Vorher Neidet Er. Блейк Пирс
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Mit Ellingtons Arbeitsbeginn fühlte sich Mackenzie wirklich wie eine Mutter. Sie vermisste Ellingtons Hilfe während den ersten Tagen sehr, aber es war auch etwas Besonderes, alleine mit Kevin zu sein. Sie lernte seine Routine und seine Eigenarten besser kennen. Und obwohl sie meistens auf der Couch saß, sich regenerierte und Netflix-Serien schaute, fühlte sie dennoch, wie ihre Verbindung wuchs.
Doch Mackenzie war nie jemand gewesen, der einfach so herumsitzen konnte und schon nach einer Woche fühlte sie sich ihrer Netflix-Schauerei wegen schuldig. Stattdessen nutzte sie ihre Zeit, auf der Realität basierende Kriminalgeschichten zu lesen. Sie hörte Podcasts und fand Bücher online, die sie las, um ihren Verstand auf Trab zu halten, indem sie versuchte, die Auflösungen der Fälle zu finden, bevor die Erzähler es taten.
In den ersten sechs Wochen ging sie auch zwei Mal zum Arzt, um sicherzustellen, dass ihre Kaiserschnittnarbe gut verheilte. Während die Ärzte sich freuten, wie schnell sie Fortschritte machte, konnten sie gar nicht oft genug erwähnen, welche Rückschläge eine zu zeitige Rückkehr zur Normalität haben könnte. Sie warnten sie vor den gravierenden Auswirkungen von scheinbar einfachen Tätigkeiten wie beispielsweise Bück-Bewegungen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sich Mackenzie wirklich gebrechlich. Das gefiel ihr nicht, aber sie hatte Kevin, auf den sie sich konzentrieren konnte. Es war ihre Aufgabe, dass er glücklich und gesund war. Wie bereits während der Schwangerschaft geplant, war es wichtig, eine Routine für ihn aufzubauen und ihn außerdem darauf vorzubereiten, von ihr getrennt zu sein, wenn er bereit für die Kita war. Sie hatte bereits eine angesehene Tagesmutter gefunden und einen Platz reserviert. Obwohl der Anbieter Kinder ab zwei Monaten annahm, hatten Mackenzie und Ellington entschieden, zu warten, bis Kevin mindestens fünf oder sechs Monate alt war. Der Platz, den sie reserviert hatten, würde freiwerden, wenn Kevin sechs Monate alt war, was Mackenzie genug Zeit verschaffte, sich nicht nur mit Kevins Entwicklung auseinanderzusetzen, sondern auch selbst für die Trennung bereit zu sein.
Solange Kevin bei ihr war, hatte sie kein Problem damit, zu warten und zu heilen. Obwohl sie es Ellington nicht übelnahm, zur Arbeit zurückgekehrt zu sein, ertappte sie sich auch ab und an dabei, sich zu wünschen, ihn bei sich zu haben. Er verpasste Kevins Lächeln, seine niedlichen kleinen Eigenheiten, die er entwickelte, sein Gurren und all die anderen Babygeräusche, die er von sich gab.
Als Kevin einen Meilenstein nach dem anderen absolvierte, dachte sie immer häufiger an den näher rückenden Übergang zur Tagespflege. Und damit auch an ihre Rückkehr zur Arbeit. Der Gedanke war aufregend, aber wenn sie ihrem Sohn in die Augen sah, wusste sie nicht, ob sie ein Leben der Gefahr, der Unsicherheit und der auf sie gerichteten Waffen führen konnte. Es schien fast schon unverantwortlich, dass sie und Ellington beide gefährliche Jobs hatten.
Die Aussicht, bald wieder arbeiten zu gehen – beim FBI oder einer anderen Arbeitsstelle mit Gefahren-Potenzial – wurde immer weniger reizvoll, je näher sie ihrem Sohn kam. Und als der Arzt ihr, nach etwas weniger als drei Monaten, die Erlaubnis gab, leichten Sport zu treiben, war sie sich nicht sicher, überhaupt wieder zum FBI zurückkehren zu wollen.
KAPITEL DREI
Grand Teton National Park, Wyoming
Bryce saß auf der Kante der Felswand und ließ seine Füße baumeln. Die Sonne ging langsam unter und tauchte den Himmel in Gold- und Orangetöne, die am Horizont immer röter wurden. Er massierte seine Hände und dachte an seinen Vater. Seine Kletter-Ausrüstung befand sich hinter ihm, eingepackt und bereit für das nächste Abenteuer. Er musste noch etwa anderthalb Kilometer wandern, bevor er seinen Wagen erreichte. Insgesamt würde er dann heute fast zehn Kilometer gelaufen sein. Doch noch dachte er nicht an seinen Wagen.
