Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри

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Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen &  Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри

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Sie sah ihn an, und ihre Augen veränderten sich. Sie ließ sich hinausführen. Er begleitete sie an den Wagen. Der Diener legte ihr den Mantel wieder um. – Da schien sie wie aus einer Erstarrung zu erwachen. Sie blickte ihn an, daß dem Professor eiskalt wurde vor der Wildheit in den Augen. Dann warf sie ihren Kopf auf, ihre Augen glitten an ihm herunter wie an einem ekelhaften Insekt. Sie stieg ein und der Wagen fuhr davon.

      Der Professor stand im Schloßhof und schaute ihr nach. Dann ging er hinein ... Rosmarie streckte ihm die Hand entgegen: »Es geht mir schon besser, fühlen Sie und sagen Sie meinem Mann, daß er es glaubt.«

      Der Krampf war vorüber ...

      Am Abend bat der Professor den Grafen: »Sorgen Sie doch, daß die Fürstin nicht so bald wieder kommt. Ich habe den deutlichen Eindruck, daß der Besuch die Frau Gräfin aufgeregt hat. Die Damen lieben sich wohl nicht.«

      Harro sagte: »Nein, durchaus nicht. Es war mir nicht recht, daß sie hereinkam. Doch hätte ich sie wohl nicht abhalten können, wenn sie endlich etwas Teilnahme zeigen wollte. Aber Sie werden wohl recht haben. Meine Frau hat zuzeiten eine unerklärliche Angst vor ihr.«

      »Sie dürfen es durchaus nicht mehr dulden, Herr Graf.«

      Harro sah ihn an. Erstaunt, fast ein wenig befremdet.

      Der Professor dachte: »Wie kann der Mensch doch nur so ahnungslos sein. Das sah doch dem Weib aus den Augen: wie die auf ihr Opfer schaute, aber er hat sie gar nicht angesehen.« Dann sagte er: »Die Fürstin ist krank, sehr krank. Sie darf nicht im Land herumfahren, sondern gehört in eine Nervenheilanstalt.« »Die Fürstin krank? Ja, ich bitte Sie! Sie ist immer kerngesund gewesen. Bis auf einen Punkt. Aber der ist erledigt.« »Nein, Herr Graf. Ich rede Ihnen nicht darein, ob Tempera oder Öl, aber was mein Geschäft anbetrifft ...«

      »Gewiß, Herr Professor. Ich bin nur erstaunt ... Kein Mensch ahnt etwas. Mein Schwiegervater sagte mir allerdings, sie sei erregt gewesen.«

      »Ein Blick genügte mir. Die Augen. Doch Sie haben sie gar nicht angesehen.«

      »Nein, ich allerdings nicht.«

      »Die Unruhe. Keine Sekunde hielt sie Ruhe! Das Rauschen müssen Sie doch gehört haben. Sorgen Sie jedenfalls für eine Pflegerin. Sie allein herum fahren zu lassen, ist geradezu ein Frevel. Ich will der Fürstin nachfahren und ihr einen Besuch machen. Sagen Sie es Seiner Durchlaucht. Dann will ich mit dem Hofrat eine Konsultation haben. Sagen wir, bis acht Uhr schicken Sie den Fürsten heim und bereiten ihn vor.«

      »Wir sind Ihnen sehr dankbar, Herr Professor, Sie glauben doch, daß bei meiner Frau der Anfall überwunden ist? Sie darf nichts wissen von dem, was wir jetzt reden, nicht wahr?«

      Märt kutschierte den Herrn Professor hinüber. Den sichersten Kutscher hatte der nicht. Es war gut, daß er nicht ahnte, was in dem Dickschädel da vor ihm vorging.

      Der Kammerdiener bedauerte; »Ihre Durchlaucht empfängt heute niemand mehr.«

      »Haben Sie meine Karte abgegeben?«

      »Ihre Durchlaucht bedauerte sehr.«

      »Ich bedaure auch sehr,« sagte der Professor, schob den erstarrten Menschen einfach hinweg und ging hinein. Der wagte nicht nachzugehen. Die Fürstin ging auf ihn zu: »Was erlauben Sie sich, mein Herr.«

      »Ich komme im Auftrag der Herrschaften drüben. Ich habe mit Bedauern gesehen, daß Durchlaucht sich in einem so hochgradigen nervösen Zustand befinden und komme nun, um meine Dienste anzubieten.«

      »Ich brauche Sie doch gar nicht. Ich bin gesund.«

      »Durchlaucht müssen mir da meine eigene Meinung gestatten. Ich habe Eure Durchlaucht heute morgen schon gesehen und habe es wahrgenommen.« »Heute morgen?«

