Wenn Sie Wüsste. Блейк Пирс

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Wenn Sie Wüsste - Блейк Пирс

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Adrenalinschub bringen wie das Eindringen in ein Haus, ohne zu wissen, was einen dort auf der anderen Seite der Tür erwartete.

      Nichts, was sie anfing, konnte es mit der Freude aufnehmen, die sie als FBI Agent verspürt hatte. Deshalb hatte sie nach einigen Monaten aufgehört zu suchen. Das einzige, was ähnlich war, waren ihre Besuche des Schießstands, wo sie zweimal pro Woche hinfuhr. Sie wäre noch öfter hingefahren, wenn sie nicht befürchtete, dass sie jüngeren Besucher dort in ihr nur den pensionierten FBI Agenten sahen, die versuchte, einen großen Moment ihres Lebens zurückzuerobern.

      Es war eine berechtigte Sorge. Denn schließlich war das genau, was sie tat.

      Es war Dienstag, kurz nach vierzehn Uhr, als ihr diese Tatsache wie Schuppen von den Augen fiel. Sie kam gerade wieder vom Schießstand und legte ihre M1911 Pistole wieder in ihre Nachttischschublade, als ihr diese Tatsache urplötzlich schmerzlich bewusst wurde.

      Einunddreißig Jahre. Sie war einunddreißig Jahre beim FBI gewesen. Sie hatte an mehr als einhundert Razzien teilgenommen, und war sechsundzwanzig mal Teil des Sondereinsatzkommandos gewesen, dass sich mit High Profile Fällen befasste. Sie war bekannt gewesen für ihre Schnelligkeit, ihre scharfe Auffassungsgabe und ihre allgemeine Ihr-könnt-mich-alle-mal-Einstellung.

      Sie war auch berühmt gewesen auf Grund ihres guten Aussehens, was sie selbst im Alter von fünfundfünfzig noch ein wenig ärgerte. Als sie mit dreiundzwanzig Agent wurde, dauerte es nicht lange, bis sie vulgäre Spitznamen hatte wie Beine und Barbie – Namen, auf Grund dessen Männer heutzutage rausfliegen würden, die aber für weibliche Agenten damals, als sie anfing, Gang und Gäbe waren.

      Kate hatte schon Nasen zerschmettert, weil ihre männlichen Kollegen ihr an den Hintern gefasst hatten. Einen hatte sie durch den fahrenden Aufzug geschleudert, weil er ihr etwas Obszönes ins Ohr geflüstert hatte, während er hinter ihr stand.

      Während die Spitznamen bis locker in ihre Vierziger blieben, galt dies nicht für die Avancen und lechzenden Blicke. Nachdem es die Runde gemacht hatte, dass sie sich wehrte, hatten ihre männlichen Kollegen gelernt, sie zu respektieren und sie nicht nur über ihren Körper zu definieren; ein Körper, der, das musste sie mit Stolz zugeben, sehr gut in Schuss war und dem die meisten Männer eine „Zehn von Zehn“ geben würden.

      Aber jetzt, mit fünfundfünfzig, merkte sie, dass sie selbst die Spitznamen vermisste. Sie hätte nicht gedacht, dass der Ruhestand so schwierig sein könnte. Der Schießstand war okay, jedoch nur ein Schatten dessen, was ihre Vergangenheit ausgemacht hatte. Durch Lesen hatte sie versucht, ihrer Sehnsucht nach der Vergangenheit beizukommen. Sie wollte sich speziell über Waffen belesen. Sie hatte schon zahllose Bücher über die Historie der Waffen gelesen, wie sie hergestellt wurden, die Präferenz von Generälen für bestimmte Waffen und ähnliches. Deshalb benutzte sie jetzt eine M1911, nämlich wegen der Historie dieser Waffe und welche Rolle sie in den amerikanischen Kriegen gespielt hatte; ein frühes Modell war schon im Ersten Weltkrieg benutzt worden.

      Sie hatte versucht, Romane zu lesen, aber sie kam einfach nicht rein in die Geschichten, obwohl ihr viele der Romane, in denen es um Cyberkriminalität ging, gefielen. Und obwohl sie viele Bücher, die ihr in jungen Jahren gefallen hatten, wieder gelesen hatte, konnte sie doch den erfundenen Charakteren nichts abgewinnen. Um nicht die traurige alte Frau zu sein, die gerade in den Ruhestand gegangen war und all ihre Zeit in der örtlichen Bücherei verbrachte, hatte sie all ihre Bücher im letzten Jahr bei Amazon bestellt. Mehr als einhundert davon stapelten sich jetzt in Kartons in ihrem Keller. Eines Tages würde sie ein paar Bücherregale bauen und den Keller in eine Art Arbeitszimmer umwandeln.

      Es war ja nicht so, als hätte sie viel anderes vor.

