Dr. Norden Staffel 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Normalerweise in der norwegischen Klinik der Stadt tätig, war sie nebenbei die Hausärztin des Waisenhauses. Einmal pro Woche kam sie vorbei, wenn Not am Mann war, auch öfter. Ihre kleinen Patienten warteten schon auf sie, und sie sah streng auf Rebecca hinunter.
Die dachte noch über die Frage der Ärztin nach.
»Es ist schon mehr als fünfzehn Jahre her, dass ich Deutschland den Rücken gekehrt habe«, murmelte sie vor sich hin. Ihr Blick ging durch das Fenster hinaus in den Himmel. Unheil verkündende Wolken hingen tief, und der Wind zerrte an den Ästen der Bäume. Es war Regenzeit in Äthiopien, und sintflutartige Regenfälle konnten sich im Halb-Stunden-Takt mit Sonnenschein abwechseln. »Keine Ahnung, ob Dr. Norden noch praktiziert.«
Sigrid Johanssons Miene entspannte sich.
»Das herauszufinden, ist meine leichteste Übung. Dr. Norden also. Hat er auch einen Vornamen?«
»Hmm, lassen Sie mich nachdenken.« Wenn Becky ehrlich gewesen wäre, hätte sie zugeben müssen, dass sie den Namen sofort parat hatte. In all den Jahren war kein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihn gedacht hätte. »Ich glaub, es war irgendwas mit D… David, Daniel … so was in der Art«, schützte sie dennoch Unwissenheit vor.
Niemand bemerkte es.
»Gut.« Die Zeit drängte. Die Ärztin verabschiedete sich und ging zur Tür. Die Hand auf der Klinke drehte sie sich noch einmal zu ihrer Patientin um. »Ich finde heraus, ob es diesen Norden noch gibt. Sie buchen inzwischen einen Flug. Je eher, desto besser.« Ihr Ton ließ keinen Widerspruch zu.
Becky nickte ergeben und sah ihr dabei zu, wie sie das Zimmer verließ.
»München …« Bisher hatte sie nie einen Gedanken daran verschwendet, in die alte Heimat zurückzukehren. Das hatte seine Gründe. »Vielleicht ist das ein Zeichen, dass ich mich endlich der Vergangenheit stellten sollte«, murmelte sie vor sich hin.
»Aber was wird aus dem Waisenhaus?«, stellte Ayana die Frage, die ihr auf der Seele brannte.
Unsicherheit und Angst standen ihr ins nicht mehr ganz junge Gesicht geschrieben.
Über diese Frage konnte Rebecca ausnahmsweise einmal lächeln. Sie strecke die Hand aus und winkte ihre Freundin zu sich.
»Gib doch zu, dass du nur auf diese Gelegenheit gewartet hast.« Das Lächeln auf ihrem Gesicht war warm und voller Freundschaft. »Jetzt kannst du endlich all das anders machen, was dich schon so lange stört.«
Ayana verstand sofort. Trotz ihrer dunklen Hautfarbe war die Röte zu erkennen, die ihr ins Gesicht schoss.
»Ich werde Chefin sein?«, fragte sie atemlos, als könnte sie ihr Glück nicht fassen.
»Und eine gute obendrein«, erklärte Becky.
Niemandem hätte sie diesen Erfolg mehr gegönnt als ihrer langjährigen Freundin und Stellvertreterin. Trotzdem fühlte sie sich schlecht. Es war die Vorahnung, dass sie nie wieder nach Äthiopien zurückkehren würde, die ihr das Herz schwer machte.
*
Felix, zweitältester Sohn der Familie Norden, ließ zum wiederholten Male das Kofferschloss auf der einen Seite zuschnappen und sah genervt dabei zu, wie es auf der anderen Seite wieder aufsprang.
Seine große Schwester Anneka lümmelte auf seinem Bett und sah ihm dabei zu.
»Sieh’s doch endlich ein, dass du zu viel mitnehmen willst«, kommentierte sie seinen dritten vergeblichen Versuch.
