Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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nun im Raum. »Es könnte vielleicht tatsächlich sein, dass sie sich ihm in ihrer Verzweiflung anvertraut an«, sagte Monika mit zitternder Stimme.

      »Ihn rufe ich jetzt zuerst an«, beschloss Axel Häferle.

      *

      Die Brunners hatten draußen gesessen und gerade die Sternenbilder am Himmel betrachtet, als das Telefon klingelte. Jetzt war der Landarzt aus dem Flur zurück und erzählte seiner Frau, wer angerufen hatte.

      »Herr Häferle will unseren Wachtmeister benachrichtigen. Der hat einen ausgebildeten Schäferhund. Ich habe Angelas Vater zugesichert, dass ich in einer Viertelstunde bei ihnen bin und mich mit Lump an der Suche beteilige.«

      Da sprang Ulrike auf. »Ich gehe auch mit. Wir brauchen genügend Taschenlampen.«

      »Wir haben die Spots für die Treibjagd, die leuchten das Gelände meilenweit aus«, sagte Matthias. »Übrigens, Christian Kofler kommt auch. Er hat sich ebenfalls Sorgen um Angela gemacht.«

      »Hoffentlich ist dem Madel nichts passiert«, murmelte seine Frau, als sie sich nebeneinander im Flur die Jacken überzogen. »Soll ich dir was sagen?« Sie hielt in der Bewegung inne und sah ihren Mann mit blitzenden Augen an. »Vorausgesetzt, Angela taucht wohlbehalten wieder auf, gönne ich den Häferles diese Aufregung von Herzen. Vielleicht trägt dieser Abend dazu bei, dass sie endlich zur Vernunft kommen und einsehen, was sie alles falsch gemacht haben.«

      Der Landdoktor musste lachen. »Ich wusste gar nicht, dass du so herzlos und brutal bist.«

      »Ist doch wahr«, knurrte da sein Lockenköpfle.

      *

      Zehn Minuten später traf sich der private Suchtrupp auf dem Tankstellengelände. Christian stand bei den Häferles, als würde er zu ihnen gehören. Die Sorge um das Verschwinden der geliebten Frau und Tochter hatte alle auf den ersten Blick zu Verbündeten gemacht. Die vier waren mit Taschenlampen ausgestattet. Hauptwachtmeister Kruse, ein behäbiger Endfünfziger mit Bauch und blauen flinken Äuglein, die sich tief in den vollen rot geäderten Wangen versteckten, hielt seiner Hündin Senta gerade ein Shirt von Angela vor die Nase, als Matthias und seine Frau zu der kleinen Truppe stießen.

      »Sie bleiben aber lieber hier«, sagte der Landdoktor zu Angelas Mutter. »Denken Sie an Ihr Knie.«

      »Das muss mein Knie aushalten«, erwiderte Monika forsch, was Ulrike Brunner zu der leisen Bemerkung verführte: »Na also, es geht doch.«

      »Hat Angela hier in der Gegend irgendeinen Lieblingsort?«, erkundigte sich Christian Kofler bei ihren Eltern. »Vielleicht hat sie sich dorthin zurückgezogen, um erst einmal Ruhe zu haben.«

      Die Häferles sahen sich fragend an.

      »Nicht, dass ich wüsste«, meinte Axel schulterzuckend.

      »Meine Schwester hat mir mal erzählt, dass Mama früher, als ich noch nicht auf der Welt war, mit ihr immer zu einem kleinen Holzhäuschen spaziert ist und ihr dort Geschichten von Hexen und Trollen aus dieser Gegend erzählt hat«, sagte Jenny jetzt atemlos.

      »Ja, das Häuschen oberhalb des Wasserfalls«, erinnerte sich Monika erstaunt. »Aber ich glaube nicht …«

      »Zweifel und Unentschlossenheit sind jetzt völlig unangebracht«, wies ihr Mann sie energisch zurecht. »Das ist ein Hinweis, dem wir nachgehen müssen. Außerdem liegt der Wasserfall hier in der Nähe. Fangen wir mit der Suche dort erst einmal an.«

      »Ein guter Plan«, stimmte ihm Wachtmeister Kruse zu.