      »Durchlaucht haben mich nicht gesehen. Durchlaucht waren auf der Römerwiese, dort wo der kleine weiße Pfahl ist. Durchlaucht schossen danach...«

      An der hohen Dame rauscht plötzlich nichts mehr... Sie ist wie eine Statue. Ihr gemaltes Gesicht, weiß, rosig und bläulich unter ihren gelockten Haaren, ist wie das einer Meduse. Sie sinkt in ihren Stuhl. Die Flammen, die vielen Flammen, krachend schießen sie über ihr zusammen... Wie gelähmt ist ihr Denken, die Faltenaugen bohren sich in sie hinein und lähmen ihr den Willen .... Der Herr Professor wendet kein Auge von ihr. Dann redet er weiter. »Durchlaucht bedürfen durchaus der Ruhe, einer längeren Ruhezeit. Ich werde mit dem Herrn Hofrat reden, ob es besser hier im Hause zu machen ist, die vollständige Ruhe meine ich, oder ob Durchlaucht eine Heilstätte aufsuchen sollten. Ich wäre ja für das letztere.«

      Die Fürstin fährt auf, unter dem Blick sinkt sie aber wieder zurück.

      »Durchlaucht haben schon länger sehr schlechten Schlaf. Durchlaucht gebrauchen ein Schlafmittel.«

      »Lassen Sie die Komödie,« zischt sie.

      »Es ist gar keine Komödie. Das nervöse Zucken in den Füßen, die Unruhe, die entsetzlichen Träume..., das Angstgefühl wie jetzt eben. Ich fühle mich nicht berufen, der Justiz irgendwie Amateurdienste zu leisten. Ich bin Arzt, und als solcher suche ich der Familie, die mir die Ehre ihres Vertrauens schenkt, zu dienen. Ganz besonders der jungen Gräfin Thorstein in ihrem schweren Leiden. Sie sind gefährlich, Frau Fürstin. So wenig ich einen Pockenkranken herumlaufen ließe, sondern sorgte, daß man ihn verpflegt und acht gibt, daß er seine Krankheit nicht verbreite, ebensowenig werde ich dulden, daß Durchlaucht länger im Land herumfahren und über Wiesen knallen. Und das schwere, mit so heldenhafter Geduld getragene Leiden auch noch durch Ihre Gegenwart vermehren.«

      Da fuhr sie auf wie eine Schlange.

      »Sie können mir nichts beweisen... Gar nichts können Sie beweisen... Ich war in der Kreuzklinge mit dem alten Christian...«

      »Auf Kreuzklingen lasse ich mich nicht ein. Sie schlagen nicht in mein Metier. Aber daß Durchlaucht krank sind, das werde ich beweisen. Lassen Durchlaucht sich einmal von dem Hofrat den Puls fühlen und die Herztätigkeit behorchen und fragen Sie ihn, warum Sie die Füße keine Sekunde ruhig halten können.«

      »Ich will den Hofrat nicht, ich...«

      »Es kommt nun darauf an, ob Durchlaucht sich fügen wollen, oder ob Durchlaucht mich zwingen, von unserer Begegnung auf der Römerwiese dem Grafen Thorstein Mitteilung zu machen. Ich möchte, wenn irgend möglich, jetzt noch den Fürsten schonen. Auch als Arzt.«

      Da bricht sie zusammen. Sie schlägt die Hände vor das Gesicht und wirft sich auf ihre Chaiselongue. Da geht der Herr Professor hinaus.

      Es kommt der Herr Hofrat, und die Herren konsultieren länger. Von der Römerwiese sprechen sie nicht. Es ist aber sonderbar, daß der Herr Hofrat den Professor sofort versteht, als er sagt:

      »Es muß absolut verhindert werden, daß die Fürstin herum fährt, geht oder reitet, oder schießt. Diese ihre Besuche schaden der jungen Gräfin.« Aber die Konsultation greift den Herrn Hofrat so an, daß sein Kollege warten muß, bis er sich gefasst hat.

      Seltsam, wie schnell, wie rasend schnell alles geht. Um acht Uhr ist der Professor schon wieder zurück, hat sich über der jungen Gräfin Puls gefreut, und er und Harro haben den Fürsten zwischen sich genommen und haben ihn so schonend als möglich davon benachrichtigt, daß die Fürstin krank sei. Der Fürst ist dankbar, und keinem der beiden Herren ist es verborgen, daß er erleichtert ist.

      Es

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