Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen
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Das hübsche Gesicht der Schwarzhaarigen verzog sich zur besorgten Miene.
»Das ist ein Problem, das ich natürlich auch sehe. Ich dachte daran, Flyer zu verteilen. Vielleicht im Touristenbüro, in Hotels und Pensionen.«
»Da kommt mir gerade eine Idee.« Matthias rieb sich die Stirn, bevor er weitersprach. »Eine Idee, die Sie möglicherweise umsetzen könnten. Unser alter Apotheker hat gerade sein Geschäft in junge Hände übergeben. Der neue Apotheker will das Sortiment erweitern. Nehmen Sie zu ihm Kontakt auf. Wie heißt er noch mal?« Er sah seine Frau fragend an.
»Dr. Thomas Brandler«, wusste die Landarztgattin.
»Vielleicht kann Dr. Brandler ein paar Produkte aus Ihrem Sortiment bei sich aufnehmen«, sprach Matthias weiter.
»Stimmt.« Ulrike Brunner nickte. »Es ist immer gut, mehrere Vertriebsschienen zu haben, besonders, wenn man in einem so kleinen Ort wie unserem noch unbekannt ist.«
»Und unser Bauernmarkt in Kürze«, fiel Matthias ein. »Dort sollten Sie unbedingt mit einem Stand vertreten sein. Er ist stets gut besucht.«
»Danke, ich werde mir Ihren Rat zu Herzen nehmen«, erwiderte Claudia sichtlich dankbar für so viel Interesse an ihrer Person und ihrer Geschäftsidee. Wieder hinderte sie ein mehrmaliges Husten daran weiterzusprechen.
»Wissen Sie was? Kommen Sie doch in den nächsten Tagen zu uns zum Kaffee«, lud die Landarztfrau sie mit herzlichem Lächeln ein. »Dann können wir uns noch einmal in Ruhe unterhalten. Hier unter den vielen Leuten bei der lauten Musik …«
Nur zu gern nahm die junge Frau diese Einladung an. Vielleicht würde der neue Apotheker aus Ruhweiler gegenüber den Naturheilmitteln etwas positiver eingestellt sein als ihr ehemaliger Chef. Falls ja, dann konnte sie womöglich einen Verbündeten für sich gewinnen; andernfalls musste sie ihn als Konkurrenten betrachten. Sie war jedenfalls wild entschlossen, ihre Idee gegen jeden Widerstand in die Tat umzusetzen.
*
Claudia sah sich nach beiden Seiten um. Nun war sie schon zum vierten Mal im Ruhweiler Tal. Dieses Mal, um zu bleiben.
Wie bei ihren ersten Besuchen kam es ihr so vor, als wäre hier die Zeit stehen geblieben. In dem beschaulichen Ort schienen die Uhren noch langsamer zu laufen als anderswo auf der Welt. Kein lärmender Straßenverkehr, keine laute Betriebsamkeit zerrissen die friedliche Stille auf der Landstraße, die zu beiden Seiten schmucke Bauernhäuser säumten. Sie lagen in blühenden Wiesen. Schafgarbe, Hahnenfuß und Wiesenschaumkraut überhauchten die sattgrünen Flächen mit Gelb, Grün und Lila. Über ihnen erhoben sich dunkelgrüne Wälder. Sie zogen sich bis in das helle Blau des Himmels hin. Die Leute auf der Dorfstraße bewegten sich im gemächlichen Tempo, eilten nicht hektisch mit gesenktem Kopf durch die Gegend wie in Freiburg.
Langsam fuhr sie an dem kleinen Marktplatz vorbei, an der weißen Kapelle mit dem Zwiebelturm, auf dessen Spitze der goldene Wetterhahn wie ein Willkommensgruß für sie in der Abendsonne aufblinkte. Hinter der Kirche gab es einen Gasthof, ihm gegenüber, zwischen Apotheke und Fleischerei, einen Blumenladen sowie ein Café.
Claudia musste wieder husten.
Nun gut, in der klaren Luft hier droben würde ihr hartnäckiger Husten, dem sie schon seit Längerem mit Kamille- und Pfefferminzdampfbädern, Einreibungen mit ätherischen Ölen sowie Hustentropfen aus Thymian und Primeln zu Leibe rückte, bald der Vergangenheit angehören.
