Der Sieg des Islams. Eduard Gibbon

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Der Sieg des Islams - Eduard Gibbon

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Knien erhoben hatte, beschleunigte er die Arbeiten an der Brücke und entsendete einen Boten, um zu verkünden, was er nicht länger zu verheimlichen wünschte. »Meldet dem Kaiser«, sprach der treulose Bajan. »daß Sirmium von allen Seiten eingeschlossen ist. Ratet ihm, die Bürger und ihre Habe wegzuschaffen und eine Stadt aufzugeben, deren Entsatz und Verteidigung jetzt gleich unmöglich ist.« Ohne Hoffnung auf Entsatz wurde aber die Verteidigung von Sirmium über drei Jahre ausgedehnt. Die Mauern standen noch unberührt, aber der Hunger war in die Stadt eingekehrt, bis eine gnädig gewährte Kapitulation den von allem entblößten und ausgemergelten Einwohnern abzuziehen gestattete. Das fünfzig Meilen davon entfernt liegende Singidunum erfuhr ein grausameres Schicksal. Die Gebäude wurden der Erde gleichgemacht und die besiegte Bevölkerung zur Sklaverei und Verbannung verdammt. Nichtsdestoweniger sind nicht einmal die Ruinen von Sirmium noch sichtbar. Die vorteilhafte Lage von Singidunum dagegen zog bald eine neue Kolonie Slaven herbei. Der Zusammenfluß der Sau und Donau wird durch die Befestigungen von Belgrad oder der weißen Stadt bewacht, um welche die Türken und Christen so oft und so hartnäckig gekämpft haben. Von Belgrad bis Konstantinopel mißt die Luftlinie sechshundert Meilen; diese Linie war mit Flammen und Blut bezeichnet. Die Pferde der Avaren badeten abwechselnd im Schwarzen und im Adriatischen Meere. Der römische Papst sah sich daher, aus Furcht vor der Annäherung eines noch wilderen Feindes veranlaßt, die Langobarden als die Beschützer von Italien zulieben. Die Verzweiflung eines Gefangenen, den sein Vaterland auszulösen sich weigerte, verriet den Avaren die Anfertigung und den Gebrauch der Kriegsmaschinen. Aber bei den ersten Versuchen waren sie noch roh gebaut und wurden ungeschickt gehandhabt. Der Widerstand der Bewohner und Soldaten von Diokletianopolis und Beröa, von Philippopolis und Adrianopel erschöpfte bald Kunst und Geduld der Belagerer. Bajan führte den Krieg als Barbar, nichtsdestoweniger war sein Herz empfänglich für menschliche und edle Gefühle. Er verschonte Anchialus, dessen Heilwasser die Gesundheit der geliebtesten seiner Frauen hergestellt hatte, und die Römer selbst gestehen ein, daß ihre hungernde Armee durch den großmütigen Feind mit Lebensmitteln versehen und entlassen worden war. Sein Reich dehnte sich über Ungarn, Polen und Preußen, von der Mündung der Donau bis zur Oder aus. Seine neuen Untertanen wurden durch die eifersüchtige Politik des Eroberers getrennt und in ein anderes Land versetzt. Die östlichen Länder Deutschlands, welche durch die Auswanderung der Vandalen fast unbewohnt waren, wurden von slavischen Kolonisten besetzt; man gewahrt dieselben Stämme in der Nachbarschaft des Adriatischen Meeres wie der Ostsee, und nebst dem Namen Bajans selbst findet man die illyrischen Städtenamen Neyss und Lissa im Herzen von Schlesien wieder. Bei Verteilung seiner Truppen und Provinzen setzte der Chagan die Vasallen, deren Leben er geringschätzte, dem ersten Angriff aus, und das Schwert des Feindes war schon abgestumpft, wenn es die angestammten Avaren selbst traf.

