Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак
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Читать онлайн книгу Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак страница 20
Die Witwe warf sich über die Leiche, umschlang sie, bedeckte sie mit Tränen und erwärmte sie mit Küssen; und während dieser Pause schrieen die Diener: »Der Herr ist tot!«
»Ja,« fuhr die Witwe fort, »er ist tot, der teure, heißgeliebte Mann, der uns unser Brot gab, der für uns pflanzte und erntete, über unser Glück wachte, indem er uns mit einem Gebote voller Milde im Leben leitete. Jetzt kann ich es zu seinem Lobe sagen, er hat mir niemals den leichtesten Kummer bereitet, er war gut, stark, geduldig; und als wir ihn quälten, um ihm seine kostbare Gesundheit wiederzugeben, sagte er: ›Lasst mich, meine Kinder, alles ist nutzlos.‹ Das sagte das liebe Lamm mit der nämlichen Stimme, mit der er uns einige Tage vorher erklärte: ›Alles geht gut, meine Freunde.‹ Ja, großer Gott! einige Tage haben genügt, um uns die Freude des Hauses zu nehmen und unser Leben zu verdunkeln, indem sich die Augen des besten, des rechtschaffensten und verehrtesten der Männer schlossen, eines Mannes, der seinesgleichen nicht hatte im Führen des Pfluges, der furchtlos Tag und Nacht durch unsere Berge eilte, und der bei seiner Rückkehr seiner Frau und seinen Kindern immer zulächelte. Ach, wir haben ihn alle geliebt! Wenn er fortging, wurde der Herd traurig und wir aßen ohne Lust. Und was wird nun werden, wo unser Schutzengel in die Erde gebettet wird und wir ihn niemals wiedersehen? Niemals, liebe Freunde, niemals, gute Verwandte, niemals, meine Kinder! Ja, meine Kinder haben ihren guten Vater verloren, unsere Verwandten haben ihren guten Verwandten verloren, meine Freunde haben einen guten Freund verloren, und ich, ich habe alles verloren, wie das Haus seinen Herrn verloren hat!«
Sie nahm des Toten Hand, kniete nieder, um ihr Gesicht besser daraufpressen zu können, und küsste sie. Die Dienstboten aber schrieen dreimal:
»Der Herr ist tot!«
In diesem Augenblick trat der älteste Sohn zu seiner Mutter und sagte zu ihr:
»Die aus Saint-Laurent sind gekommen, liebe Mutter, sie werden Wein haben müssen.«
»Lieber Sohn,« antwortete sie, den feierlichen und klagenden Ton, mit dem sie ihren Gefühlen Ausdruck verlieh, aufgebend, mit leiser Stimme, »nehmt die Schlüssel, Ihr seid nun Herr hier drinnen, seht zu, dass sie hier die Aufnahme finden können, die ihnen Euer Vater bereitete, damit ihnen hier nichts verändert vorkommt ... dass ich dich doch noch einmal zu meiner Freude sähe, mein würdiger Mann!« fuhr sie fort. »Doch, weh, du fühlst mich nicht mehr, ich kann dich nicht mehr erwärmen! Ach, alles, was ich wünschte, würde sein, dich noch einmal zu trösten, indem ich dich wissen ließe, dass du, solange ich am Leben bleiben werde, in dem Herzen weilen wirst, an dem du deine Freude hattest, dass ich glücklich sein will in der Erinnerung an mein Glück, und dass dein teures Gedenken in diesem Zimmer fortbestehen soll. Ja, es wird immer voll von dir sein, solange Gott mich hier lassen mag. Höre mich, mein lieber Mann! Ich schwöre, dein Bett so zu lassen, wie es jetzt ist. Niemals habe ich mich ohne dich hineingelegt, es möge also leer und kalt bleiben. Dich verlierend, habe ich wirklich all das verloren, was das Weib macht: Herrn, Gatten, Vater, Freund, Gefährten, Mann, kurz alles!«
»Der Herr ist tot!« schrieen die Dienstboten.
Während des Schreis, der allgemein wurde, nahm die Witwe die an ihrem Gürtel hängende Schere und schnitt sich die Haare ab, die sie in ihres Gatten Hand legte. Es entstand ein tiefes Schweigen.
