Wenn Sie Wüsste. Блейк Пирс
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Читать онлайн книгу Wenn Sie Wüsste - Блейк Пирс страница 4
„Was ist los mit euch“, fragte Kate. „Ihr wisst, ihr sollt mich motivieren in Sachen Ruhestand. Ihre beide seht geradezu traurig aus.“
Jane und Clarissa warfen sich einen Blick zu, den Kate schon zahllose Male gesehen hatte. Während ihrer Zeit als Agent war ihr dieser Blick in Wohnzimmern begegnet, in Vernehmungsräumen, und in Wartezimmern von Krankenhäusern. Dieser Blick sprach Bände. Wer sagt es ihr?
„Was ist los?“, fragte sie.
Plötzlich war sie sich Debs Abwesenheit sehr bewusst.
„Es geht um Deb“, sagte Jane und bestätigte damit ihre Befürchtung.
„Naja, nicht um Deb selbst“, fügte Clarissa hinzu. „Es geht um ihre Tochter Julie. Bist du ihr je begegnet?“
„Einmal, glaube ich“, sagte Kate. „Was ist passiert?“
„Sie ist tot“, sagte Clarissa. „Ermordet. Bis jetzt haben sie keine Ahnung, wer es getan hat.“
„Oh mein Gott“, stieß Kate hervor, ehrlich betroffen für ihre Freundin. Sie kannte Deb seit ungefähr fünfzehn Jahren, hatte sie in Quantico kennengelernt. Damals arbeitete Kate als Assistenzausbilderin mit einer neuen Gruppe von Agenten, und Deb arbeitete mit den Technologieexperten an einem neuen Sicherheitssystem. Die beiden waren sofort auf einer Wellenlänge gewesen und hatten sich schnell angefreundet.
Die Tatsache, dass Deb sie weder angerufen noch ihr die Nachricht getextet hatte zeigte, wie sich Freundschaft über die Jahre verändern konnte.
„Wann ist es passiert?“, fragte Kate.
„Irgendwann gestern“, antwortete Jane. „Sie hat mir heute Morgen getextet.“
„Und sie haben keinen Verdächtigen?“ wollte Kate wissen.
Jane zuckte die Schultern. „Sie sagte nur, sie wissen nicht, wer es ist. Kein Anhaltspunkt, keine Spur, nichts.“
Sofort spürte Kate, wie sie in den Agentenmodus hineinrutschte. Wahrscheinlich war es genauso, als ob ein professioneller Läufer sich nach zu langer Zeit auf der Aschenbahn wiederfand. Sie hatte vielleicht kein Feld und keine jubelnden Zuschauer, die sie an ihre glorreichen Tage erinnerten, jedoch hatte sie ihren scharfen kriminologischen Verstand.
„Fang nicht an damit“, sagte Clarissa, die wusste, was Kate durch den Kopf ging.
„Womit?“
„Werde jetzt nicht zum weisen Agenten“, sagte Clarissa. „Sei jetzt einfach ihre Freundin. Ich kann sehen, wie die Rädchen sich in deinem Kopf in Bewegung setzen. Mensch, Lady. Hast du nicht eine schwangere Tochter? Wirst du nicht demnächst Großmutter?“
„Nochmal nachtreten, wenn ich schon am Boden liege, was?“, sagte Kate mit einem Lächeln. Sie ging nicht weiter darauf ein und fragte, „Debs Tochter… hatte sie einen Freund?“
„Keine Ahnung“, meinte Jane.
Eine unangenehme Stille überkam die kleine Runde. Während des letzten Jahres, seitdem sich die frischen Ruheständler angefangen hatten zu treffen, waren die Gespräche immer leichter Art gewesen. Dies war das erste ernste Thema, und es passte nicht in die Runde. Kate war natürlich an so etwas gewöhnt. Durch ihre Zeit beim FBI wusste sie solche Situationen zu handhaben.
