Vermisst. Блейк Пирс
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Und doch.
Riley wusste viel über Jenn –– besonders über ihre Vergangenheit. Sie wusste, dass Jenn in einer sogenannten „Pflegefamilie“ aufgewachsen war, die von einer genialen und bösen Frau, die sich „Tante Cora“ nannte, geleitet worden war. Tante Cora hatte alle ihre Pflegekinder auf Rollen in ihrem eigenen kriminellen Netzwerk abgerichtet.
Soweit war Jenn das einzige Pflegekind gewesen, das Tante Coras Klauen entkommen konnte. Mit ihrem scharfen Verstand und ihrem entschlossenen Charakter hatte sie sich zuerst als Polizistin und dann als Verhaltensanalyseagentin Respekt verschaffen. Doch Riley wusste, dass Tante Cora in der Zeit, in der sie miteinander gearbeitet hatten, mit Jenn Kontakt gehabt hatte. Dieser Kontakt schien die junge Agentin immer zu verstören, doch er hatte sie nicht davon abgehalten ihre Arbeit zu tun.
Was war jetzt los? Versuchte Tante Cora Jenn zurück in ihre Einflusssphäre zu locken?
Sie würde mir das sicherlich erzählen, dachte Riley sich.
Die zwei hatten einander misstraut, als sie zum ersten Mal miteinander gearbeitet hatten, doch einige gefährliche Fälle hatten sie einander sehr viel nähergebracht. Sie hatten einander einige ziemlich dunkle Geheimnisse anvertraut. Jenn wusste sogar besser Bescheid als Bill, was Rileys frühere Verbindung mit einem kriminellen Genie namens Shane Hatcher anbelangte.
Riley und Jenn hatten sich darauf geeinigt, nichts Wichtiges voreinander zu verbergen. Daher war Riley nun zurückhaltend, wenn es darum ging, Erklärungen einzufordern.
Nein, beschloss sie. Ich muss ihr vertrauen.
Riley verzog bei ihrem eigenen Gedanken sie Miene.
Ihre Trennung von Blaine beschäftigte sie immer noch. Das tat auch Aprils unverantwortlicher Umgang mit der Pistole und Jillys Eingeschnapptheit darüber, dass sie keine eigene Pistole bekommen hatte.
Riley seufzte und dachte: Mit dem Vertrauen ist es bei mir gerade knapp.
*
Das Flugzeug war gerade mal eine Stunde in der Luft, als es auch schon im Philadelphia International Airport landete. Dort wurden die Agentinnen von einem Polizisten empfangen, der sie nördlich nach Springett brachte, einem wohlhabenden Philadelphia Vorort. Das Auto hielt vor einem hübschen dreistöckigen Haus, vor dem bereits ein paar Dienstfahrzeuge geparkt waren.
Riley und Jenn stiegen aus dem Auto und gingen zum Haus. Ihr Fahrer stieg ebenfalls aus und folgte ihnen.
Ein weißhaariger uniformierter Mann verließ das Haus und bahnte sich den Weg an der Polizeiabsperrung vorbei und über die Veranda. Er stellte sich selbst als Jeremy Kree vor, der Polizeichef des nahegelegenen Petersboro, wo der erste Mord stattgefunden hatte.
Als sie seine Hand schüttelte, sagte Riley: „Agentin Roston und ich werden ein Fahrzeug brauchen, um in der Gegend rumzukommen.“
Kree nickte und sagte: „Sie können den Wagen benutzen, in dem sie hierhergekommen sind.“
Er wies den Polizisten, der sie gefahren hatte an, ihnen die Schlüssel für das in Zivil getarnte Auto zu leihen. Dann führe er sie hinein ins Haus und stellte sie Burton Shore vor, einem jüngeren Mann, der der Polizeichef von Springett war. Burton führte sie an die Stelle, wo der Mord geschehen war.
Das erste, was Riley auffiel, war der Esszimmertisch, der ein modernes quadratisches Design hatte und von drei Stühlen an jeweils drei der Enden umgeben war. Dem Bericht den sie gelesen hatte zufolge, war ein vierter Stuhl ursprünglich Teil der Garnitur gewesen, bevor er gestohlen wurde. Der Tisch selbst kam ihr klein vor für so ein großes Familienhaus. In dem großen Esszimmerbereich wirkte er ziemlich merkwürdig.
