Schlittenfahrt ins Glück. Barbara Cartland
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Doch durch Jahre hindurch hatte alles so rosig ausgesehen.
Ralph Dunbar mit seinem spektakulären Erfolg in der Finanzwelt war ein äußerst großzügiger Mensch gewesen, und als er dann auch noch zum Ritter geschlagen wurde, hatte sein Bruder Henry in den höchsten Tönen von ihm gesprochen.
Daß er ihn jetzt jedoch, wo er sich nicht mehr verteidigen konnte, derart heruntermachte, war für Nerita unbegreiflich.
Doch, was hätte ihr Vater auch zu seiner Verteidigung vorbringen können?
Obwohl sie wenig von diesen Dingen verstand, fand sie, daß es ihm absolut nicht ähnlich sah, alles auf eine Karte gesetzt zu haben.
Aber die Goldmine in Südafrika hatte ihn zu Spekulationen verführt, und die Berichte waren so positiv und ermutigend gewesen, daß er überzeugt davon gewesen war, er und seine Freunde hätten nach der Inbetriebnahme ein für allemal ausgesorgt.
Und so waren Werzenstein-Aktien in seinem Namen auf den Markt geschleudert worden.
Alles hatte dem ,Dynamischen Dunbar‘ voll vertraut, und Nerita war selbst Zeuge gewesen, wie man ihn in London, Paris und Rom gefeiert hatte.
Nach den ersten vielversprechenden Funden hätte es niemand für möglich gehalten, daß die Goldader versiegen und das ganze Projekt so katastrophal auffliegen würde.
Aber genau das war eingetreten, und jetzt stand Nerita mit einer Apanage von hundert Pfund pro Jahr da. Dazu kam, daß ihr Name besudelt war - wie ihre Tante sich ausgedrückt hatte - und ihre Heiratsaussichten daher gleich Null waren.
„Ich denke im Moment weiß Gott nicht ans Heiraten“, hatte Nerita erwidert.
„Das solltest du aber“, hatte ihre Tante gesagt, und ihr Ton war scharf gewesen. „Was aus dir noch werden soll, ist mir ein Rätsel, und glaube bloß nicht, daß ich dich mit der Schande, die an dir klebt, in die Gesellschaft einführe.“
„Das erwarte ich auch nicht von dir, Tante Violet“, hatte Nerita entgegnet.
„Dann kann ich dir nur raten mit deinem Onkel zu sprechen. Daß er Gentleman genug ist, die Tochter seines Bruders nicht im Stich zu lassen, brauche ich nicht zu betonen, aber von mir kann man nicht erwarten, daß ich Wunder vollbringe.“
„Im Moment steht mir der Sinn wirklich nicht nach einem Gesellschaftsleben“, hatte Nerita ruhig erklärt.
„Mag schon sein“, hatte ihre Tante entgegnet. „Aber so ein Trauerjahr ist schnell vorbei, und was geschieht dann?“
Diese Frage war nicht zu beantworten.
Natürlich konnte man nicht erwarten, daß diejenigen, die durch den Bankrott ihres Vaters in Mitleidenschaft gezogen worden waren, Nerita in ihre Kreise aufnahmen, geschweige denn auch noch einluden.
Ehe sie London verlassen hatte und nach Frankreich gegangen war, war das allerdings der Fall gewesen.
„Wegen Nerita brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen, Dunbar“, hatte sie einmal einen Freund ihres Vaters sagen hören. „Wenn sie das entsprechende Alter erreicht hat, geben wir einen Ball für sie und laden alle heiratsfähigen jungen Männer von Rang und Namen dazu ein.“
Er war nicht der einzige gewesen, der derlei Versprechungen gemacht hatte. Eine ganze Reihe von Damen der Gesellschaft hatten sich erboten, für das „arme mutterlose Kind“ Feste zu geben.
Daß ihr Vater diese Feste hätte finanzieren müssen, war als selbstverständlich angenommen worden, aber es war wohl wichtig, in der entsprechenden Form in die Gesellschaft eingeführt zu werden, und Nerita wußte, daß ihr Vater zu allem bereit gewesen wäre.
