Das Nibelungenlied. Anonym

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Das Nibelungenlied - Anonym

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Von Ortwein und Hagen wurden Wunder viel gethan.

      Was man zu üben wünschte, dazu sah man bereit 313

       In völligem Maße die Degen kühn im Streit.

       Da machten vor den Gästen die Recken sich bekannt;

       Es war eine Zierde König Gunthers ganzem Land.

      Die lange wund gelegen, wagten sich an den Wind: 314

       Sie wollten kurzweilen mit des Königs Ingesind,

       Schirmen mit den Schilden und schießen manchen Schaft.

       Des halfen ihnen Viele; sie hatten größliche Kraft.

      Bei dem Hofgelage ließ sie der Wirth verpflegen 315

       Mit der besten Speise; es durfte sich nicht regen

       Nur der kleinste Tadel, der Fürsten mag entstehn;

       Man sah ihn jetzo freundlich hin zu seinen Gästen gehn.

      Er sprach: "Ihr guten Recken, bevor ihr reitet hin, 316

       So nehmt meine Gaben: also fleht mein Sinn,

       Ich will euch immer danken; verschmäht nicht mein Gut:

       Es unter euch zu theilen hab ich willigen Muth."

      Die vom Dänenlande sprachen gleich zur Hand: 317

       "Bevor wir wieder reiten heim in unser Land,

       Gewährt uns stäten Frieden: das ist uns Recken noth;

       Uns sind von euern Degen viel der lieben Freunde todt."

      Genesen von den Wunden war Lüdegast derweil; 318

       Der Vogt des Sachsenlandes war bald vom Kampfe heil.

       Etliche Todte ließen sie im Land.

       Da gieng der König Gunther hin, wo er Siegfrieden fand.

      Er sprach zu dem Recken: "Nun rath mir, wie ich thu. 319

       Unsre Gäste wollen reiten morgen fruh

       Und gehn um stäte Sühne mich und die Meinen an:

       Nun rath, kühner Degen, was dich dünke wohlgethan.

      "Was mir die Herrn bieten, das will ich dir sagen: 320

       Was fünfhundert Mähren an Gold mögen tragen,

       Das bieten sie mir gerne für ihre Freiheit an."

       Da sprach aber Siegfried: "Das wär übel gethan.

      "Ihr sollt sie beide ledig von hinnen laßen ziehn; 321

       Nur daß die edeln Recken sich hüten fürderhin

       Vor feindlichem Reiten her in euer Land,

       Laßt euch zu Pfande geben der beiden Könige Hand."

      "Dem Rathe will ich folgen." So giengen sie hindann. 322

       Seinen Widersachern ward es kundgethan,

       Des Golds begehre Niemand, das sie geboten eh.

       Daheim den lieben Freunden war nach den heermüden weh.

      Viel Schilde schatzbeladen trug man da herbei: 323

       Das theilt' er ungewogen seinen Freunden frei,

       An fünfhundert Marken und Manchem wohl noch mehr;

       Gernot rieth es Gunthern, dieser Degen kühn und hehr.

      Um Urlaub baten alle, sie wollten nun hindann. 324

       Da kamen die Gäste vor Kriemhild heran

       Und dahin auch, wo Frau Ute saß, die Königin.

       Es zogen nie mehr Degen so wohl beurlaubt dahin.

      Die Herbergen leerten sich, als sie von dannen ritten. 325

       Doch verblieb im Lande mit herrlichen Sitten

       Der König mit den Seinen und mancher edle Mann:

       Die giengen alle Tage zu Frau Kriemhild heran.

      Da wollt auch Urlaub nehmen Siegfried der gute Held, 326

       Verzweifelnd zu erwerben, worauf sein Sinn gestellt.

       Der König hörte sagen, er wolle nun hindann:

       Geiselher der junge ihn von der Reise gewann.

      "Wohin, edler Siegfried, wohin reitet ihr? 327

       Hört meine Bitte, bleibt bei den Recken hier,

       Bei Gunther dem König und bei seinem Lehn:

       Hier sind viel schöne Frauen, die läßt man euch gerne sehn."

      Da sprach der starke Siegfried: "So laßt die Rosse stehn. 328

       Von hinnen wollt ich reiten, das laß ich mir vergehn.

       Tragt auch hinweg die Schilde: wohl wollt ich in mein Land:

       Davon hat mich Herr Geiselher mit großen Treuen gewandt."

      So verblieb der Kühne dem Freund zu Liebe dort. 329

       Auch wär ihm in den Landen an keinem andern Ort

       So wohl als hier geworden: daher es nun geschah,

       Daß er alle Tage die schöne Kriemhild ersah.

      Ihrer hohen Schönheit willen der Degen da verblieb. 330

       Mit mancher Kurzweile man nun die Zeit vertrieb;

       Nur zwang ihn ihre Minne, die schuf ihm oftmals Noth;

       Darum hernach der Kühne lag zu großem Jammer todt.

      * * * * *

      Sechstes Abenteuer.

      Wie Gunther um Brunhild gen Isenland fuhr.

      Wieder neue Märe erhob sich über Rhein: 331

       Man sagte sich, da wäre manch schönes Mägdelein.

       Sich eins davon zu werben sann König Gunthers Muth.

       Das dauchte seine Recken und die Herren alle gut.

      Es war eine Königin geseßen über Meer, 332

       Ihr zu vergleichen war keine andre mehr.

       Schön war sie aus der Maßen, gar groß war ihre Kraft;

       Sie schoß mit schnellen Degen um ihre Minne den Schaft.

      Den

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