Gesammelte Werke. Aristoteles

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Gesammelte Werke - Aristoteles

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das Viele sei das Gegentheil von dem Wenigen und das Grosse das Gegentheil von dem Kleinen. Allein diese gehören nicht zu dem Grossen, sondern mehr zu den Beziehungen, denn kein Gegenstand wird an sich gross oder klein genannt, sondern nur in Vergleich zu einem anderen; so nennt man z.B. einen Berg klein und ein Hirsenkorn gross, weil dieses grösser und jener kleiner ist, als die andern seiner Gattung. Deshalb ist hier eine Beziehung auf Anderes vorhanden, da, wenn Etwas an sich gross oder klein genannt würde, der Berg wohl nicht klein und das Hirsenkorn nicht gross genannt werden würde. Ebenso sagt man, dass in einem Dorfe viel Menschen seien und in Athen wenige, obgleich deren hier vielmal mehr sind all dort; und dass in einem Hause viel Menschen, und in dem Theater wenige seien, obgleich diese um vieles mehr sind, als jene. Auch das Zweiellige und das Dreiellige und jedes andere solches bezeichnet ein Grosses, aber das Grosse und Kleine bezeichnet kein Grosses, sondern mehr eine Beziehung; denn man betrachtet es nur in Bezug auf ein anderes als gross oder klein; offenbar gehören sie also zu den Beziehungen. Aber mag man sie als Grössen annehmen oder nicht, so haben sie doch kein Gegentheil; denn wie möchte man ein Gegentheil von Etwas angeben, was nicht an und für sich genommen werden kann, sondern nur auf Anderes bezogen wird? Wenn ferner das Grosse und das Kleine Gegentheile sein sollen, so folgte, dass ein und dasselbe Ding des Entgegengesetzten fähig wäre, und dass es sein eigenes Gegentheil wäre. Denn es kommt vor, dass dasselbe Ding zugleich gross und klein ist, denn in Bezug auf dieses ist es klein und in Bezug auf jenes andere ist ebendasselbe gross. So ergiebt sich, dass dasselbe Ding in demselben Zeitpunkte sowohl gross, wie klein ist und also gleichzeitig das Entgegengesetzte annimmt. Allein nichts kann zugleich das Entgegengesetzte, wie das Ding annehmen; dies kann nehmlich das Entgegengesetzte annehmen, allein es ist doch nicht zu gleicher Zeit krank und gesund, und ebenso ist es nicht zu gleicher Zelt weiss und schwarz; ebenso giebt es von den übrigen Kategorien keine, die gleichzeitig das Entgegengesetzte annähme. Auch ergäbe sich, dass das Grosse und das Kleine jedes sein eigenes Gegentheil wäre. Denn wenn das Grosse das Gegentheil des Kleinen ist, ein und dasselbe Ding aber zugleich gross und klein ist, so würde es sein eigenes Gegentheil sein. Allein es ist unmöglich, dass etwas sein eigenes Gegentheil sein kann, und demzufolge ist also das Grosse nicht das Gegentheil des Kleinen und das Viel nicht das Gegentheil des Wenigen. Daher würden sie, auch wenn man sie nicht für Beziehungen, sondern für Grössen erklären wollte, doch kein Gegentheil haben.

      Am meisten scheint das Gegentheilige bei dem Raume vorhanden zu sein; denn man setzt das Oben als das Gegentheil von dem Unten, indem man in Bezug auf die mittlere Gegend etwas Unten nennt, weil die Mitte von den Enden der Welt am meisten absteht. Auch scheint man die Definition anderer Gegentheile von diesem zu entnehmen, denn Gegentheil wird als das definirt, was innerhalb einer Gattung am meisten von einander absteht.

      Das Grosse scheint auch kein Mehr oder Weniger anzunehmen, so z.B. das Zweiellige nicht; denn kein Gegenstand ist mehr zweiellig, als der andere. Dies gilt auch für die Zahlen; denn die Drei ist z.B. nicht mehr Drei als die Fünfe und die Fünfe ist nicht mehr Fünfe als die Drei. Auch ist kein Zeitraum mehr Zeitraum als ein anderer; überhaupt wird das Mehr oder Weniger von keiner der erwähnten Bestimmungen ausgesagt. Sonach ist das Grosse auch des Mehr oder Weniger nicht fähig.

      Am Eigenthümlichsten ist es dem Grossen, dass es als gleich oder ungleich ausgesagt wird. Jede von den genannten Grossen wird gleich oder ungleich genannt; so wird ein Körper gleich oder ungleich genannt und ein Zeitraum gleich oder ungleich; ebenso wird jedes von den andern vorgenannten Grossen gleich oder ungleich genannt. Von den übrigen Kategorien ausser dem Grossen dürfte das Gleich und Ungleich wohl nicht viel ausgesagt werden; so wird z.B. ein Zustand wohl nicht oft so genannt werden, sondern vielmehr ähnlich, und ebenso das Weiss selten gleich oder ungleich, sondern ähnlich. Sonach dürfte es dem Grossen am meisten eigenthümlich sein, dass es gleich oder ungleich genannt wird

      Siebentes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Bezogen heisst Etwas, wenn es als das, was es ist, als an einem andern seiend, ausgesagt wird oder sonst wie in Bezug auf ein anderes; so wird z.B. das »Grösser« als das was es ist, von einem andern ausgesagt; denn man sagt: Etwas ist grösser als ein anderes; auch das Doppelte als solches wird von einem andern ausgesagt; denn man sagt: das Doppelte von Etwas. Ebenso verhält es sich mit den übrigen Bezogenen.