Er hatte nie von ihr verlangt, den Mund zu halten und die eigene Meinung zu unterdrücken. Und daß sie nach dem Tod ihrer Mutter bei offiziellen Diners hatte dabei sein dürfen, war eine Selbstverständlichkeit gewesen.
Nerita wußte, daß ihre Tante schockiert gewesen war und ihm wiederholt gesagt hatte, man könne ein junges Mädchen nicht „herzeigen“, ehe es in aller Form in die Gesellschaft eingeführt worden sei.
Aber Nerita war eben kein gewöhnliches junges Mädchen, und im Ausland waren die Verhältnisse sowieso anders gewesen. Im Gegensatz zu den halbgebildeten, schüchternen Engländerinnen, die Schwierigkeiten hatten, sich richtig auszudrücken, waren die Französinnen gleichen Alters viel gewandter, und die Russinnen und die deutschen Mädchen sprachen zwei bis drei Fremdsprachen fließend.
„Was ich so erstaunlich finde“, hatte sie einmal eine französische Comtesse sagen hören, „ist, daß sich Ihre reichlich oberflächlichen jungen Mädchen zu den politisch einflußreichsten und mächtigsten Frauen der Welt mausern können. Mir ist das ein Rätsel.“
„Onkel Henry“, sagte Nerita jetzt völlig ruhig, „ich denke, ich sollte mir eine Beschäftigung suchen.“
„Eine Beschäftigung?“ wiederholte ihr Onkel mißtrauisch. „Was meinst du damit?“
„Vielleicht finde ich irgendwo eine Anstellung.“
„Eine Anstellung?“ Lord Dunbartons Stimme überschlug sich. „Das ist ja geradezu lächerlich! Was sagen denn die Leute, wenn ich es zulasse, daß meine Nichte ihren Lebensunterhalt selbst verdient. Ganz abgesehen davon kann ich mir nicht vorstellen, daß du dazu in der Lage wärst.“
Nerita kniff die Lippen zusammen. Der Ton ihres Onkels war verletzend. Mit ihm und seiner Frau zusammen unter einem Dach leben zu müssen, wäre die Hölle gewesen. Sich pausenlos die Nörgeleien ihrer Tante und abfällige Bemerkungen über ihren Vater anhören zu müssen, geduldet zu sein und von denen gemieden zu werden, die noch vor nicht allzu langer Zeit ihren Vater in den Himmel gehoben hatten - sie würde es nicht ertragen können.
„Ich werde dir eine gewisse Summe zur Verfügung stellen“, sagte ihr Onkel. „Da du bei uns wohnen wirst, scheinen mir fünfzig Pfund pro Jahr angemessen. Mit den hundert aus dem Erbe deiner Großmutter und meinen fünfzig dürfte das ausreichend sein. Ausgaben für Garderobe fallen ja praktisch weg, denn gesellschaftliche Verpflichtungen, das hat dir deine Tante ja schon klargemacht, wirst du vorerst nicht haben.“
„Dessen bin ich mir durchaus bewußt, Onkel Henry“, entgegnete Nerita. „Vielen Dank für dein Angebot, aber ich werde dafür sorgen, daß ich mit dem Geld meiner Großmutter auskomme. Notfalls kann ich ja auch ab und zu ein Stück von meinem Schmuck verkaufen.“
Ihr Ton war trocken und geschäftsmäßig.
Lord Dunbarton sah sie an, als sehe er sie zum ersten Mal. Dieses Mädchen war nicht nur ausnehmend hübsch, sondern obendrein von einer Intelligenz, wie man sie nur bei wenigen Frauen fand.
Die meisten der großen Schönheiten, mit denen er bisher zusammengetroffen war, waren attraktiv, immer zu einem Flirt bereit und sich ständig bewußt, daß es ihre Lebensaufgabe war, auf Männer zu wirken. Falls sie intelligent waren, waren sie jedenfalls nicht so ungeschickt, es sich anmerken zu lassen.
„Du hast eben wie dein Vater gesprochen, Nerita“, sagte ihr Onkel. „Ehe du einen weiteren Gedanken auf derlei Unsinn verschwendest, merke dir, daß du hier in dieses Haus gehörst und gut daran tust, dir deine Ideen von einem selbständigen Leben aus dem Kopf zu schlagen.“
Irgendwann