      Das Bündnis mit Persien gestattete den Truppen des Ostens, zur Verteidigung von Europa wegzuziehen und Mauritius, der zehn Jahre lang den Übermut des Chagan ertragen hatte, erklärte seinen Entschluß, selbst gegen die Barbaren zu marschieren. Im Laufe von zwei Jahrhunderten war keiner der Nachfolger des Theodosius im Felde erschienen. Ihr Leben verging in träger Ruhe im Palaste von Konstantinopel, Die Griechen vermochten nicht mehr zu begreifen, daß der Titel Imperator in seinem ursprünglichen Sinne Oberhaupt der Heere der Republik bedeutete. Der würdevolle, schmeichelnde Senat, der furchtsame, abergläubische Patriarch und die in Tränen schwimmende Kaiserin Konstantina widersetzten sich seinem kriegerischen Eifer; sie alle beschworen ihn, die Beschwerden und Gefahren eines skythischen Feldzuges irgend einem Anführer von geringerem Range zu übertragen. Taub gegen ihren Rat und ihre Bitten rückte der Kaiser kühn bis auf sieben Meilen von der Hauptstadt vor; das heilige Kreuzzeichen erglänzte vor der Front, und Mauritius musterte mit stolzem Selbstbewußtsein die Waffen und die Scharen der Veteranen, die jenseits des Tigris gefochten und gesiegt hatten. Anchialus sah das Ziel seines Zuges zu Wasser und zu Land; er flehte ohne Erfolg um ein Wunder in seinen nächtlichen Gebeten; seine Seele wurde durch den Tod eines Lieblingspferdes, durch die Begegnung mit einem wilden Eber, einen Sturmwind mit Platzregen und die Geburt eines mißgestalteten Kindes in Schrecken gesetzt, und er vergaß, daß es das beste Vorzeichen ist, wenn man das Schwert zur Verteidigung des Vaterlandes zieht. Unter dem Vorwande, die Gesandten von Persien zu empfangen, kehrte er nach Konstantinopel zurück, vertauschte die Kriegsgedanken mit Andachtsübungen und täuschte die Erwartung des Volkes durch seine Abwesenheit wie durch die Wahl seiner Stellvertreter. Blinde Parteilichkeit brüderlicher Liebe mochte die Beförderung seines Bruders Petrus entschuldigen, der schmachvoll vor den Barbaren, vor seinen eigenen Soldaten und vor den Einwohnern einer römischen Stadt floh. Wenn wir der Ähnlichkeit des Namens und Charakters trauen dürfen, so war diese Stadt das berühmte Azimuntium, das allein den Weltstürmer Attila zurückgetrieben hatte. Das Beispiel, das ihre kriegerische Jugend gab, feuerte die nachfolgenden Geschlechter an. Ihr wurde durch den ersten oder zweiten Justin das ehrenvolle Vorrecht zuteil, daß ihre tapferen Bewohner stets für die Verteidigung ihrer Vaterstadt aufgespart werden sollten. Der Bruder des Mauritius versuchte es, dieses Recht zu verletzen und eine Patriotenschar unter die Söldlinge seines Lagers zu mengen; jene zogen sich in die Kirche zurück, diese schreckte die Heiligkeit des Ortes nicht. Da erhob sich das Volk für ihre Sache. Die Tore wurden geschlossen, die Mauern bemannt und die Feigheit Peters kam seinem Hochmute und seiner Ungerechtigkeit gleich. Der kriegerische Ruf des Commentiolus ist mehr Gegenstand der Satire oder des Lustspiels als ernster Geschichte, denn es fehlte ihm sogar an der armseligen und allgemeinen Eigenschaft des persönlichen Mutes. Seine feierlichen Kriegsratversammlungen, seltsamen Hin- und Herzüge und geheimen Befehle dienten ihm stets zum Vorwand für irgendeine Verzögerung oder Flucht. Wenn er gegen den Feind rückte, waren ihm die schönen Täler des Hämusgebirges stets eine unübersteigliche Schranke, auf dem Rückzuge aber erforschte er die schwierigsten und unbetretensten Pfade, die kaum der älteste Eingeborene mehr kannte. Das einzige Blut, das er je verloren, wurde ihm während einer wirklichen oder erheuchelten Krankheit mit der Lanzette durch einen Wundarzt abgezapft. Er war so empfindlich, daß er, sobald die Barbaren sich näherten, krank wurde. Aber die Ruhe und Sicherheit der Winterquartiere stellten seine Gesundheit sofort wieder her. Ein Fürst, der diesen unwürdigen Günstling befördern und halten konnte, darf sich aus dessen Amtsgenossen Priscus zufälligem Verdienste keinen Ruhm zuschreiben. In fünf aufeinander folgenden, mit Geschicklichkeit und Entschlossenheit gekämpften Schlachten wurden siebzehntausendzweihundert Barbaren gefangen genommen und nahe an sechzigtausend nebst vier Söhnen des Chagan getötet. Der römische Feldherr überrumpelte einen friedlichen Bezirk der Gepiden, die unter dem Schutze der Avaren schliefen und errichtete seine letzten Siegeszeichen an den Ufern der Donau und Theiß. Seit Trajans Tode waren die Streitkräfte des Reiches niemals so tief in das alte Dazien eingedrungen. Aber der Erfolg des Priscus war vorübergehend und unfruchtbar, und er wurde bald infolge der Besorgnis zurückberufen, daß Bajan mit unerschrockenem Mute und verstärkter Heeresmacht sich anschicke, seine Niederlage unter den Mauern von Konstantinopel zu rächen.

      Man war mit der Theorie des Krieges in den Lagern Cäsars und Trajans nicht vertrauter als in denen Justinians und Mauritius. Das Eisen von Toskana oder Pontus wurde noch immer von byzantinischen Arbeitern gehärtet. Die Magazine waren mit allen Arten von Angriffs- und Verteidigungswaffen reichlich gefüllt. In Bau und Handhabung der Schiffe, Maschinen und Befestigungen bewunderten die Barbaren die überlegene Einsicht eines Volkes, das sie so oft im Felde besiegten. Die Wissenschaft der Taktik, der Ordnungen und der Kriegslisten des Altertums fand sich in den Büchern der Griechen und Römer und wurde aus ihnen studiert. Aber die Verödung und Entartung der Bewohner der Provinzen konnte kein Geschlecht mehr liefern, um diese Waffen zu führen, diese Mauern zu bewachen, diese Schiffe zu steuern und die Theorie des Krieges in kühne und erfolgreiche Praxis zu verwandeln. Das Gebiet des Belisar und Narses war, ohne daß diese Lehrer gehabt hatten, erobert worden und ging verloren ohne Schüler. Weder Ehre, noch Vaterlandsliebe, noch hochherziger Glaube konnten die schlaffen Körper der Sklaven und Ausländer beleben, die den Legionen in ihren Auszeichnungen gefolgt waren; nur im Lager hätte der Kaiser despotisch herrschen sollen, nur im Lager gehorchte man seiner Macht nicht, sondern höhnte sie. Er beschwichtigte und entflammte mit Gold die Zügellosigkeit der Truppen; aber ihre Laster waren eingefleischt, ihre Siege zufällig und ihre kostspielige Unterhaltung erschöpfte das Mark eines Staates, den sie zu verteidigen unfähig waren. Nach langer und verderblicher Nachsicht unternahm Mauritius die Heilung dieses eingewurzelten Übels; aber der unbesonnene Versuch, der

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