Gerte ähnlich wie im Sattel mit der Spitze nach unten zu halten, da man das Pferd dann am besten erreichen kann. Auf diese Weise ist es möglich, den gleichseitigen Hinterfuß entweder von außen, von hinten oder, wenn man sehr geschickt ist, an der Innenseite zu berühren.
Geht man direkt hinter dem Pferd her, vielleicht mit etwas mehr Abstand, dann bietet es sich meist an, die Gerte mit der Spitze nach oben zu tragen. Bei dieser Gertenhaltung touchiert man das Pferd entweder oben auf der Mitte der Kruppe oder seitlich an der Hüfte. Ist man jedoch so dicht hinter dem Pferd, dass man die Kruppe mit den Händen berührt, dann ist die abwärtsgehaltene Gerte meist am effektivsten.
Mit der horizontal gehaltenen Gerte kann man das Pferd in der Schenkellage antouchieren. Dies empfiehlt sich gerade bei Pferden, die unter Umständen ausschlagen könnten. Das Pferd reagiert auf die Berührung in der Rippengegend mit längeren Tritten oder mit einer Wendung der Schultern, während ein seitliches Touchieren des Hinterfußes mit der senkrecht nach unten gehaltenen Gerte eher zu einem seitlichen Übertreten oder zu einem etwas höheren Aufheben des Hinterfußes führt.
Hilfen müssen immer impulsartig erteilt werden. Sie müssen quasi mit dem Pferd atmen. Ohne das wiederholte rechtzeitige Nachgeben zieht man sich unweigerlich fest.