Wahrscheinlich ein bedeutungsloses Detail, dachte Riley.
Trotzdem störte es sie, und sie war sich nicht sicher, wieso.
Shore führte sie um einen Marmortresen herum, der einen verräterischen Blutfleck an der Kante hatte. Dort auf dem Küchenzimmerboden war der Umriss der Leiche abgeklebt, der zeigte, wie das Opfer gefallen war. Eine große Lache bräunlichen Blutes auf dem Fliesenboden war beinahe vollständig geronnen, schien jedoch noch etwas feucht zu sein.
Riley fragte Chief Shore: „Wann wurde die Leiche abtransportiert?“
„Der Bezirksgerichtsmediziner hat gestern Abend befohlen, sie mitzunehmen. Er wollte so bald wie möglich die Autopsie beginnen. Ich nehme an, dass das ok ist.“
Riley nickte. Sie hätte es bevorzugt, dass der Tatort vor ihrer Ankunft so unangetastet wie möglich geblieben wäre. Doch die Entscheidung des Gerichtsmediziners war nicht unvernünftig gewesen, insbesondere weil die Verbindung mit dem ersten Mord nicht sofort klar gewesen war.
Sie fragte beide Chiefs: „Was haben Sie an Fotos?“
Chief Shore öffnete eine Mappe, um die Fotos vom hiesigen Tatort zu zeigen, an dem Joan Cornells Leiche gefunden worden war und Chief Kree holte Fotos des anderen ermordeten Opfers hervor. Riley und Jenn schauten sich die Fotos einige Momente schweigend an.
Beide Opfer hatten Stirnwunden, was darauf hindeutete, dass sie beide geschlagen oder zumindest betäubt worden waren, bevor ihnen die tödlichen Wunden an ihrem Hals zugefügt wurden. Dem Fleck auf dem Tresen nach zu urteilen, vermutete Riley, dass der Mörder die Frau mit dem Kopf gegen die Kante gestoßen haben musste und ihr die Kehle durchschnitt, als sie bereits am Boden lag.
Riley verspürte ein gruseliges Gefühl des déjà vu beim Anblick der klaffenden Halswunden und der enormen Menge Blut. Sie erinnerten sie an den ersten Fall, an dem sie jemals gearbeitet hatte, noch bevor sie sich überhaupt überlegt hatte, FBI Agentin zu werden. Das war vor Jahren, damals war sie eine Studentin an der Lanton University gewesen. Ein Mörder hatte zwei ihrer Freundinnen umgebracht, indem er ihre Kehlen in ihren Studentenheimzimmern aufgeschlitzt hatte. Riley war wiederwillig in den Sog der Ermittlungen geraten und ihr Leben war danach nie wieder dasselbe gewesen.
Schnell schüttelte Riley das Gefühl ab.
Neuer Mörder, andere Zeit, sagte sie sich.
Sie fragte Chief Shore: „Was wissen wir über den Mord, der an dieser Stelle passiert ist?“
Der junge Chief sagte: „Der Name des Opfers war Joan Cornell, sie war eine geschiedene Mutter von vier Kindern. Drei ihrer Kinder leben weiter weg, aber ihr ältestes Kind, eine Tochter, lebt immer noch hier in Springett. Die Tochter ist immer regelmäßig vorbeigekommen, um nach ihrer Mutter zu schauen. Gestern Nachmittag hat sie sie genau hier tot aufgefunden.“
Jenn fragte: „Lebt der Ex-Mann des Opfers in der Nähe?“
Chief Shore schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, er hat erneut geheiratet und lebt in Maine. Wir haben uns mit ihm in Verbindung gesetzt und uns von ihm Angaben über seinen Aufenthaltsort zur Tatzeit geben lassen. Wir werden sein Alibi überprüfen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es niet- und nagelfest ist.“
Riley stimmte stillschweigend zu. Irgendwie sah dieser Mord nicht nach einer Tat eines zornigen Ex-Mannes aus, besonders eines, der so weit weg lebte. Und insbesondere dann nicht, wenn diese