Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак
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Читать онлайн книгу Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак страница 17
»Ach nein, nein, Herr, ich werd' ihn nicht verlieren,« sagte Taboureau; »sehen Sie, Herr Bürgermeister, der Mann aus Saint-Laurent schuldet mir die Gerste; ich hatte sie ihm abgekauft und er verweigert mir die Lieferung. Ich wollte ganz sicher sein, ob ich gewänne, ehe ich mich beim Gerichtsvollzieher in Kosten stürze.«
Genestas und der Arzt sahen sich an und verbargen die Überraschung, welche ihnen die von dem Manne erfundene sinnreiche Art, die Wahrheit über diesen Rechtsfall zu erfahren, bereitete.
»Schön, Taboureau, dein Mann kennt weder Treu noch Glauben, und von solchen Leuten soll man nichts kaufen!«
»Ah! Herr, diese Leute verstehen sich auf Geschäfte!«
»Leb wohl, Taboureau.«
»Ihr Diener, Herr Bürgermeister und die Gesellschaft.«
»Nun,« sagte Benassis, als der Wucherer fort war, »glauben Sie, dass der Mann in Paris nicht bald Millionär sein würde?«
Als das Essen beendigt war, kehrten der Arzt und sein Pensionär in den Salon zurück, wo sie den Rest des Abends über, auf die Schlafensstunde wartend, von Krieg und Politik sprachen, eine Unterhaltung, bei der Genestas die lebhafteste Abneigung gegen die Engländer bekundete.
»Darf ich wissen, mein Herr,« fragte der Arzt, »wen ich die Ehre habe, als Gast bei mir zu sehen?«
»Ich heiße Pierre Bluteau,« antwortete Genestas, »und bin Rittmeister in Grenoble.«
»Gut, mein Herr. Wollen Sie Monsieur Graviers Lebensweise befolgen? Morgens, nach dem Frühstück, machte es ihm Vergnügen, mich auf meinen Ritten in die Umgebung zu begleiten. Es ist nicht ganz sicher, ob Sie Vergnügen an den Dingen finden, mit welchen ich mich beschäftige, so alltäglich sind sie. Schließlich sind Sie weder Grundbesitzer noch Dorfbürgermeister und werden in dem Bezirk nichts sehen, was Sie nicht schon anderswo gesehen haben; all die Hütten sehen sich ähnlich, immerhin werden Sie Luft schöpfen und Ihrer Promenade ein Ziel geben.«
»Nichts bereitet mir mehr Vergnügen als dieser Vorschlag, und aus Angst, Ihnen lästig zu sein, wagte ich's nicht, ihn Ihnen schon zu machen.«
Major Genestas, für den dieser Name trotz seiner wohlerwogenen Pseudonymität beibehalten werden soll, wurde von seinem Wirte in ein im ersten Stock über dem Salon gelegenes Zimmer geführt.
»Schön,« sagte Benassis, »Jacquotte hat Ihnen Feuer gemacht. Wenn Sie irgend etwas brauchen, so befindet sich am Kopfende Ihres Bettes ein Klingelzug.«
»Ich glaube nicht, dass mir das geringste fehlen kann,« rief Genestas. »Da ist sogar ein Stiefelknecht. Man muss ein alter Kommiss-Soldat sein, um den Wert eines solchen Möbels zu kennen! – Im Kriege, mein Herr, gibt's mehr als einen Augenblick, wo man ein Haus niederbrennen würde, um so einen verdammten Stiefelknecht zu kriegen ... Nach mehreren Märschen und besonders nach einem Kampf, kommt es vor, dass der im nassen Leder angeschwollene Fuß keiner Anstrengung nachgibt; auch hab' ich mehr als einmal in meinen Stiefeln geschlafen. Wenn man allein ist, lässt sich das Unglück noch ertragen ...«
Der Major zwinkerte mit den Augen, um diesen letzten Worten einen gewissen pfiffigen Sinn zu verleihen. Dann schickte er sich an, nicht ohne Überraschung, ein Zimmer zu betrachten, wo alles bequem, sauber und beinahe reich war.
