Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen
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»Mit Terrasse und Blick auf den See«, erzählte er ihr stolz. »Eine kleine Suite mit allem Komfort für meine Prinzessin«, fügte er mit verschwörerischem Blick hinzu.
*
Ja, wie eine Prinzessin fühlte sich Angela tatsächlich. Wenn sie die Liebe in Christians dunklen Augen las, glaubte sie sogar, reicher als alle Prinzessinnen auf der Welt zu sein.
Kurz vor der Schweizer Grenze klingelte ihr Handy. Sie zuckte unter seinem Ton zusammen, als hätte sie einen Hieb mit der Peitsche erhalten.
»Ich muss abnehmen«, sagte sie mit gepresster Stimme.
Sie wusste sehr gut, wer der Anrufer nur sein konnte. Irgendjemand aus ihrer Familie. Nur den Grund dieses Anrufes konnte sie sich nicht vorstellen. Sie hatte doch alles durchgeplant, alles geregelt. Das Essen war vorgekocht, die Wäsche sauber und gebügelt, Jenny wusste genau, was sie zu tun hatte, und ihre Mutter kannte sich schließlich auch noch im Haus aus.
»Lass es doch klingeln«, hörte sie Christian in ihre innere Not sagen. Zur Bekräftigung legte er ihr seine große Hand aufs Knie. »Bitte, lass nicht wieder zu, dass sie uns stören.«
Völlig hin und her gerissen ließ Angela das Funktelefon klingeln, wobei der schrille Ton an ihren Nerven riss. Er hörte nicht auf.
»Es muss dringend sein«, wandte sie mit einem Seitenblick auf ihren Freund zaghaft ein.
Da setzte Christian den Blinker und fuhr auf den Rastplatz. Das Handy klingelte immer noch. Hastig griff Angela in ihre Tasche.
Tatsächlich. »Home« stand auf dem Display. Ihr Herz hämmerte, die Ader an ihrer Stirn pochte.
»Ja?«, fragte sie ins Mikrofon.
Der Anrufer war ihr Vater, der ihr mitteilte, dass es ihrer Mutter schlecht ginge. Aber dieses Mal wäre es etwas Ernstes, anders als am vergangenen Wochenende, und Dr. Brunner war nicht zu erreichen.
»Dann … Dann musst du den Krankenwagen rufen«, riet sie ihm voll innerer Panik, aber vom Ton her sehr entschlossen.
»Das will sie nicht. Und Jenny kommt erst heute Abend nach Hause. Die hat am Nachmittag in der Schule eine AG.«
Eine Arbeitsgemeinschaft? Davon hatte ihr ihre Schwester nichts erzählt.
»Es würde Mutter sehr beruhigen, wenn du …« Ihr Vater verstummte.
»Ich kann doch nicht wieder umkehren«, erwiderte sie voller Empörung. »Wir sind kurz vor der Grenze.«
Christian war inzwischen ausgestiegen und ging neben dem Auto auf und ab, die Hände in den Jeanstaschen, den Kopf gesenkt. Sie konnte in seinem Gesicht nicht lesen, ahnte aber, was in ihm vorgehen mochte.
»Kannst du das wirklich verantworten?«, fragte ihr Vater sachlich. »Ich weiß, ich kann dich nicht zwingen, aber hoffentlich wirst du dir nicht irgendwann einmal Vorwürfe machen müssen.«
Das war genug gesagt. Angela wusste, dass sie sich genau diese machen würde, falls ihrer Mutter an diesem Wochenende irgendetwas passieren würde.
*
Auf dem Rückweg herrschte eisiges Schweigen im Auto. Christian blickte mit ausdrucksloser Miene auf die Autobahn, fuhr viel zu schnell, bremste viel zu abrupt und wechselte viel zu häufig die Fahrbahnen, was Angela ganz richtig als Zeichen dafür wertete, wie wütend er war.
Ihre Entscheidung, den Kurzurlaub schon nach wenigen Kilometern abzubrechen, zerriss ihr das Herz. Sie ahnte, dass sie dadurch einen Keil zwischen sich und ihren Freund getrieben hatte.
