Wenn Sie Sähe. Блейк Пирс

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Wenn Sie Sähe - Блейк Пирс

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Nach dem Tod ihres Vaters hatte sich Melissa zurückgezogen, vor allem gegenüber Kate. Sie hatte Kates Arbeit die Schuld am Mord ihres Vaters gegeben, und obwohl sie in späteren Jahren verstanden hatte, dass dies nicht zutraf, nahm sie es Kate übel, dass diese nach seinem Tod so viel Zeit bei der Arbeit verbracht hatte. Merkwürdigerweise hatte Melissa Interesse an einer eigenen Karriere beim FBI gezeigt… und trotz ihrer alles andere als positiven Einstellung hinsichtlich der Ereignisse des letzten Jahres, die Kates Pensionierung unterbrochen hatten.

      Noch immer lächelnd schnappte sich Kate ihr Handy und machte ein paar Fotos von Michelle. Sie schickte sie an Melissa, und nach kurzer Überlegung auch an Allen, nur fügte sie bei ihm noch die Nachricht „Zuviel Party“ hinzu.

      Sie ertappte sich dabei, dass sie ihn jetzt gern bei sich gehabt hätte. In letzter Zeit war das oft der Fall. Sie war nicht so naiv zu glauben, dass sie ihn liebte, aber sie meinte, sie sei im Begriff sich in ihn zu verlieben, wenn es so weiterlief wie bisher. Sie vermisste ihn, wenn er nicht bei ihr war, und wenn er sie küsste, fühlte sie sich zwanzig Jahre jünger.

      Sie lächelte, als Allen seinerseits mit einem Foto antwortete. Es war ein Selfie, auf dem er selbst mit zwei jungem Männern zu sehen waren, die genauso wie er aussahen - offensichtlich seine Söhne.

      Während sie das Foto betrachtete, klingelte ihr Handy. Der Name auf dem Display schickte eine Welle der Erregung, die sie nicht aufhalten konnte, durch ihren Körper.

      Deputy Director Duran rief sie an. Das wäre schon an sich aufregend gewesen, aber die Tatsache, dass es Freitag Abend um acht war, ließ ihre Alarmglocken läuten – Alarmglocken, deren Klang sie nur allzu gern mochte.

      Sie sammelte sich einen Moment, wobei sie noch immer Michelle anblickte, und nahm dann das Gespräch an. „Kate Wise“, sagte sie und bemühte sich, nicht aufgeregt zu klingen.

      „Wise, hier spricht Duran. Störe ich gerade?“

      „Nicht direkt, ist schon okay“, antwortete sie. „Ist alles in Ordnung?“

      „Das kommt darauf an. Ich rufe an um zu hören, ob Sie Interesse an einem Fall haben.“

      „Geht es um die alten, ungeklärten Fälle, die wir besprochen haben?“

      „Nein. Dieser hier… hat Ähnlichkeit mit einem Fall, den Sie 1996 ziemlich schnell gelöst haben. Zur Zeit haben wir vier Leichen an zwei verschiedenen Orten in Whip Springs und Roanoke, Virginia. Es sieht aus, als wären die Morde im Abstand von zwei Tagen verübt worden. Die Virginia State Police hat den Fall übernommen, aber ich habe schon mit denen gesprochen. Wenn Sie wollen, ist der Fall Ihrer. Aber Sie müssen sofort loslegen.“

      „Ich glaube, das kann ich nicht einrichten“, sagte sie. „Ich habe eine Verpflichtung, der ich nachkommen muss.“ Sie blickte Michelle an, und die Worte kamen ihr leicht über die Lippen. Aber ihr Körper wehrte sich mit jeder Faser gegen ihren neuen großmütterlichen Instinkt.

      „Naja, hören Sie sich doch bitte die Eckpunkte doch trotzdem an. Die Ermordeten sind verheiratete Ehepaare, eines Anfang fünfzig, das andere Anfang sechzig. Die letzten waren die in den Fünfzigern. Die Tochter hat sie gefunden, als sie heute vom College nach Hause kam. Die Tatorte liegen circa vierzig Kilometer voneinander entfernt, der eine in Whip Springs und der andere in der Nähe von Roanoke.“

      „Ehepaare? Gibt es irgendwelche Parallelen außer, dass sie verheiratet waren?“

      „Bisher noch nicht. Aber alle vier Leichen sind ziemlich übel zugerichtet. Der Killer hat ein Messer benutzt. Er ist langsam und methodisch vorgegangen. Soweit ich das beurteilen kann, ist in den nächsten zwei Tagen ein weiteres Ehepaar dran.“

      „Ja, das klingt nach dem Beginn von Serienmorden“, stimmte Kate zu.

