Mami Staffel 2 – Familienroman. Gisela Reutling
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»Sie haben ja ihr ganzes Geschirr gespült«, bemerkte sie vorwurfsvoll, »das sollten Sie nicht tun, Senorita!«
»Nennen Sie mich Katharina«, bat Kati, »und gewöhnen Sie sich daran, daß ich mein Geschirr abwasche, wann immer ich Zeit dafür habe.«
»Sie sollten sich mit anderen Dingen beschäftigen«, murmelte Serafina kopfschüttelnd, »so, wie die deutschen Männer. Don Christof zum Beispiel«, ihre Stimme klang wohlgefällig, »hat noch nie ein Glas gespült, noch nie!«
»Don Christof hat auch nie in Deutschland gelebt«, erwiderte Kati kurz, »und wenn er es täte, er würde sich wundern!«
Den nächsten Vorstoß machte sie bei den Knobels. Nach dem Klavierkonzert in der Aula der Universität, zu dem das gesamte Kollegium eingeladen war, traf man sich in der Mensa, wo auf langen Tischen ein bescheidenes Büffet aufgebaut worden war.
»Nehmen Sie eine dieser spanischen Omeletten«, empfahl Angelika Knobel, »sie sind mit Bratkartoffeln gefüllt und wunderbar gewürzt, erinnern mich immer an ein deutsches Bauernfrühstück.«
Kati bediente sich rasch und reichlich.
Es war fast Mitternacht. Seit einer Ewigkeit hatte sie nichts Vernünftiges mehr zu sich genommen. Taumelnd vor Hunger folgte sie Frau Knobel zu einer tiefen Fensternische.
»Ja, an die späten Abendessenszeiten in Montelindo muß man sich erst gewöhnen«, bemerkte die Frau des Schulleiters mitfühlend.
»Kann man das?« fragte Kati zweifelnd.
Angelika Knobel wiegte schmunzelnd den schmalen Kopf.
»Wir nicht«, gestand sie, »mein Mann und ich haben jeden Abend um sieben Uhr unsere Hauptmahlzeit, auch dann, wenn wir zu einem großen Essen gehen. Anfangs wußten wir noch nicht, daß ein Abendessen in Montelindo nicht vor elf Uhr serviert wird, obwohl man für acht Uhr eingeladen ist. Das Essen ist der Abschluß einer jeden Abendeinladung. Die Gäste verabschieden sich, sobald sie den letzten Bissen heruntergeschluckt haben, und das geschieht nie vor Mitternacht.«
»Gut, daß Sie mir das sagen«, murmelte Kati, »von jetzt an esse ich auch um sieben Uhr zu Hause. Ich habe diese Woche noch ein paar Einladungen vor mir, die ich sonst gar nicht überstehen würde.«
Angelika Knobel lachte.
»Ich finde, Sie leben sich erstaunlich schnell ein. Keine Magenbeschwerden, keine Kreislaufprobleme. Sie sind eben noch jung und frisch! Beneidenswert!«
»Warten wir’s ab«, murmelte Kati, deren Magen soeben schmerzlich zu drücken begann, »ich merke schon, daß ich es mir nicht oft leisten kann, stundenlang den Hunger zu übergehen und mich dann so vollzustopfen wie jetzt.«
»Trinken Sie einen Schluck Kokosmilch«, riet die erfahrene Frau Knobel, »Nichts besänftigt die Magennerven besser. Mein Mann schwört darauf als Schlaftrunk – mit oder ohne einen Schuß Rum. Gefällt Ihnen das Häuschen in der Caille Trinidad?«
»Ich habe noch nie so komfortabel gewohnt«, erwiderte Kati wahrheitsgemäß, »ich komme mir richtig privilegiert vor. Genau das macht mir auf der anderen Seite auch wieder zu schaffen.«
»Auf welcher Seite?«
»Also«, begann Kati, holte tief Luft und sprudelte ihre ganze Reaktion auf die Zeitung vom Wochenende hervor, auf die Seite mit den Fotos der ausgesetzten Kleinkinder, die Verzweiflung im Gesichtchen des kleinen Miguel, alles, was ihr so bedrückend erschien.