Fast wünschte sie sich, dass es ihrer Mutter tatsächlich so schlecht ging, wie ihr Vater ihr am Telefon berichtet hatte. Dann würde Christian wenigstens einsehen, dass sie mit voller Berechtigung umgekehrt waren.
»Bitte, Christian …«, begann sie nach langer Zeit des tiefen Schweigens. Sie legte die Hand auf seinen Schenkel, der sich dieser durch eine einzige ruckartige Bewegung entzog, woraufhin der Motor kurz aufjaulte.
»Wie können den Urlaub doch nachholen«, sprach sie trotzdem weiter. »Nächstes Wochenende oder übernächstes. Und die Kosten für die Stornierung des Hotelzimmers übernehme selbstverständlich ich.«
Es vergingen viele Sekunden, die Angela wie Minuten erschienen, bis Christian endlich ruhig, ja, sogar sehr gelassen sagte: »Du verkennst die Situation völlig. Und du bist zu schwach, um dich dagegen zu wehren. Sei sicher, dass deine Mutter dir fröhlich entgegenlachen wird, wenn du zu Hause ankommst.«
»Das glaubst du doch selbst nicht!«, rief sie wütend und hilflos zugleich aus. »Du unterstellst meinen Eltern, mich durch einen Trick, durch eine Lüge, an sie zu binden, aber so sind sie nicht. Du kennst sie doch gar nicht.«
»Claudia hat mir erzählt, wie es bei euch zu Hause zugeht. Sie kennt dich schließlich schon seit ein paar Jahren, und du hast immer dein Herz bei ihr ausgeschüttelt.«
Zwei, drei Lidschläge lang wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Zumal ja ganz tief in ihr der gleiche Verdacht nistete, den ihr Freund gerade in Worte gefasst hatte.
»Claudia … Die weiß auch nicht alles«, sagte sie schließlich voller Zorn. »Außerdem passt es mir nicht, dass du mit ihr über uns sprichst. Ich finde, unsere Beziehung ist eine Sache zwischen dir und mir.«
»Ich bespreche mich nicht mit meiner Cousine über unsere Beziehung, sondern über die zwischen dir und deinen Eltern, über die du deine Freundin jahrelang auf dem Laufenden gehalten hast. Ich wollte von Claudia nur erfahren, was das für eine Bindung ist. Es hat nämlich schon Paare gegeben, deren Liebe an deren Eltern gescheitert ist.«
»Wie es gerade aussieht, wird unsere wohl auch daran scheitern«, gab sie spitz zurück.
»Nicht an meinen Eltern«, meinte Christian gelassen. »Sie würden dich lieben und respektieren. Eher an deinen.«
»An meinen genauso wenig«, verteidigte sie wider besseres Wissen ihre Eltern.
»Dann vielleicht an mir, wenn du nicht einsiehst, dass du dich aus diesen engen, völlig unnatürlichen Fesseln lösen musst, um beziehungsfähig zu werden«, lautete Christians ruhige Antwort.
»Wenn du damit meinst, dass ich nicht mehr für meine Eltern da sein soll, wenn es ihnen schlecht geht, könntest du recht haben«, schnappte sie zurück.
Danach schwiegen sie wieder. Als sie vor Christians Haus ankamen, stiegen sie aus, sahen sich an, standen sich gegenüber wie zwei steinerne Statuen.
Es gelang Angela nicht, Christians Gesichtsausdruck zu deuten. Würde er sie fahren lassen, ohne ihr irgendein Zeichen der Versöhnung zu geben? Ein Wort hätte genügt, und sie hätte sich in seine Arme gestürzt. Er war ihr so nahe, dass sie sah, wie sich seine Brust mit jedem Atemzug hob und senkte, und doch hatte sie das Gefühl, er wäre unendlich fern von ihr. Tränen verschleierten ihren Blick. Sie senkte den Kopf.
»Ich liebe dich.« Sie musste es sagen.