      Sie dachte an den Fall von 1996, den Duran erwähnt hatte. Am Ende war es eine verrückte Nanny gewesen, die innerhalb von zwei Tagen zwei Ehepaare, für die sie über einen Zeitraum von zehn Jahren gearbeitet hatte, umgebracht hatte. Als Kate sie zur Strecke brachte, war sie gerade dem Weg, um ein drittes Ehepaar – und dann sich selbst, wie sie später aussagte – zu töten.

      Konnte sie diesen Fall wirklich ablehnen? Nach dem intensiven Flashback, den sie heute gehabt hatte… konnte sie sich da wirklich die Gelegenheit entgehen lassen, einen Serienkiller zu jagen?

      „Wie viel Bedenkzeit habe ich?“, fragte sie.

      „Ich gebe Ihnen eine Stunde Bedenkzeit. Mehr nicht. Ich brauche jetzt jemanden dran an dem Fall. Ich dachte, Sie und DeMarco könnten das gut übernehmen. Also, eine Stunde… je eher, desto besser.“

      Bevor sie „Okay“ oder „Danke“ sagen konnte, hatte Duran schon aufgelegt. Normalerweise war er freundlich und warmherzig, konnte aber sehr ungemütlich werden, wenn man nicht nach seiner Pfeife tanzte.

      So leise sie konnte, ging sie zum Bett herüber und setzte sich auf die Kante. Sie beobachtete Michelle beim Schlafen, beobachtete, wie der Atem langsam und methodisch ihren Brustkorb hob und senkte. Sie konnte sich genau daran erinnern, als Melissa noch so klein gewesen war und konnte sie sich nicht erklären, wo bloß die Zeit geblieben war. Und darum ging es; sie hatte auf Grund ihres Jobs so viel Zeit als Mutter verpasst. Trotzdem verspürte sie eine starke Bindung zu ihrem Job. Vor allem jetzt, da sie dort draußen sein konnte, auf der Jagd nach einem Killer.

      Was wäre sie für eine Person, wenn sie dieses Angebot ablehnte und Duran deshalb auf einen anderen Agenten zurückgreifen müsste, der womöglich nicht die gleichen Fähigkeiten mitbrächte wie sie selbst?

      Aber was für eine Mutter und Großmutter wäre sie, wenn sie jetzt Melissa anriefe mit der Bitte, sie möge ihre Tochter doch bitte früher abholen als vereinbart, weil das FBI sie wieder angerufen hatte?

      Noch weitere fünf Minuten starrte Kate Michelle an, legte sich sogar neben sie und legte ihr die Hand auf die Brust, um ihre Atmung zu spüren. Und das kleine Wesen zu sehen, das noch nichts über die Grausamkeiten wusste, die existierten, machte die Entscheidung viel leichter für Kate.

      Mit dem ersten finsteren Gesichtsausdruck des Tages griff sich Kate ihr Handy und rief Melissa an.

      ***

      Einmal, als Melissa ungefähr sechzehn Jahre alt war, hatte sie spätabends, als Kate und Michael schon schliefen, einen Jungen in ihr Zimmer geschmuggelt. Kate erwachte durch ein Geräusch (was sie später dafür gehalten hatte, dass jemandes Knie gegen die Wand schlug) und ging nach oben, um nachzuschauen. Als sie Melissas Tür aufmachte und ihre Tochter oben ohne mit einem Jungen im Bett vorfand, schmiss sie ihn vom Bett und schrie ihn an, dass er verschwinden solle.

      Die Wut in Melissas Augen damals war vergleichsweise gering gegen das, was sie jetzt sah, als sie nun Michelle gegen 21:30 Uhr in den Kindersitz schnallte – knapp eine Stunde, nachdem Duran Kate hinsichtlich des Falls in Roanoke angerufen hatte

      „Das ist voll daneben, Mama“, meinte sie.

      „Lissa, es tut mir leid. Aber was zum Teufel sollte ich denn machen?“

      „Also, soweit ich informiert bin, bleiben die Leute in Rente, wenn sie erstmal in Rente gegangen sind. Vielleicht probierst du es mal damit!“

      „So einfach ist das nicht“, entgegnete Kate.

      „Nee,

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