Nur den Auserwählten. Морган Райс
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Royce war sich nicht sicher, ob es darauf eine gute Antwort gab. Er sah nur eine Möglichkeit und die war alles andere als unauffällig.
„Hört mir zu!“, rief er über den Tumult der Docks. „Ich brauche ein Schiff. Gibt es hier einen Kapitän, der bereit ist, zu den Sieben Inseln zu segeln?“
„Ist das wirklich klug?“, fragte Bolis.
„Wie sonst sollen wir jemanden finden?“, erwiderte Royce. Selbst wenn sie in eine Taverne gingen und still und leise danach fragten, würden sich die Neuigkeiten schnell herumsprechen. Vielleicht war es auf diese Art sogar besser. Er erhob seine Stimme erneut: „Ich frage nochmal: Wer kann uns zu den Sieben Inseln bringen?“
„Warum willst du dorthin?“, rief eine Männerstimme zurück. Der Mann, der nach vorne marschierte, trug helle Seidenstoffe eines Kaufmanns und hatte einen großen Bauch, der von einem etwas zu angenehmen Leben zeugte.
„Wir haben dort geschäftlich zu tun“, antwortete Royce, der nicht mehr sagen wollte. „Dort warten Leute, die mich und meine Begleiter anheuern möchten.“
Der Mann kam noch näher. Royce beobachtete sein Gesicht und suchte nach einem Zeichen, dass der Mann sie erkannt hatte. Aber er entdeckte nichts.
„Als was?“, fragte der Mann. „Seid ihr Narren, Gaukler?“
Royce schaltete schnell. Vielleicht konnten sie nicht so einfach als Söldner durchgehen, aber das...
„Natürlich“, sagte er und stellte sicher, dass er Bolis nicht in die Augen sah. „Wir haben eine Anstellung auf den Sieben Inseln.“
„Die Bezahlung muss gut sein, damit ihr dort hingeht“, sagte der Kapitän. „Was bedeutet, dass ihr gut bezahlen könnt, nicht wahr?“
Royce zog einen kleinen Beutel hervor. „Bis zu einem gewissen Grad.“
Wenn es ihn zu seinem Vater bringen würde, war er bereit jede Münze in der Tasche zu bezahlen. Er warf den Beutel in Richtung des Kapitäns, der sie auffing.
„Ist das genug?“, fragte Royce.
Das war die andere Gefahr. Der Kapitän könnte sich umdrehen, das Geld nehmen und damit zurück zu seinem Schiff laufen. Es gab nichts, was Royce dagegen tun konnte, denn es würde seine Deckung auffliegen lassen. Einen Monat lang schien alles stehenzubleiben.
Dann nickte der Kapitän. „Aye, es ist genug. Ich werde euch in einem Stück zu den Sieben Inseln bringen. Danach seid ihr auf euch alleine gestellt.“
KAPITEL ZWEI
Genevieve stolperte benebelt aus der Stadt und konnte kaum fassen, was in Altfors Schloss passiert war. Sie war voller Hoffnung dort angekommen, doch jetzt fühlte sie sich, als wäre sie komplett leer. Jetzt, nachdem die Streitkräfte des Herzogs besiegt waren, nachdem Royce gesiegt hatte, dachte sie, dass sie endlich zu ihm gehen könnte. Mit ihm zusammen sein könnte.
Stattdessen erinnerte sie sich an den Anblick des Rings an Olivias Finger, der die Verlobung zu dem Mann bestätigte, den sie liebte.
Genevieve stolperte, als ihr Fuß an einer steinigen Stelle am Boden hängen blieb und der Schmerz in ihren verdrehten Knöchel schoss. Sie humpelte weiter, denn wohin sollte sie sonst gehen? Es war nicht so, als würde ihr hier draußen auf dem Heideland irgendjemand helfen.
„Ich hätte auf die Hexe hören sollen“, sagte sie zu sich selbst, während sie weiterlief. Die Frau, Lori, hatte versucht sie davor zu warnen, dass sie im Schloss nur Kummer erwarten würde. Sie hatte Genevieve zwei Pfade gezeigt und versprochen, dass sie glücklicher mit dem Weg werden würde, der nicht zu Royce führte. Genevieve hatte ihr nicht geglaubt, doch jetzt... jetzt fühlte es sich so an, als würde ihr Herz zerbrechen.
