Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак страница 19
»Ich habe Herrenhuter, Begharden in Böhmen und in Ungarn gesehen,« sagte Genestas, »das sind Christen, die Ihren Bergbewohnern sehr ähnlich sind. Diese braven Leute erdulden die Kriegsleiden mit einer engelhaften Geduld.«
»Die einfachen Sitten, mein Herr,« antwortete der Arzt, »dürften in allen Ländern ziemlich ähnlich sein. Das Wahre hat nur eine Form. Das Landleben tötet wahrlich viele Ideen, aber es schwächt die Laster ab und entwickelt die Tugenden. Je weniger Menschen man auf einem Punkte zusammengepfercht sieht, desto weniger Verbrechen, strafbaren Handlungen und bösen Gefühlen begegnet man in der Tat. Die Reinheit der Luft hat großen Einfluss auf die Unschuld der Sitten.«
Die beiden Reiter, die im Schritt einen steinigen Weg hinaufritten, erreichten nun die Hochfläche, von der Benassis gesprochen hatte. Dies Gebiet zieht sich um eine sehr hohe, aber vollkommen kahle Bergspitze herum, die es beherrscht, und wo es keinerlei Vegetation gibt. Der Gipfel ist grau und auf allen Seiten zerklüftet, abschüssig und unbesteigbar. Das fruchtbare, von Felsen umschlossene Gebiet, zieht sich unterhalb dieser Spitze hin und umsäumt sie unregelmäßig in einer Breite von etwa hundert Arpents. Gegen Süden umfasst der Blick durch einen ungeheuren Einschnitt die französische Moriana, den Delphinat, die Felsen Savoyens und die fernen Berge des Lyonnais. Im Augenblick, wo Genestas diesen Aussichtspunkt, der von der Frühlingssonne hell erleuchtet wurde, betrachtete, ließen sich Klagetöne vernehmen.
»Kommen Sie,« sagte Benassis zu ihm, »der Gesang hat begonnen. Gesang nennt man diesen Teil der Trauerfeierlichkeiten.«
Der Offizier bemerkte dann auf der Westseite des Gipfels die Gebäulichkeiten einer ansehnlichen Meierei, die ein vollkommenes Viereck bildeten. Das gewölbte, ganz aus Granit bestehende Portal hatte einen Ausdruck von Größe, der durch das hohe Alter des Bauwerks, die uralten Bäume, die es umstanden, und die Pflanzen, die auf seinen Mauerrändern wuchsen, noch gesteigert wurde. Das Hauptgebäude liegt hinten im Hof, auf jeder Seite desselben befinden sich die Scheunen, die Schaf-, Pferde- und Kuhställe, die Wagenremisen, und in der Mitte der große Pfuhl, wo die Misthaufen faulen. Dieser Hof, dessen Anblick in reichen und bevölkerten Meiereien gewöhnlich so belebt ist, lag in diesem Augenblick still und düster da. Da das Tor des Wirtschaftshofs geschlossen war, blieben die Tiere in ihren Einfriedigungen, von wo aus man ihre Stimmen kaum hörte. Die Vieh- und Pferdeställe, alles war sorgsam verschlossen. Der Weg, der zur Wohnung führte, war gesäubert worden. Diese vollkommene Ordnung dort, wo gewöhnlich Unordnung herrscht, dieser Mangel an Bewegung, und das Schweigen an einem sonst so geräuschvollen Orte, die Ruhe des Gebirges, der von dem Berggipfel geworfene Schatten, all das trug dazu bei, die Seele zu bewegen. Wie gewöhnt Genestas auch an starke Eindrücke war, er konnte sich nicht enthalten, zu erbeben, beim Anblick von zwölf Männern und Frauen in Tränen, die vor der Tür des großen Saales aufgestellt waren und alle mit einer schrecklichen Einhelligkeit der Betonung »Der Herr ist tot« riefen. Dies geschah während der Zeit, die er gebrauchte, um vom Portal zur Pächterwohnung zu kommen, zu zweien Malen. Als diese Rufe beendigt waren, drangen Seufzer aus dem Innern und die Stimme einer Frau ließ sich durch die Fenster hören.
»Ich wage mich nicht in diesen Schmerz zu mischen,« sagte Genestas zu Benassis.
»Ich besuche die durch Todesfälle niedergebeugten Familien stets,« antwortete der Arzt, »sei es, um zu sehen, ob nicht irgendein durch den Schmerz verursachter Unfall geschehen ist, sei es, um den Tod zu bestätigen. Unbedenklich können Sie mich begleiten. Überdies ist die Szene so eindrucksvoll, und wir finden da so viele Leute vor, dass man Sie gar nicht bemerken wird.«
Dem Arzte folgend, sah Genestas tatsächlich das erste Zimmer voll von Verwandten. Alle beide schritten sie durch diese Versammlung hindurch und stellten sich an der Tür eines Schlafzimmers auf, das an den großen Saal stieß, der als Küche und Vereinigungsraum für die ganze Familie, man muss schon Kolonie sagen, diente; denn die Länge des Tisches ließ auf den gewöhnlichen Aufenthalt von einigen vierzig Personen schließen. Benassis' Ankunft unterbrach die Reden einer einfach gekleideten Frau von großer Figur, deren Haare verwirrt waren und die mit beredter Geste des Toten Hand in der ihren hielt. Dieser, in seine besten Gewänder gekleidet, war steif auf seinem Bett ausgestreckt, dessen Vorhänge zurückgeschlagen worden waren. Das ruhige Gesicht, das den Himmel atmete, und vor allem die weißen Haare brachten einen Theatereffekt hervor. Auf den beiden Bettseiten hielten sich die Kinder und die nächsten Verwandten der Eheleute auf. Jede Linie hatte ihre Seite, die Verwandten der Frau die linke, die des Entschlafenen die rechte. Männer und Frauen lagen auf den Knien und beteten; die meisten weinten. Kerzen umgaben das Bett. Der Pfarrer der Gemeinde und seine Geistlichkeit hatten mitten im Zimmer ihren Platz, um den offenen Sarg herum. Das Haupt dieser Familie in Gegenwart