Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак страница 36

Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак

Скачать книгу

was setzen Sie aber aufs Spiel, wenn Sie nicht daran glauben! Aber, reden wir von den irdischen Interessen, die Sie am meisten berühren. Sehen Sie, wie stark sich der Finger Gottes den menschlichen Dingen aufgedrückt hat, indem er sie durch seines Stellvertreters Hand berührte. Die Menschen haben viel verloren, als sie von den vom Christentum vorgezeichneten Wegen abgingen. Die Kirche, deren Geschichte zu lesen wenige Leute sich einfallen lassen, die Kirche, die man nach gewissen absichtlich im Volke verbreiteten irrigen Meinungen beurteilt, hat das vollkommene Muster der Regierung, welche die Menschen heute zu errichten suchen, geboten. Ihr Wahlprinzip hat lange eine große politische Macht aus ihr gemacht. Ehedem hat es nicht eine einzige religiöse Institution gegeben, die nicht auf der Freiheit, auf der Gleichheit basiert gewesen wäre. Alle Wege halfen zum Werke mit. Der Rektor, der Abbé, der Bischof, der Ordensgeneral, der Papst wurden damals gewissenhaft nach den Bedürfnissen der Kirche gewählt, sie drückten ihren Gedanken aus: folglich war man ihnen den blindesten Gehorsam schuldig. Schweigen will ich von den sozialen Wohltaten dieses Gedankens, der die modernen Nationen geschaffen, so viele Dichtungen, Kathedralen, Statuen, Gemälde und Musikwerke inspiriert hat, um Sie nur darauf aufmerksam zu machen, dass Ihre bürgerlichen Wahlen, das Geschworenenkollegium und die beiden Kammern ihre Wurzeln in den provinzialen und ökumenischen Konzilien, im Episkopat und im Kardinalskollegium haben, nur mit dem Unterschied, dass die philosophischen Ideen der Gegenwart über die Zivilisation mir vor der erhabenen und göttlichen Idee der katholischen Gemeinschaft, dem Bilde einer universellen sozialen Gemeinschaft, vollendet durch das Wort und die Tat, die in dem religiösen Dogma vereinigt sind, zu verblassen scheinen. Es wird für die neuen politischen Systeme, wie vollkommen man sie auch annehmen mag, schwer werden, die Wunder zu wiederholen, die man dem Zeitalter verdankte, da die Kirche die menschliche Intelligenz trug.«

      »Warum?« fragte Genestas.

      »Zuerst, weil die Wahl, um ein Prinzip zu sein, bei den Wählern eine absolute Gleichheit verlangt: sie müssen – um mich eines geometrischen Ausdrucks zu bedienen – gleiche Größen sein, was die moderne Politik niemals zuwege bringen wird. Dann kommen die großen sozialen Dinge nur durch die Macht der Gefühle zustande, die allein die Menschen vereinigen kann, und die moderne Scheinphilosophie hat die Gesetze auf dem persönlichen Interesse basiert, das sie zu isolieren bestrebt ist. Ehedem traf man mehr als heute bei den Nationen auf Menschen, die in edler Weise von einem mütterlichen Geiste, den missverstandenen Gesetzen und den Leiden der Menge gegenüber, beseelt waren. So widersetzte sich auch der Priester, ein Kind des Mittelstandes, der materiellen Gewalt und verteidigte die Völker gegen ihre Feinde. Die Kirche hat territoriale Besitzungen gehabt und ihre zeitlichen Interessen, die sie scheinbar konsolidieren mussten, haben ihre Tätigkeit schließlich geschwächt. Tatsächlich besitzt der Priester privilegierte Eigenschaften, er ist scheinbar ein Bedrücker; der Staat bezahlt ihn, er ist ein Beamter, er schuldet seine Zeit, sein Herz, sein Leben. Die Bürger machen ihm seine Tugenden zur Pflicht und seine Wohltätigkeit, die durch das Prinzip des freien Willens lahmgelegt wird, verdorrt in seinem Herzen. Sei der Priester aber arm, sei er freiwillig Priester, ohne eine andere Stütze wie Gott, ohne ein anderes Vermögen wie die Herzen der Gläubigen zu besitzen, so wird er wieder der Missionar Amerikas, setzt er sich als Apostel ein und ist der Fürst des Guten. Kurz, er herrscht nur durch den Mangel und unterliegt durch den Reichtum.«

      Monsieur Janvier hatte sich der Aufmerksamkeit bemächtigt. Die Gäste schwiegen und dachten über die so ungewohnten Worte im Munde eines einfachen Pfarrers nach.

