Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри

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Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen &  Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри

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rief: »Er war auch ein Herrgottsnarr! Überläßt seine Frau den Pfaffen, daß die... es würgt mich ordentlich. Ich rate dir, Hänschen, laß nie einen Pfarrer in deinen Garten sehen, wenn du einmal verheiratet bist. Auch den allerbesten halte in einiger Entfernung. Sie bekommen gleich eine Macht... unheimlich...«

      »Nun, Harro, du kannst nicht klagen. Dein Herr Stiftsprediger mit seinen schönen Liedern, seinen kurzen Besuchen.«

      »Er ist ein weißer Rabe, Hänschen, und seinesgleichen gibt es nicht noch einmal. Im allgemeinen wird mein Spruch doch zu Recht bestehen. Es hat mich erschüttert. Er hat mir eine alte schauerliche Geschichte erzählt. Und die nicht wie eine andere ist, sondern die das Unheimliche an sich hat, daß sie nicht nur Menschen meines Blutes betroffen hat, sondern daß ich mir diese Menschen so genau vorstellen kann. Ich kenne sie ja und weiß, wie sie da vor dem harten Mann auf dem Lindenstamm auf ihren Knien liegt und die Steinplatten mit ihren Tränen benetzt. Gott, wie ist sie nur auf ihre armen Knie gekommen und allein wieder auf, denn der alte Mann berührt sie doch nicht, weil die Hände einem den Willen abschmeicheln können.«

      »Ich glaube, der Herrgottsnarr wird sie aufgehoben und getröstet haben,« sagte Hans Friedrich, »und gesagt: Laß den alten Kirchenschlüssel, du findest die Himmelstür allein!«

      »Hans, wie kommst du auf den Kirchenschlüssel?«

      »Es steht auf einem der Blätter hinten mit seinem roten Stift geschrieben.«

      »Dann sehe ich auch bereits schon Geister oder vielmehr höre sie, – und nun werde ich das Bild doch noch malen!«

      Einundfünfzigstes Kapitel.

       Die Überraschung

       Inhaltsverzeichnis

      Und eines Abends vertraut dem Harro der Fürst: »Die Aufführung ist anberaumt auf den zehnten Oktober. Wir haben es doch so weit gebracht, sollen wir es deiner Rose sagen oder nicht? Nur der eine Tag war möglich, bis so viele Köpfe unter einen Hut gebracht wurden. Und die Sängerin ist endlich gefunden. Dein Freund verzweifelte schon daran. Sie soll noch sehr jung sein, ihr Können noch nicht auf der Höhe, dagegen eine herrliche Stimme von großem Umfang, sonst hätten alle Sopransoli verändert, verdorben werden müssen. Nun sagen wir es der Rose, oder sagen wir es nicht? Sie ist jetzt schon so musikselig, sie überfreut sich am Ende.«

      »Das letztere ist sicher, Vater,« seufzte Harro. »Sie wird sich überfreuen. Vielleicht schon in Gedanken... Und wenn es geschieht, mußt du es sagen, Vater. Es ist dein großartiges Geschenk.«

      »Lieber Harro, ohne deinen Freund wäre es unmöglich gewesen.«

      Sie entschlossen sich, noch abzuwarten und Harro ging in den alten Fürstenstand, um zu untersuchen, wie man Rosmarie unterbringen könne. Und man fand alles sehr günstig. Die Loge angesichts der Orgel am andern Ende, der große Warteraum daneben, der zu einer Treppe führte, die ins Freie ging. So konnte Rosmarie jederzeit fortgebracht werden, ohne daß die Feier gestört worden wäre. Ganz still konnte man verschwinden. Von dem Schiff aus konnten die Leute nicht hereinsehen, nur von der weiter entfernten Orgel aus war es möglich. Das war alles sehr günstig, und Harro wurde hoffnungsvoller. Er sah sich die altersbraune Kirche mit ihren Epitaphien und Grabmälern an, sie hatten seit vielen Jahrhunderten hier ihre letzte Heimat, die Braunecker. Dort wo seine Schritte so hohl hallten, schliefen die beiden, die Heilige und ihr Narr. Der Gedanke tat ihm sehr wohl, daß nun über die Grabstätte die Töne ihrer Lebenslieder hallen würden. Es kamen ihm allerhand Gedanken, und darunter einer, der ihn plötzlich in wilder Flucht aus der Kirche jagte. Er mußte lange im Park auf und ab gehen, bis er sich wieder seiner Rose zeigen konnte.