      Als sie mit Schrecken feststellte, dass sie das ganze letzte Jahr über eigentlich gar nichts gemacht hatte, setzte sie sich auf ihr Bett. Dort blieb sie einige Minuten bewegungslos sitzen. Sie schaute hinüber zum Schreibtisch, auf dem die Fotoalben lagen. Darin war nur ein einziges Familienbild. Darin hatte ihr verstorbener Mann Michael seinen Arm um ihre Tochter gelegt, während Kate lächelnd an seiner Seite stand. Es war ein Foto, das am Strand entstanden war, von schlechter Qualität, aber es hatte immer ihr Herz erwärmt.

      Alle anderen Bilder in den Alben waren von ihrer Arbeit: Bilder von der Arbeit hinter den Kulissen, Bilder von Partys ihrer Abteilung, sie selbst in jüngeren Jahren, wie sie im Swimming Pool Bahnen zog, auf dem Schießstand, auf der Aschenbahn und so weiter.

      Wie der Kleinstadtbürger, der nie seine Komfortzone verließ, sein Leben lebte, so hatte sie ihre letzten Jahre verbracht - immer in der Nähe derjenigen, die so taten, als hörten sie die Erlebnisse seines letzten Touchdowns während der High School Jahre gern.

      Sie war kein bisschen besser.

      Mit leichtem Schaudern erhob sich Kate und griff sich die Fotoalben von ihrem Schreibtisch. Langsam, fast methodisch, sah sie alle drei durch. Sie sah Bilder von sich selbst, als junge Frau, fortschreitend durch die Jahre, bis alle Bilder schließlich mit einem Handy aufgenommen waren. Sie sah sich selbst und Leute, die sie einst kannte; Leute, die direkt neben ihr während eines Falls gestorben waren, und ihr wurde klar, dass diese Momente zwar wichtig waren, um sie die Frau werden zu lassen, die sie war; dass diese Momente sie jedoch nicht komplett definierten.

      Die Zeitungsausschnitte, die sie hinten im Album gesammelt hatte, erzählten die Geschichte weiter. In allen ging es um sie. AGENT IM ZWEITEN JAHR SCHNAPPT KILLER titelte ein Artikel. WEIBLICHER AGENT EINZIG ÜBERLEBENDE IN FEUERGEFECHT MIT 11 TOTEN. Und dann der Artikel, der sie wirklich zur Legende gemacht hatte: MONDSCHEIN-KILLER NACH 13 OPFERN ENDLICH DINGFEST DURCH AGENT KATE WISE.

      Nach normalem gesundheitlichen Maßstab hatte sie noch gut zwanzig Jahre vor sich – sogar vierzig, wenn sie sich wirklich anstrengte und dem Tod entgegen stellte. Selbst das Mittelmaß von dreißig Jahren, also mit fünfundachtzig zu sterben… dreißig Jahre waren eine lange Zeit.

      In dreißig Jahren konnte sie viel tun. Für zehn der Jahre konnte sie vielleicht sogar noch eine wirklich gute Zeit haben, bevor die Gebrechlichkeit sie einholte und an ihrer Gesundheit fraß.

      Die Frage war natürlich, was sie mit diesen dreißig Jahren anfangen sollte.

      Und trotz ihres Rufes, einer der besten Agenten zu sein, die das FBI in den letzten zehn Jahren gesehen hatte, hatte sie keine Ahnung, was sie anfangen sollte.

      ***

      Abgesehen vom Schießstand und ihrer geradezu zwanghaften Leserei hatte Kate sich angewöhnt, sich einmal pro Woche drei anderen Frauen zum Kaffeetrinken zu treffen. Die vier amüsierten sich über sich selbst, indem sie behaupteten, den traurigsten Klub aller Zeiten gegründet zu haben: vier Frauen, alle gerade in den Ruhestand versetzt, ohne jegliche Idee, was sie mit ihrer neu gewonnenen Freizeit anfangen sollten.

      Am folgenden Tag fuhr Kate zu ihrem bevorzugten Café. Das Café in Familienhand hatte nicht nur besseren Kaffee als das überteuerte Gebräu von Starbucks, aber es war auch nicht überlaufen von Yuppies und Fußball-Muttis. Sie ging hinein und erblickte ihren Stammtisch hinten im Café, bevor sie ihren Kaffee am Tresen bestellte. Zwei der anderen drei Frauen waren schon da und winkten ihr zu.

      Kate schnappte sich ihren Kaffee mit Haselnussgeschmack und gesellte sich zu ihren Freundinnen. Sie setzte sich neben Jane Patterson, einer siebenundfünfzigjährigen, die seit sieben Monaten im Ruhestand war, nachdem sie ein Leben lang für verschiedene Firmen in der Telekommunikationsbranche in der Akquise gearbeitet hatte. Gegenüber saß Clarissa James, seit gut einem Jahr im Ruhestand von ihrem Job als Kriminologie-Ausbilderin beim FBI. Das vierte Mitglied ihres traurigen kleinen Klubs, die fünfundfünfzigjährige Debbie Meade, war noch nicht da.

      Merkwürdig,

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