Angelika Knobel hörte ruhig zu.
»Ja, die Probleme dieser Länder lassen sich nicht verbergen«, sagte sie schließlich, »wer hier lebt, wird damit konfrontiert. Viele bringen es fertig, darüber hinwegzusehen. Uns hat das Elend auch immer belastet, von Anfang an.«
»Was kann man tun?« fragte Kati eifrig.
»Zunächst einmal darf es nicht nach Einmischung aussehen«, erklärte Frau Knobel eindringlich, »was auch immer man unternimmt – es muß sorgfältig bedacht und abgewogen werden. Die Menschen hier sind außerordentlich empfindlich, und so manche gute Tat kam nicht zustande, weil sie als Besserwisserei aufgefaßt wurde. Im Falle der Kinder, die Ihnen so zu Herzen gehen, wüßte ich auch gar nicht, wo man ansetzen könnte. Warten Sie mal«, Angelika Knobel richtete sich auf und ließ den Blick über die wogende Menge schweifen, »vorhin habe ich Dona Herta gesehen, aber sie scheint schon wieder gegangen zu sein.«
»Wer ist das?«
»Eine deutsche Dame älteren Jahrgangs, sozusagen eine Institution in Montelindo. Sie verwaltet sämtliche Hilfsfonds und hat daher eher Zugang zu den verschiedenen Einrichtungen, wahrscheinlich auch zum Waisenhaus. Schade, daß sie schon weg ist. An sie heranzukommen ist schwer, denn abgesehen davon, daß sie viel zu tun hat, ist sie auch sehr zurückhaltend. Nun, vielleicht gelingt es uns trotzdem, sie bei nächster Gelegenheit einmal anzusprechen.«
Kati nickte, obwohl das alles nicht besonders zuversichtlich klang und die Aussicht, Dona Herta jemals zu Gesicht zu kriegen, eher gering schien.
Solange warte ich gar nicht, dachte Kati und trank ihren Becher Kokosmilch aus, am Samstag, wenn ich frei habe, kaufe ich ein paar Sächelchen und nehme mir ein Taxi ins Waisenhaus. Es wird ja wohl nicht verboten sein, den Kindern etwas zu schenken.
Angelika Knobel nahm ihren leeren Teller von der Fensterbank und sah Kati prüfend an, so, als könne sie Gedanken lesen.
»Die Leiterin des Waisenhauses heißt Dona Dolores«, sagte sie mit einem warnenden Unterton in der Stimme, »man sagt allgemein, mit ihr sei wirklich nicht gut Kirschen essen.«
Kati rückte verlegen ihr Stirnband zurecht. Was war nur mit ihr los? Seit wann sah man ihr an, was sie dachte?
Zu ihrer Erleichterung näherte sich vom Büffet her ihr Chef, Erich Knobel, der demonstrativ auf seine Armbanduhr zeigte.
»Um acht Uhr fängt die erste Stunde an«, raunte er, ein paar Studenten beiseite schiebend, »Angelika, wir gehen! Und Sie, Katharina, nehmen wir mit!«
*
»Keine Happy Hour heute«, erklärte Christof, der in seinen pludrigen bunten Baumwollhosen vor seinem Roller auf den Knien lag und mit einem Schraubenzieher hantierte, »es ist zwar Samstag, aber ich habe keine Zeit.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Kati, ihre Blumen im Vordergärtchen gießend.
»Morgen könnte ich dir eine Fahrt an den Strand bieten«, kam seine Stimme gepreßt unter dem Schutzblech hervor, »vorausgesetzt, daß ich die Mühle heute noch in Schwung bringe.«
»Nett von dir, vielen Dank, aber ich habe noch jede Menge zu tun.«
»Hast du kein Vertrauen zu mir?«
»Doch,