Er dachte weder an sein Auto, sein Zuhause noch seine frischgebackene Ehefrau. Sein Vater war genau vor einem Jahr gestorben und sie hatten seine Asche hier, an der südlichen Felskante des Logan’s View verstreut. Er war sieben Monate vor Bryces Hochzeit gestorben, eine Woche bevor seinem einundfünfzigsten Geburtstag.
An diesem Ort, der südlichen Felswand des Logan’s View, hatte Bryce mit seinem Vater seine erste, vollständige Erklimmung des Bergs gefeiert. Bryce hatte gewusst, dass dies nicht unbedingt als komplizierter Aufstieg gewertet wurde, aber für einen Siebzehnjährigen, der bis zu dem Zeitpunkt nur wesentlich kleinere Felswände im Grand Teton National Park bezwungen hatte, war es genau das gewesen.
Bryce wusste nicht, was an diesem Ort so besonders war und war sich auch nicht sicher, warum sein Vater genau hier seinen letzten Ruheplatz finden wollte. Es war fast ein Jahr her, seitdem Bryce und seine Mutter auf dem Kiesplatz zweieinhalb Kilometer von seinem jetzigen Sitzplatz aus geparkt hatten, um die Asche dann hier dem Wind zu übergeben. Sicher, der Sonnenuntergang war hübsch, aber der Nationalpark bot viele nette Ausblicke.
„Ich bin zurückgekommen, Dad“, sagte Bryce. „Ich klettere immer mal wieder, aber nicht so extrem wie du es getan hast.“
Bryce lächelte und dachte an das Foto, das man ihm kurz nach der Beerdigung seines Vaters gegeben hatte. Sein Vater hatte sich am Everest versucht, aber sich bereits nach eineinhalb Tagen den Knöchel verstaucht. Er hatte in Alaska Gletscher bezwungen und eine Vielzahl unbenannter Felsformationen in den Wüsten Amerikas bestiegen. Der Mann war für Bryce wie eine Legende und genauso wollte er ihn auch in Erinnerung behalten.
Er betrachtete den Sonnenuntergang und war sich sicher, dass er seinem Vater gefallen hätte. Auch wenn dieser Sonnenuntergang, verglichen mit all denen, die er in seinen Kletterjahren von verschiedenen Aussichtspunkten aus gesehen hatte, vermutlich nichts Besonderes war.
Bryce seufzte und bemerkte, dass die Tränen, die normalerweise kamen, ausblieben. Langsam begann sich das Leben ohne seinen Dad zu normalisieren. Natürlich trauerte er noch, aber er lebte weiter. Er stand auf und drehte sich zu seinem Rucksack und seiner Kletterausrüstung um. Ruckartig blieb er stehen und betrachtete alarmiert den Mann, der direkt hinter ihm stand.
„Tut mir leid“, sagte der Mann, der nicht mal einen Meter von ihm entfernt war.
Wie zum Teufel habe ich ihn nicht gehört? Bryce war verwirrt. Er muss sich sehr leise und bewusst bewegt haben. Hat er vorgehabt, sich an mich heranzuschleichen? Mich zu beklauen? Meine Ausrüstung zu stehlen?
„Kein Problem“, sagte Bryce und entschied sich dazu, den Mann zu ignorieren. Er war etwa Anfang dreißig, ein dünner Bartflaum bedeckte sein Kinn und er trug eine Beanie-Mütze auf dem Kopf.
„Netter Sonnenuntergang, hm?“, fragte der Mann.
Bryce hob seine Tasche auf, schnallte sie sich auf den Rücken und begann, sich zu bewegen. „Ja, auf jeden Fall“, antwortete er.
Er ging auf den Mann zu, mit der Absicht, ihn zu passieren, ohne weiter auf ihn einzugehen. Doch der Mann blockierte seinen Weg mit dem Arm. Als Bryce versuchte, darum herumzugehen, packte der Mann ihn am Arm und stieß ihn nach hinten.
Als er zurück stolperte, war Bryce sich der Leere, die nur eineinhalb Meter hinter ihm wartete, sehr wohl bewusst. Hundertzwanzig Meter Tiefe.
Bryce hatte in seinem Leben erst einmal einen Schlag abgesondert und das war in der zweiten Klasse gewesen, als ein Idiot ihm auf dem Spielplatz einen albernen Deine-Mutter-Witz erzählt hatte. Doch Bryce ballte seine Faust und war bereit, zu kämpfen, wenn er es musste.
„Was