      »Gib mir mal Angelas Shirt«, bat Matthias Brunner ihn. Die beiden kannten sich auch. »Lump soll ebenfalls eine Nase voll bekommen. Er ist ein ausgebildeter Jagdhund.«

      »Meine Senta ist aber ein vielfach prämierter Suchhund«, trumpfte Kruse auf, der nichts über seine Amtsautorität in dieser Sache kommen lassen wollte.

      Trotzdem reichte er dem Landarzt das Shirt.

      »Können wir?«, fragte Christian voller Ungeduld.

      Daraufhin setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung. Von der Landstraße aus sah man jetzt nur noch helle Scheinwerfer und kleinere Lichter, die über die feuchte Wiese geisterten. Dann wurden sie vom schwarzen Wald verschluckt.

      *

      Die kleine Gruppe streifte beiderseits des Weges durch den Wald, zu dem sie Senta geführt hatte. Der Schäferhund hatte die Nase vorn, Lump lief hinter ihm her. Er tat sein Bestes, aber sein Herrchen hatte ihn nun einmal auf den Schweißgeruch des Wildes abgerichtet und nicht auf den Parfümduft eines Menschen, was Wachtmeister Kruse nicht ohne Triumph in den flinken Äuglein registrierte.

      Dann erreichten sie das obere Ende der Klamm. Senta blieb stehen, wirkte orientierungslos. Nun schien Lump seine Chance zu wittern. Er bellte auf, zerrte sein Herrchen auf dem Fußsteig am Hang der Schlucht entlang bergab. Auf der Mitte des Weges blieb er stehen und kläffte in die Tiefe. Alle waren ihm gefolgt.

      »Da, seht mal, dort am Hang liegt ein Rehkitz!«, rief Kruse aus. »Das hat Lump gerochen.«

      Plötzlich begann Senta zu bellen. Jeder hielt den Atem an.

      »Hier, der Weg …!«, rief Christian Kofler und leuchtete auf die Stelle, wo ein Stein weggebrochen war.

      »Da unten! Das ist doch Angela!«, schrie Jenny.

      Ihr Echo schallte unheimlich von den Wänden zurück.

      Jetzt sahen alle die zierliche Gestalt, die wie eine weggeworfene Puppe auf den Steinblöcken lag.

      »Sie hat sich das Leben genommen«, sagte Monika Häferle und begann zu wanken.

      Christian konnte sie gerade noch auffangen. Doch er hielt sie nicht lange fest, sondern drückte die Bewusstlose dem Wachtmeister in die Arme. Dann kletterte er in die Tiefe.

      »Seien Sie vorsichtig!«, rief der Landarzt ihm nach. »Ich rufe die Bergwacht an.«

      *

      Nach ein paar Metern hörten die Möglichkeiten zum Klettern und Festhaken auf. Christian musste springen, wenn er zu Angela kommen wollte. Sein Herz hämmerte, sein Puls pochte, nicht etwa vor Anstrengung oder gar Angst um seines eigenes Leben, sondern vielmehr aus Panik um die geliebte Frau. Wie er aus der Entfernung im Schein der Taschenlampe sehen konnte, hatte sie die Augen geschlossen. Sie schien ohnmächtig zu sein. Oder etwa tot?

      Ohne lange zu überlegen, sprang er ab und landete punktgenau neben Angela auf dem Steinbrocken. Er kniete sich neben sie, nahm ihr Handgelenk und atmete auf. Unter ihrer zarten Haut konnte er ihr Blut pochen spüren. Sie lebte also. Mit Sicherheit war sie jedoch verletzt.

      »Sie lebt!«, schrie er zu den anderen hinauf, woraufhin sich Monika, ihr Mann und deren Tochter in die Arme fielen.

      Auch in seiner Kehle regte sich ein lauter Schluchzer. Angela lebte. Nur das zählte erst einmal.

      »Bewegen Sie sie nicht«, gab ihm der Landarzt von oben Anweisung. »Sie könnte am Rücken verletzt sein. Ich steig jetzt zu Ihnen hinunter.«

      »Alles klar«, rief Christian zurück. Dann ging er neben der geliebten Frau auf die Knie, beugte sich über sie.

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