      Auch solche Bestimmungen, wie das Haben, der Zustand, die Wahrnehmung, das Wissen, die Lage gehören zu den Beziehungen; denn alle diese Bestimmungen werden als das, was sie sind, von einem Anderen ausgesagt und nicht als etwas besonderes; denn das Haben wird als das Haben von Etwas und das Wissen als das Wissen von Etwas und die Lage als die Lage von Etwas ausgesagt und ebenso das übrige. Bezogen ist also etwas, wenn es als solches von einem andern ausgesagt wird oder sonst wie in Bezug auf Anderes. So heisst ein Berg gross in Bezug auf einen anderen, denn der Berg heisst gross in Bezug auf etwas; und das Aehnliche wird als einem anderen ähnlich ausgesagt und ebenso werden die andern solchen Bestimmungen in Bezug auf ein anderes ausgesagt. Auch das Liegen und das Stehen und das Sitzen sind gewisse Lagen und die Lage gehört zu den Beziehungen; aber das Hinlegen, das Aufstehen oder sich Setzen sind zwar selbst keine Lagen, aber diese Zustände werden mit Worten bezeichnet, welche von den obigen Lagen abgeleitet sind.

      Auch Gegentheile kommen innerhalb der Beziehungen vor; so ist z.B. die Tugend das Gegentheil von dem Laster, die beide zu den Beziehungen gehören und Wissen ist das Gegentheil von der Unwissenheit. Indess haben nicht alle Beziehungen ein Gegentheil; denn das Doppelte hat kein Gegentheil und auch des Dreifache nicht, noch sonst eine Beziehung dieser Art.

      Auch das Mehr und das Minder scheinen die Beziehungen anzunehmen; denn man nennt etwas mehr oder weniger ähnlich oder unähnlich und mehr oder weniger gleich oder ungleich, von denen jedes zu den Bezogenen gehört; denn man sagt vom Aehnlichen, dass es einem Gegenstande ähnlich sei, und vom unähnlichen, dass es einem Gegenstande unähnlich sei. Indess nehmen nicht alle Beziehungen das Mehr oder Weniger an; denn von dem Doppelten sagt man nicht, dass es mehr oder weniger doppelt sei und dies gilt auch von anderen solchen Beziehungen.

      Alle Beziehungen werden von Gegenständen ausgesagt, die in der Aussage sich umtauschen lassen; so heisst der Sclave Sclave des Herrn und der Herr Herr des Sclaven und das Doppelte ist das Doppelte des Halben und das Halbe das Halbe des Doppelten und das Grössere ist das Grössere des Kleinern und das Kleinere das Kleinere des Grösseren. Dasselbe gilt für die anderen Beziehungen, nur unterscheiden sie sich beim Sprechen mitunter in der Beugung; so sagt man, die Wissenschaft ist eine Wissenschaft des Wissbaren und das Wissbare ist ein durch die Wissenschaft Wissbares; und die Wahrnehmung ist eine Wahrnehmung des Wahrnehmbaren und das Wahrnehmbare ein durch Wahrnehmung Wahrnehmbares.

      Indess scheint die Umkehrung manchmal nicht stattzufinden, wenn man die Beziehung nicht genau, sondern mangelhaft ausdrückt. Wenn man z.B. sagt: Der Flügel des Vogels, so lässt sich nicht umgekehrt sagen: Der Vogel des Flügels. Jener Ausdruck: Der Flügel des Vogels ist nicht genau; denn nicht insofern es ein Vogel ist, wird der Flügel als der seinige genannt, sondern insofern er ein Geflügeltes ist; denn noch vieles andere hat Flügel, was kein Vogel ist. Wenn man sich deshalb genau ausdrückt, so findet auch die Umkehrung statt; so ist der Flügel der Flügel des Geflügelten und das Geflügelte ist durch den Flügel geflügelt. Manchmal muss man auch wohl ein Wort dazu bilden, wenn das der genauen Ausdrucksweise entsprechende Wort nicht vorhanden ist. Wenn z.B. Jemand sagt: Das Steuerruder des Schiffs, so wäre dies kein genauer Ausdruck; denn das Steuerruder wird von dem Schiffe nicht als Schiff ausgesagt, da es auch Schiffe ohne Steuerruder giebt, und deshalb lässt sich des Ausdruck auch nicht umkehren; denn das Schiff kann man nicht das Schiff des Steuerruders nennen. Dagegen würde die Aussage wohl genauer sein, wenn man sich ausdrückte: das Steuerruder ist das Steuerruder eines Besteuerruderten, oder in einer sonst entsprechenden Weise; ein Name ist dafür nicht vorhanden. Wenn man sich in dieser Weise genau ausdrückt, so findet auch das Umkehren statt; denn das Besteuerruderte ist durch das Steuerruder besteuerrudert.

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