»Dieser Akt bedeutet, dass sie sich nicht wiederverheiraten will,« sagte Benassis. »Viele Verwandte erwarteten diesen Entschluss!«
»Nimm, mein lieber Herr,« sagte sie mit einer Herzenswärme in der Stimme, die alle Anwesenden bewegte, »hüte in deinem Grabe die Treue, die ich dir geschworen habe. So werden wir immer vereint sein, und ich will unter deinen Kindern aus Liebe zu jener Nachkommenschaft bleiben, die deine Seele verjüngte. Könntest du mich hören, mein Mann, mein einziger Schatz, und vernehmen, dass du mich noch leben lässt, du, der du tot bist, um deinem geheiligten Willen zu gehorchen, und um dein Gedächtnis zu ehren!«
Benassis drückte Genestas die Hand, um ihn einzuladen, ihm zu folgen, und sie gingen hinaus. Der erste Saal war angefüllt mit Leuten, die aus einer anderen, ebenfalls in den Bergen gelegenen Gemeinde gekommen waren. Alle blieben schweigsam und gesammelt, wie wenn der Schmerz und die Trauer, die über diesem Hause schwebten, sie bereits ergriffen hätten. Als Benassis und der Major über die Schwelle gingen, hörten sie folgende Worte, die einer der neu hinzugekommenen Gäste zu dem Sohne des Entschlafenen sagte:
»Wann ist er denn gestorben?«
»Ach,« rief der Älteste, der ein Mann von fünfundzwanzig Jahren war, »ich habe ihn nicht sterben sehen! Er hatte mich gerufen und ich war nicht da!«
Schluchzen unterbrach ihn, aber er fuhr fort:
»Am Vorabend hat er zu mir gesagt: ›Junge, du sollst in den Flecken gehen und unsere Steuern bezahlen; die Begräbnisfeierlichkeiten für mich könnten euch hindern, daran zu denken, und wir würden zu spät kommen, was noch nie geschehen ist.‹ Es schien ihm besser zu gehen, und ich, ich bin gegangen. Während meiner Abwesenheit ist er gestorben, ohne dass ich seiner letzten Umarmungen teilhaftig geworden bin! In seiner letzten Stunde hat er mich nicht bei sich gesehen, wie ich es sonst immer war!«
»Der Herr ist tot!« schrie man.
»Ach, er ist tot, und ich habe weder seine letzten Blicke noch seinen letzten Seufzer empfangen. Warum nur an die Steuern denken? Wär' es nicht besser gewesen, unser ganzes Geld zu verlieren, als das Haus zu verlassen? Könnte unsere Habe sein letztes Lebewohl bezahlen? Nein ... Mein Gott! Wenn dein Vater krank ist, Verlass ihn nicht, Jean, du würdest dir sonst dein ganzes Leben über Vorwürfe machen.«
»Lieber Freund,« sagte Genestas zu ihm, »ich habe Tausende von Männern auf den Schlachtfeldern sterben sehen, und der Tod wartete nicht, bis ihre Kinder kamen und ihnen Lebewohl sagten; also tröstet Euch, Ihr seid nicht der einzige.«
»Ein Vater, mein lieber Herr,« erwiderte er in Tränen ausbrechend, »ein Vater, der ein so guter Mann war.«
»Diese Leichenrede,« sagte Benassis, sich mit Genestas nach den Nebengebäuden der Meierei wendend, »dauert bis zu dem Augenblick, da die Leiche in den Sarg gelegt wird, und die ganze Zeit über wird die Rede dieser klagenden Frau sich an Wucht und an Bildern steigern. Doch, um vor einer so großen Versammlung so zu reden, muss eine Frau durch ein makelloses Leben das Recht dazu erworben haben. Wenn die Witwe sich den geringsten Fehl vorzuwerfen hätte, würde sie nicht ein einziges Wort zu sagen wagen; andernfalls hieße das sich selber dazu verurteilen, Angeklagte und Richterin zugleich zu sein. Ist solch eine Sitte, die dazu dient, den Toten und den Lebenden zu richten, nicht erhaben? Die Trauerkleidung wird erst acht Tage später in einer öffentlichen Zusammenkunft angelegt. Während dieser Woche wird die Familie bei den Kindern und der Witwe bleiben, um ihnen ihre Angelegenheiten ordnen zu helfen und um sie zu trösten. Diese Versammlung übt einen großen Einfluss auf die Gemüter aus, unterdrückt die bösen Leidenschaften durch jenen menschlichen Respekt, der die Menschen überkommt, wenn sie einander gegenüberstehen. Am Tage der Traueranlegung endlich findet ein feierliches Mahl statt, bei dem alle Verwandten sich Lebewohl sagen. All das geht würdig vor sich,