Ein Teil von ihr fragte sich, ob es noch möglich war, den zweiten Pfad einzuschlagen, aber schon während sie darüber nachdachte, war ihr klar, dass diese Option verflogen war. Es war nicht nur, dass sie jetzt nicht in derselben Situation war. Es lag vor allem daran, dass sie gesehen hatte, was mit Royce passiert war, und nie wieder mit jemand anderem glücklich werden konnte.
„Ich muss nach Fallsport“, sagte Genevieve. Sie hoffte, dass der Weg sie zur Küste bringen würde. Früher oder später würde sie dort ankommen und ein Boot finden, das sie dorthin führen würde, wo sie hinmusste.
Sheila musste bereits in Fallsport sein. Genevieve könnte sie treffen und gemeinsam würden sie einen Weg finden, das Beste aus der Situation zu machen. Vorausgesetzt, dass es so etwas wie das Beste überhaupt gab. War es überhaupt möglich, etwas Positives darin zu finden, dass sie mit Altfors Kind schwanger war, von dem Mann verlassen worden war, den sie liebte, und das gesamte Herzogtum im Chaos versank?
Genevieve wusste es nicht, aber vielleicht konnte sie mit der Hilfe ihrer Schwester ihre Perspektive ändern.
Sie wanderte weiter über das Heideland, während ihr Hunger immer größer wurde und die Müdigkeit in ihren Knochen steckte. Vielleicht wäre es leichter zu ertragen, wenn sie wüsste, wie weit es noch war oder wann sie das nächste Mal etwas zu essen finden würde, aber stattdessen schien sich das Heideland vor ihr in die Unendlichkeit zu ziehen.
„Vielleicht sollte ich mich einfach hinlegen und sterben“, sagte Genevieve und obwohl sie es nicht wirklich meinte, wollte ein Teil von ihr... nein, so würde sie nicht denken. Würde sie nicht.
In der Ferne konnte Genevieve Menschen erspähen, doch sie entfernte sich von ihnen. Sie zu treffen, würde in keinem Fall gut ausgehen. Als Frau alleine in der Wildnis war sie durch jede Gruppe von Desserteuren, Soldaten oder sogar Rebellen bedroht. Als Braut von Altfor hatten die Truppen von Royces Armee auch keinen Grund sie zu verschonen.
Stattdessen ging sie in die entgegengesetzte Richtung, bis die Menschen aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren. Sie würde es alleine schaffen.
Nur, dass sie nicht wirklich alleine war. Genevieve legte eine Hand auf ihren Bauch, als könnte sie spüren, wie das Leben in ihr heranwuchs. Altfors Baby, aber auch ihres. Sie musste einen Weg finden, um ihr Kind zu beschützen.
Sie ging immer noch weiter, als die Sonne hinter dem Horizont zu verschwinden begann und das Heideland in feuriges Rot tauchte. Doch es war kein Feuer, dass Genevieve warmhalten würde, und sie konnte bereits sehen, wie ihr Atem kleine Dunstwolken hervorbrachte. Es würde eine kalte Nacht werden. Im besten Fall würde sie eine Höhle oder einen Graben finden, in dem sie sich zusammenkauern konnte, während sie mit gefundenem Torf oder Unkraut versuchte, ein echtes Feuer zu machen.
Im schlechtesten Fall würde es ihren Tod bedeuten, erfroren in einem Moor, das seinen Besuchern keine Gnade entgegenbrachte. Vielleicht war das noch besser, als ziellos hindurchzuwandern, bis sie verhungerte. Ein Teil von Genevieve wollte sich einfach hinsetzen und den Lichtern beim Tanzen zusehen bis...
Auf einmal wurde Genevieve klar, dass nicht alle orangen und roten Farbklekse auf der Moorlandschaft eine Reflektion des Sonnenlichts waren. Dort, in der Ferne, konnte sie ein Licht sehen, das so aussah, als käme es aus einer Art Gebäude. Dort waren Menschen.
Gerade noch hatte sie der Anblick von Menschen zum Umkehren gebracht, doch das war, als Tageslicht