      »Monsieur Janvier, inmitten der Wahrheiten, die Sie zum Ausdruck gebracht haben, findet sich ein schwerer Irrtum. Wie Sie wissen, liebe ich es nicht, über die durch die modernen Schriftsteller und die gesetzliche Gewalt von heute angezweifelten allgemeinen Interessen zu diskutieren. Meines Ermessens muss ein Mann, der ein politisches System ersinnt, wenn er die Kraft in sich fühlt, es in Anwendung bringen, schweigen, die Macht an sich reißen und handeln. Ist es aber, wenn er in der glücklichen Dunkelheit eines einfachen Bürgers verharrt, nicht eine Narrheit, die Massen durch individuelle Diskussionen bekehren zu wollen? Nichtsdestoweniger muss ich Sie hier bekämpfen, mein lieber Seelenhirt, weil ich mich hier an wackere Leute wende, die gewöhnt sind, ihre Ansichten zu vereinigen, um in allen Dingen die Wahrheit zu suchen. Meine Gedanken können Ihnen seltsam erscheinen, sind aber die Frucht der Überlegungen, welche mir die Katastrophen unserer letzten vierzig Jahre eingegeben haben. Das allgemeine Wahlrecht, welches die der sogenannten konstitutionellen Opposition angehörenden Leute fordern, war in der Kirche ein ausgezeichnetes Prinzip, weil, wie Sie es soeben ausgesprochen haben, lieber Pfarrer, die Individuen in ihr alle unterrichtet, durch das religiöse Gefühl diszipliniert, von dem nämlichen Prinzip durchdrungen waren, und wohl wussten, was sie wollten und wohin sie strebten. Der Triumph der Ideen aber, mit deren Hilfe der moderne Liberalismus unklugerweise die gedeihliche Regierung der Bourbons bekämpft, wird das Verderben Frankreichs und der Liberalen selber sein. Die Häupter der Linken wissen das sehr gut. Für sie ist dieser Kampf eine einfache Machtfrage. Wenn, was Gott verhüten möge, die Bourgeoisie unter dem Banner der Opposition die sozial hervorragenden Persönlichkeiten, gegen welche ihre Eitelkeit sich sträubt, niederwürfe, müsste diesem Triumph unverzüglich ein Kampf folgen, der von der Bourgeoisie gegen das Volk geführt würde, das später in ihr eine Art freilich armseligen Adels sehen würde, dessen Glücksgüter und Privilegien ihm um so verhasster sein dürften, als es sie aus größerer Nähe fühlen würde. In diesem Kampfe würde die Gesellschaft, ich sage nicht die Nation, von neuem untergehen, weil der stets nur momentane Triumph der leidenden Masse die größten Unordnungen mit sich bringt. Dieser Kampf würde erbittert und rastlos sein; denn er würde auf instinktiven oder künstlich herbeigeführten Spaltungen zwischen den Wählern beruhen, deren minder aufgeklärter aber numerisch größerer Teil in einem System, wo die Wahlstimmen gezählt und nicht gewogen werden, den Sieg über die Spitzen der Gesellschaft davontragen wird. Daraus folgt, dass eine Regierung niemals stärker organisiert, folglich vollkommener ist, als wenn sie für die Verteidigung eines beschränkteren Privilegs bestellt ist. Was ich in diesem Augenblick Privileg nenne, ist keines jener Rechte, die früher bestimmten Personen zum Nachteile aller missbräuchlicherweise gewährt worden sind, nein; es drückt viel genauer den sozialen Kreis aus, in welchem die Entwicklung – die Macht beschlossen liegt. Die Macht ist gewissermaßen das Herz des Staates. Nun, in allen ihren Schöpfungen hat die Natur das vitale Prinzip enger begrenzt, um ihm größere Spannkraft zu verleihen; so auch bei den politischen Körperschaften. Ich will meinen Gedanken durch Beispiele erläutern. Lassen wir in Frankreich hundert Pairs zu, so werden sie nur hundert Friktionen verursachen. Schaffen wir die Pairswürde ab, so werden alle reichen Leute Privilegierte; statt hundert, werden wir ihrer zehntausend haben, und sie werden die Wunde der sozialen Ungleichheiten vergrößert haben. In der Tat bildet für das Volk nur das Recht zu leben, ohne zu arbeiten, ein Privileg. In seinen Augen beraubt der es, welcher konsumiert, ohne zu produzieren. Es verlangt sichtbare Arbeiten und rechnet die intellekten Produktionen, die es am meisten bereichern, nicht. So dehnen Sie also, wenn Sie die Reibungsflächen vermehren, den Kampf auf alle Teile des sozialen Körpers aus, anstatt ihn auf einen engen Kreis zu begrenzen. Wenn Angriff und Widerstand allgemein sind, steht der Ruin eines Landes nahe bevor. Stets wird es weniger Reiche als Arme geben, also gewinnen letztere den Sieg, sobald der Streit ein materieller wird. Die Geschichte stützt mein Prinzip. Die römische Republik verdankte die Eroberung der Welt der Einrichtung des senatorischen Privilegs. Der Senat hielt den Machtgedanken starr aufrecht. Als jedoch die Ritter und die Emporkömmlinge die Regierungstätigkeit dadurch, dass sie das Patriziat erweiterten, ausgedehnt hatten, war die res publica verloren. Trotz Sulla, und nach Cäsar hat Tiberius das römische Kaiserreich daraus geschaffen, ein System, wo die Macht, dadurch, dass sie in eines einzigen Mannes Händen vereinigt war, das Leben dieser großen Herrschaft um einige weitere Jahrhunderte verlängert hat. Der Kaiser war nicht mehr in Rom, als die ewige Stadt an die Barbaren fiel. Als unser Boden erobert wurde, erfanden die Franken, die sich in ihn teilten, das Feudalsystem, um sich ihre Privatbesitzungen zu sichern. Die hundert oder tausend Anführer, die das Land besaßen, führten ihre Einrichtungen zu dem Zwecke durch, die durch die Eroberung erworbenen Rechte zu verteidigen. Die Lehensherrschaft dauerte demnach so lange, bis das Privileg eingeschränkt wurde. Als aber die Männer dieser Nation (hommes de cette nation, wie die wahre Übersetzung des Wortes gentilshommes laute

Скачать книгу