»Welch ein Luxus!« sagte er. »Sie müssen wunderschön logiert seinl«
»Sehen Sie sich's an,« sagte der Arzt, »ich bin Ihr Nachbar, wir sind nur durch die Treppe getrennt.«
Genestas war ziemlich verdutzt, als er das Zimmer des Arztes betrat und einen nackten Raum sah, dessen Wände als ganzen Schmuck eine stellenweise abgeblasste gelbliche Papiertapete mit braunen Rosetten zeigten. Das grob lackierte Eisenbett, überragt von einer hölzernen Bettstange, von der zwei Vorhänge aus grauem Kaliko herabfielen, und vor dem ein elender fadenscheiniger Teppich lag, glich einem Hospitalbett. Am Kopfende stand einer jener vierbeinigen Nachttische, deren Vorderseite auf- und zugerollt wird und dabei ein klapperndes Geräusch wie von Kastagnetten macht. Drei Stühle, zwei Strohsessel, eine Nussbaumkommode, auf der ein Waschbecken und ein sehr alter Wasserkrug standen, dessen Deckel durch eine Bleieinfassung an dem Gefäße befestigt war, vervollständigten den Hausrat. Das Feuerloch des Kamins war kalt, und alle zum Rasieren notwendigen Dinge lagen unordentlich auf dem gestrichenen Steine des Gesimses vor einem alten, an einem Bindfadenende aufgehängten Spiegel herum. Der sauber gefegte Fliesenboden war an mehreren Stellen abgenutzt, zerbrochen und ausgehöhlt. Vorhänge aus grauem Kaliko mit grünen Fransen am Rande schmückten die beiden Fenster. Alles, bis auf den runden Tisch, auf dem einige Papiere, ein Schreibzeug und Federn herumlagen, alles in diesem einfachen Gemälde, dem die äußerste, von Jacquotte durchgeführte Sauberkeit eine Art Verbesserung aufdrückte, machte den Eindruck eines fast mönchischen Lebens, das den Dingen gegenüber gleichgültig und voll Innerlichkeit war. Eine offene Tür ließ den Major in ein Kabinett sehen, worin der Arzt sich zweifelsohne sehr selten aufhielt. Dieser Raum befand sich in einem fast ähnlichen Zustande wie das Schlafzimmer. Einige staubige Bücher lagen dort auf staubigen Brettern zerstreut, und mit etikettierten Flaschen bestandene Regale ließen erraten, dass die Pharmazie dort mehr Platz einnahm als die Wissenschaft.
»Sie wollen mich fragen, warum ein solcher Unterschied zwischen Ihrem Zimmer und dem meinen besteht?« fuhr Benassis fort. »Sehen Sie, ich habe mich stets für die geschämt, die ihre Gäste unter den Dächern unterbringen, und ihnen Spiegel geben, die einen derartig entstellen, dass man, wenn man hineinschaut, sich entweder für größer oder kleiner, als man ist, oder für krank oder apoplektisch halten kann. Muss man sich nicht bemühen, dass seine Freunde ihre zeitweilige Behausung so angenehm wie möglich finden? Gastfreundschaft scheint mir eine Tugend, ein Glück und ein Luxus zugleich zu sein; doch muss man nicht, von welchem Gesichtspunkt aus man sie auch betrachtet, ohne den Fall auszuschließen, wo sie eine Spekulation ist, für seinen Gast und für seinen Freund alle kleinen Annehmlichkeiten des Lebens aufmarschieren lassen? Bei Ihnen also die schönen Möbel, der warme Teppich, die Draperien, die Standuhr, die Handleuchter und das Nachtlicht; für Sie die Kerze, für Sie Jacquottes Sorgfalt, die Ihnen zweifelsohne neue Pantoffeln, Milch und ihre Wärmflasche gebracht hat. Ich hoffe, Sie werden niemals besser gesessen haben als in dem weichen Sessel, der von dem seligen Pfarrer, ich weiß nicht wo, ausgegraben worden ist. Wahrlich in allen Dingen muss man, um den Vorbildern des Guten, Schönen und Bequemen zu begegnen, seine Zuflucht zur Kirche nehmen. Kurz, ich hoffe, dass Ihnen in Ihrem Zimmer alles gefallen wird. Sie werden dort gute Rasiermesser, ausgezeichnete Seife, und all die kleinen Requisiten finden, die einem sein Zuhause zu etwas so Süßem machen. Doch, mein lieber Monsieur Bluteau, selbst wenn meine Meinung über die Gastfreundschaft nicht bereits den Unterschied erklären würde, der zwischen unsern Zimmern besteht, so werden Sie zweifelsohne die Kahlheit meines Zimmers und die Unordnung in meinem Kabinett sehr gut begreifen, wenn Sie morgen Zeuge des Kommens und Gehens sein werden, das bei mir stattfindet. Vor allem führe ich kein Stubenhockerleben, ich bin immer draußen. Wenn ich im Hause bleibe, kommen die Bauern alle Augenblicke, um mich zu sprechen, ich gehöre ihnen mit Leib, Seele und Zimmer. Kann ich mich um Etikette und um die unvermeidlichen Schäden kümmern, welche die guten Leute unwillkürlich bei mir anrichten könnten? Luxus gehört in Hotels, Schlösser, Damenzimmer und Räume für Freunde. Kurz, ich halte mich hier höchstens zum Schlafen auf, was bedeutet mir also der Tand des Reichtums? Überdies wissen Sie nicht, wie gleichgültig mir alles hienieden ist.«
Sie sagten sich einen freundschaftlichen guten Abend, schüttelten sich herzlich die Hände und legten sich schlafen. Der Major schlummerte nicht ein, ohne sich mehr als einen Gedanken über diesen Mann zu machen, der von Stunde zu Stunde in seinem Geiste größer wurde.