Gemieden. Блейк Пирс
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PROLOG
Robin schreckte aus dem Schlaf auf.
Sie lag hellwach in ihrem Bett. Zuerst dachte sie, dass ein Geräusch, das irgendwo aus dem Inneren ihres kleinen Hauses kam, sie aufgeweckt haben musste.
Zerschellendes Glas?
Doch als sie dalag und hinhörte, merkte sie, dass es nichts zu hören gab, außer das beruhigende Brummen des Heizofens, das aus dem Keller kam.
Sie hatte sich das Geräusch sicherlich nur eingebildet.
Mach dir keine Sorgen, dachte sie sich.
Doch als sie sich auf die Seite drehte um wieder einzuschlafen, fühlte sie einen plötzlichen stechenden Schmerz in ihrem linken Bein.
Das schon wieder, dachte Robin mit einem Seufzen.
Sie machte die Lampe auf dem Beistelltisch an und zog die Decke zur Seite.
Es überraschte sie nicht mehr zu sehen, dass sie kein linkes Bein hatte. Sie hatte sich bereits vor Monaten daran gewöhnt. Das Bein wurde über dem Knie amputiert, nachdem ihre Knochen in einem schrecklichen Autounfall letztes Jahr zu Brei zertrümmert worden waren.
Doch der Schmerz war sehr real –– eine Kombination aus pochendem, krampfartigem und brennendem Schmerz.
Sie setzte sich im Bett auf und starrte den Beinstumpf unter ihrem Nachthemd an. Seit der Amputation hatte sie Phantomschmerzen, meistens kamen sie Nachts, wenn sie versuchte zu schlafen.
Sie schaute auf die Uhr, die auf dem Nachtkästchen stand und sah, dass es vier Uhr morgens war. Sie stöhnte genervt. Oft wurde sie genau zu dieser Stunde oder etwas früher von dem Schmerz geweckt und dann wusste sie, dass sie keine Chance hatte wieder einzuschlafen, solange der Schmerz sie quälte.
Sie überlegte, ob sie unters Bett greifen und ihre Spiegelbox rausholen sollte –– ein Therapieinstrument, dass ihr schon oft durch solche Anfälle geholfen hatte. Dafür musste sie den Stumpf in eine lange, prismenartige Box stecken, die an der Innenseite mit einem Spiegel ausgestattet war, sodass ihr heiles Bein eine Spiegelung produzierte. Die Spiegelbox gab ihr damit die Illusion, dass sie noch beide Beine hatte. Es war ein merkwürdige, aber effektive Methode um den Phantomschmerz zu lindern oder sogar ganz loszuwerden.
Sie schaute das Spiegelbild an, während sie ihr anderes Bein berührte, die Muskeln ihres Fußes, ihrer Zehen und ihres Unterschenkels an- und wieder entspannte und schaffte es somit ihr Gehirn auszutricksen und es zu überzeugen, dass sie immer noch beide Beine besaß. Indem sie sich vorstellte, dass sie das verlorene Bein kontrollierte, konnte sie oft die Schmerzen und Krämpfe, die sie fühlte, bekämpfen.
Doch es klappte nicht immer. Es benötigte ein Maß an meditativer Konzentration, das sie nicht immer aufbringen konnte. Und sie wusste aus Erfahrung, dass es unwahrscheinlich war, dass sie direkt nach dem Aufwachen zu so früher Stunde Erfolg damit haben würde.
Dann kann ich auch genauso gut aufstehen und etwas arbeiten, dachte sie.
Sie überlegte kurz, ob sie die Beinprothese, die neben dem Bett lag, anlegen sollte. Das würde bedeuten, sie müsste einen einen Nylongel Strumpf über den Stumpf ziehen und einige Paar Socken, um das Schrumpfen des Stumpfes zu kompensieren, wonach sie dann die Prothese an ihren Platz schnallen konnte und mit ihrem gesamten Gewicht dagegen drücken, bis sie die Prothese in die korrekte Position einrasten fühlen konnte.
Es erschien ihr den Aufwand nicht wert –– besonders wenn sie Glück haben sollte und der Schmerz bald von selbst vergehen würde, sodass sie doch noch einmal ins Bett zurück gehen konnte.
Stattdessen zog sie sich ihren Morgenmantel über und griff nach ihren Krücken, wonach sie aus dem Schlafzimmer in ihre Küche humpelte.
Ein Stapel Papiere, der sich auf dem Tisch türmte, erwartete sie dort.