»Das siehst du falsch.« In seiner Verzweiflung setzte er sich kurzerhand auf das Gepäckstück. »Dieser Koffer ist einfach zu klein.«
»Dieses Monster? Zu klein?« Anneka lachte laut auf. »Und so was will ein Mann sein!« Sie dachte nicht im Traum daran, Mitgefühl mit ihrem geplagten Bruder zu haben. »Normalerweise sind es doch die Frauen, die viel zu viel Gepäck haben.«
Unter Felix‘ Gewicht ächzte und stöhnte der Koffer, gab aber schließlich seinen Widerstand auf.
Endlich ließen sich beide Schlösser schließen. Wie ein König thronte Felix auf seinem Gepäck und reckte den Daumen der rechten Hand in die Höhe.
»Diese Zeiten sind längst vorbei«, versicherte er. Er kämpfte sich hoch und ließ sich neben Anneka aufs Bett fallen. »Mal abgesehen davon, dass meine Sachen viel größer sind als eure. Allein meine Schuhe.« Zum Beweis hielt er seinen Fuß neben den seiner Schwester. »Tststs. Richtige Puppenfüße. Dass man auf so was überhaupt stehen kann.«
»Besser als solche Quadratlatschen«, konterte Anneka. »Gibt’s eigentlich auf einem Kreuzfahrtschiff auch so was wie eine Gewichtsbegrenzung beim Gepäck? Nicht, dass Mum und Dad am Ende noch Übergepäck für dich bezahlen müssen.«
»Nicht, dass ich wüsste. Aber wenn, dann tun sie das sicher gern. Meine Gesellschaft ist schließlich unbezahlbar«, grinste Felix.
Diese Überheblichkeit verlangte von Anneka ein Augenrollen erster Güte.
»Du hast wirklich einen Knall«, seufzte sie.
»Ich weiß. Ich bin eben ein Sondermodell. Reklamation und Umtausch ausgeschlossen. Und nur für starke Nerven geeignet«, teilte Felix seiner Schwester mit.
Lächelnd wuschelte sie ihm durchs Haar.
»Ich kann in keinem einzigen Punkt widersprechen. Blöd ist nur, dass du mir wahrscheinlich gerade deshalb fehlen wirst.«
Bis jetzt war Felix‘ Gesicht ein einziges Grinsen gewesen. Bei Annekas Worten verschwand es aber wie die Sonne hinter Unheil verkündenden Wolken.
»Am liebsten würde ich euch alle mitnehmen«, gestand er.
»Geht leider nicht.« Anfangs war Anneka traurig gewesen, dieses Abenteuer nicht miterleben zu können. Aber es hatte nur noch drei freie Plätze auf der ›Caribbean Pearl‹ gegeben. »Janni und Dési haben noch Schule, ich bekomme mein Abi-Zeugnis und hab Abschlussfeier und Danny darf Dad in der Praxis vertreten«, zählte sie die Gründe auf, warum die Wahl ihrer Eltern auf Felix gefallen war.
»Gutes Timing ist eben alles.« Schon hatten sich die Wolken wieder von seinem Gesicht verzogen, und er strahlte wieder mit der Sonne um die Wette, die draußen von einem perfekten Sommerhimmel lachte. »Ein Glück, dass mein FSJ rechtzeitig zu Ende ist. Mal abgesehen davon, dass ich es keinen Tag länger bei meiner miesepetrigen Chefin ausgehal… Aua!« Ein Knall, gefolgt von einem scharfen Schmerz ließ ihn aufschreien. Ein scharfes Geschoss hatte ihn am Bein getroffen, und wie von der Tarantel gestochen fuhr er hoch. »Deshalb musst du nicht gleich rabiat werden.«
»Ich hab gar nichts gemacht!«, verteidigte sich Anneka und richtete sich auf. Ein Blick genügte, und sie prustete los. »Das war die Rache des teuflischen Koffers.« Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigen konnte. Atemlos wischte sie sich schließlich die Lachtränen von den Wangen. »Sieht ganz danach aus, als ob du doch ein Paar Schuhe zu Hause lassen müsstest.« Immer noch kichernd deutete sie auf den Berg Kleider, der aus dem aufgeplatzten Koffer quoll.
»Oder mir einen neuen Koffer besorgen«, seufzte Felix lakonisch und rieb sich die Beule am Schienbein, die in Sekundenschnelle gewachsen war.
»Ich