Doch Clarissa hatte Recht. Als sie die Nachricht gehört hatte, war Kate ganz schnell wieder in ihren Agentenmodus gerutscht. Sie wusste, sie hätte zuerst als Freundin denken sollen – sie hätte an Debs Verlust und ihren emotionalen Zustand denken sollen. Aber der Agent in ihr war zu stark, ihre Instinkte waren stärker als alles andere, nachdem sie ein Jahr lang brachgelegen hatten.
„Was also können wir tun, um ihr zu helfen?“, fragte Jane.
„Ich dachte daran, sie mit Essen zu versorgen“, meinte Clarissa. „Ich kenne ein paar andere Frauen, die sich sicher gern daran beteiligen. Einfach sicherstellen, dass sie in den nächsten Wochen nicht selbst für ihre Familie kochen muss, während sie versucht, mit allem fertigzuwerden.“
Über die nächsten zehn Minuten planten die drei Frauen, wie sie dies für ihre trauernde Freundin am effektivsten bewerkstelligen konnten.
Aber Kate war bei diesem Gespräch nur oberflächlich dabei. Ihre Gedanken waren ganz woanders; sie versuchte, Fakten und versteckte Dinge über Deb und ihre Familie zusammen zu tragen; versuchte, einen Fall zu entdecken, wo vielleicht gar keiner war.
Oder vielleicht doch, dachte sich Kate. Und ich nehme an, dass es nur einen Weg gibt, um das herauszufinden.
KAPITEL ZWEI
Als sie in den Ruhestand ging, zog Kate wieder zurück nach Richmond, Virginia, wo sie in der Kleinstadt Amelia aufgewachsen war, ungefähr vierzig Minuten von Richmond entfernt. Zum College war sie direkt dort in der Innenstadt gegangen. Sie hatte dort ihre ersten Jahre verbracht, wollte nichts mehr als Kunst zu studieren. Nach drei Jahren war ihr durch einen ihrer Psychologiekurse klar geworden, dass sie ein Herz für die Kriminologie hatte. Der Weg nach Quantico und ihre anschließende, dreißigjährige Vorzeigekarriere war alles andere als geradlinig gewesen.
Jetzt fuhr sie durch einige Straßen Richmonds, die ihr so vertraut waren. Sie war erst einmal bei Debbie Meade zuhause gewesen, aber sie wusste noch genau, wo sie wohnte. Sie wusste es deshalb so genau, weil sie die Nachbarschaft neidvoll betrachtet hatte. Es war eines dieser älteren Gegenden, dicht an der Innenstadt gelegen, wo die Straßen von Bäumen gesäumt waren anstatt von Straßenlaternen und Hochhäusern.
Derzeit war Debs Straße voller buntem Laub der Ulmen, deren Äste sich über der Straße ausbreiteten. Sie musste drei Häuser weiter parken, da Familienangehörige und Freunde schon alle Parkmöglichkeiten vor Debs Haus in Beschlag genommen hatten.
Sie schritt den Bürgersteig entlang und versuchte sich zu überzeugen, dass dies keine gute Idee war. Ja, sie plante, das Haus als nichts als eine Freundin zu betreten – obwohl Jane und Clarissa sich entschieden hatten, bis zum Nachmittag zu warten, um Deb ein wenig Ruhe zu ermöglichen. Doch da war auch noch etwas anderes, etwas Tieferes. Die ganzen letzten Monate hatte sie nach etwas gesucht, was sie beschäftigen könnte, etwas von Bedeutung. Oft schon hatte sie davon geträumt, auf selbständiger Basis für das FBI arbeiten zu können, und wenn es sich dabei nur um Recherchearbeiten handelte.
Schon die kleinste Referenz zu ihrem Beruf versetzte sie in Aufregung. Sie war beispielsweise nächte Woche geladen, bei Gericht eine Aussage hinsichtlich einer Bewährungsanhörung zu machen. Sie war zwar nicht scharf darauf, sich wieder mit Kriminellen zu umgeben, aber schon der kleinste Ausflug in ihre alte Arbeitswelt war ihr willkommen.
Aber das war nächste Woche. Im Moment erschien ihr das wie eine Ewigkeit entfernt.
Sie beäugte die vordere Veranda von Deb Meades Haus. Sie wusste, warum sie in Wirklichkeit