      Die Aufführung kam näher, ganz Brauneck und Umgebung sprach von nichts anderem. Das Städtchen rüstete sich wie zu einem Fest, die Wirte schmunzelten. Fräulein Berger verdoppelte sich selbst, denn die Solisten sollten alle als Gäste des Fürsten im Schlosse wohnen.

      Nur die allein, der zu Ehren alles dies getan wurde, wußte nichts davon. Harros Bild war fast vollendet bis auf das Gesicht der Gisela. Stöße von Skizzen hatte er dafür gemacht und sie vor der Rose liegen lassen, aber zu allen hatte sie geschwiegen, bloß die Haltung und das nur angedeutete Haar fand ihre Zufriedenheit. Jeden Tag ging sie ihren gleichen schweren Gang, und es schien, als ob die Fürstin, wenn möglich, noch schärfer und aggressiver würde. Oder schien es Marga nur so, weil die Rose immer müder wurde? Sie weinte auch nicht mehr, aber es war, als ob es ihr zu trostlos werde, um weinen zu können.

      Und heute sieht sie die Fürstin mit ihren großen sanften Augen so schmerzvoll an, daß Tante Marga unruhig wird. Und plötzlich fühlt diese Rosmaries Blick auf sich.

      »Bitte. Tante Marga, ich möchte einen Augenblick mit Mama allein sein.«

      Einen Augenblick zaudert sie, dann geht sie zur Türe.

      Da erhebt sich Rosmarie und geht auf die Fürstin zu. Und nun – wenn das Harro gesehen hätte! – sank sie auf ihre Knie vor ihr und führte die eiskalte Hand der Fürstin an ihr Herz.

      »Mama,« flüsterte sie, »fühlst du das... ich werde nicht mehr oft kommen... O Mama, und nun wirft du so allein sein in deinem Leiden! Warum stoßest du dir den Stachel immer weiter ins Herz!«

      Die Fürstin zuckte unaufhörlich zusammen.

      »Laß mich,« ächzte sie, »ich will deine Hände nicht, ich will dein Mitleid nicht und deine frommen Redensarten, ich hasse dich... ich verfluche dich. Du mußt sterben, und wenn du tot bist, dann werde ich befreit sein.«

      Rosmarie erhob sich sehr mühsam und ging hinaus. Am Abend sagte sie zu ihrer Mutter Ulrike: »Uli, heute habe ich bei Mama wieder alles verdorben, was ich bis jetzt getan habe. Ich habe dem Herrn Stiftsprediger nicht gehorcht und habe, obgleich er es mir verboten hat, doch zuerst von unserem Jammer, meinem und Mamas, gesprochen. Nun ist mir, wie wenn ich erst vom Goldhaus gekommen wäre. Ich muß von vorne anfangen. Ich bin so traurig, daß ich nicht einmal weinen kann.«

      Ulrike machte keine Trostversuche. Sie sagte: »Wenn du eine andere Methode anwenden wolltest...!«

      Aber davon will die Rose nichts hören. Und am nächsten Tag geht sie wieder hinauf. Heut kann sie die paar Schritte nicht gehen, sondern Märt und die Schwestern tragen sie herein.

      Aber mit der Fürstin ist eine schreckliche Veränderung vor sich gegangen. Sie ist weiß und wie von einer schrecklichen Angst gequält. Sie erwidert den Gruß der Tochter ohne jede schlimme Bemerkung. Sie wendet sich an die Marga: »Ich will allein mit ihr sein.« Und diesmal geht Marga sofort.

      »Rosmarie,« sagt die Fürstin mit unterdrückter Wildheit. »Du, du hast es getan, du hast mit deinem Mann geredet, du wirst es tun, du – – –«

      »Nein, ich werde es nicht tun, Mama.«

      »Wie lange nicht?«

      »Ich sehe keinen Grund ein, warum er es wissen müßte.«

      »Du hast dir das ausgedacht, mich zu foltern, du hältst immer das Schwert über mich, jeden Tag kannst du es fallen lassen. Du weißt das, und daß du nichts Schrecklicheres ersinnen könntest.«

      »Mama, dein Herz ist noch kränker als das meine. Ich habe meinem Mann nichts davon gesagt, weil ich weiß, daß es ihn sehr schmerzlich treffen würde, das alles... und er leidet genug.«

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