Ihr ging das Herz auf, als sie hinter dem Ortsausgangsschild das Haus in den Wiesen liegen sah. Ihr neues Zuhause, ihre zukünftige Arbeitsstätte.
In das kleine ehemalige Bauernhaus mit dem tief gezogenen Schindeldach hatte sie sich auf den ersten Blick verliebt. Es gehörte einem Bekannten von Dr. Brunner, einem sympathischen älteren Herrn, der in Baden-Baden in einer Seniorenresidenz lebte und von ihrer Geschäftsidee sehr angetan gewesen war. Da sich ihr Traum so schnell verwirklicht hatte, sah sie ihre Zukunft unter einem guten Stern stehen.
Sie parkte vor dem hölzernen Gartentor und stieg aus. Sofort musste sie wieder husten.
So viel klare Luft war sie gar nicht mehr gewöhnt, dachte sie belustigt, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.
Sie schaute hoch zu dem unendlich weiten Himmel, der türkisfarben zwischen den Fichten hervorblitzte. Roséfarbene Wolken segelten an ihm dahin. Welch eine Idylle! Stille umfing sie. Keine Totenstille, nein. Eine lebendige Stille, begleitet vom leisen Rauschen der Tannen. In einem der Kirschbäume vor dem Haus saß auf dem untersten Zweig ein Rotkehlchen, legte neugierig das Köpfchen schief und beobachtete sie aufmerksam mit blitzenden schwarzen Äuglein.
Lange blieb sie so stehen, immer noch voller Unglauben darüber, dass dieser wunderschöne Ort ihr neues Zuhause sein sollte. Obwohl sie sich der großen Aufgabe bewusst war, die hier auf sie wartete, fühlte sie sich innerlich leicht und frei.
Während sie dieses Gefühl genoss, schob sich von links eine Gestalt in ihr Blickfeld. Ein einsamer Jogger auf dem Wiesenweg.
Er war groß und kräftig gebaut und lief mit langen kraftvollen Schritten auf sie zu. Der Läufer schien sie bis jetzt noch nicht entdeckt zu haben. Er hielt den Kopf gesenkt. Dann verlangsamte er seinen Lauf und blieb schnaufend stehen, etwa fünf Meter von ihr entfernt. Er stützte die Hände auf die Knie. So verweilte er in gebückter Haltung ein paar Atemzüge lang. Sein blondes Haar hing ihm in die Stirn. Nun schien er sich beobachtet zu fühlen. In gebeugter Haltung hob er plötzlich den Kopf und sah geradewegs in ihre Richtung. Sein Gesicht war sonnengebräunt und vom Laufen gerötet. Es war ein männliches Gesicht mit markanten Zügen, ausgeprägter Nase und kantigem Kinn. Jetzt zeigte sich auf ihm ein Lächeln, das durch die schneeweißen Zähne noch strahlender wirkte.
Der Jogger richtete sich zu voller Größe auf und kam auf sie zu. Sie sah in zwei tiefblaue Augen. Ihre Blicke trafen sich. Der Augenblick zog sich in die Länge. Dann räusperte sich der Fremde, strich sich mit beiden Händen das feuchte Haar aus der Stirn.
»Hallo«, begrüßte er sie.
»Hallo«, antwortete sie und lächelte zurück.
»Sieht so aus, als wäre meine Kondition auch mal besser gewesen«, meinte er und lachte sie jungenhaft an.
»Ich finde sie ganz gut«, erwiderte sie. »Mir würde schon nach den ersten Metern die Puste ausgehen.«
Sie wunderte sich, dass sie diesem Fremden derart offen entgegentrat. Normalerweise verhielt sie sich solch attraktiven Burschen gegenüber eher zurückhaltend. Aber dieser Typ strahlte etwas aus, das sie in seinen Bann zog. Seine Natürlichkeit, die Selbstverständlichkeit, wie er sie angesprochen hatte, machten ihr Lust darauf, sich mit ihm zu unterhalten. Sie spürte geradezu, wie sich ihr Herz öffnete.
Oder mochte dieses Gefühl nur an diesem besonderen Ort liegen, an dem sie sich beide befanden?
»Machen Sie hier Urlaub?«, erkundigte er sich.
»Nein.« Sie lachte. »Ich werde hier wohnen. Ich habe das Haus gemietet und bin gerade angekommen. Der Umzugswagen folgt erst morgen.«
»Schön haben Sie es hier«, meinte er mit anerkennender Miene.
»Leben