Du hast mich nie gewollt - Liebesroman. Thomas Tippner
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„Was machst du da?“, fragte er kurz angebunden und griff, als er nahe genug an sie herangetreten war, nach dem Brief.
„Der ist ja toll“, sagte Nancy, machte aber keinerlei Anstalten, das handschriftlich beschriebene Stück Papier festzuhalten.
„Das geht dich aber nichts an.“
„Voll schön geschrieben. Wer ist sie?“
„Pack deine Sachen“, sagte er kalt und war froh, dass er seine Bürostimme wiedergefunden hatte.
„Wir wollten doch noch zum Strand!“, hielt sie ihm wie ein Kleinkind vor, das nicht verstehen wollte, dass es eine plötzliche Planänderung im Tagesablauf gegeben hatte. „Das hast du mir versprochen. Und was man versprochen hat, das bricht man nicht.“
„Ich bezahl dir auch das Taxi!“
„Ich soll wirklich gehen?“, fragte Nancy verwundert und schob die Unterlippe vor, in der Absicht, niedlich wirken zu wollen.
„Da ist die Tür.“
„Rufst du mich denn an?“
„Vielleicht.“
„Der Brief lag da einfach so herum, und ich dachte mir …“
„Ich ruf dir das Taxi schon!“, unterbrach er sie, weil er es nicht ertragen konnte, sie so dasitzen zu sehen. Er begriff, dass ihre Dummheit, wie er es abfällig nannte, es geschafft hatte, einen Zusammenhang zwischen den in ihren Händen liegenden Brief und seinem Verhalten herzustellen. Ihre Augen weiteten sich plötzlich, ihre Lippen zeigten ein überraschtes O, und ihr Zeigefinger richtete sich, langsam auf und ab wippend, auf ihn.
Ein Kompliment an das Gehirn, dachte Sebastian gehässig und faltete den Brief zusammen, um ihn in den auf dem Tisch liegenden Umschlag zu schieben.
Sie hatte nicht an seine Sachen zu gehen …
An keine einzigen.
Das, was ihn verärgerte, war, dass der Brief ihn nervös machte. So nervös, dass er schroff wurde und einer Frau den Laufpass gab, deren sexuellen Energien noch nicht erloschen waren.
Was würde sie noch alles mit ihm anstellen?
Die Aktion unter der Dusche war der Hammer gewesen, die Liebe auf der Couch berauschend. Was würde sie erst draußen am Strand mit ihm anstellen?
Ich Idiot werfe den Brief ja auch nicht weg, rissen seine Gedanken ihn zurück in die Wirklichkeit. Warum tue ich das nicht? Es wäre so einfach gewesen. Einmal zusammenknüllen, so tun, als wäre ich Michael Jordan, und schwupps, weg ist er, im Mülleimer.
Aber mit schwupps war es nicht getan.
Scheiße, Mann, warum kann ich den gottverdammten Brief nicht einfach wegwerfen?
Während ihm der Gedanke durch den Kopf raste, ärgerte er sich über sich selbst und rief das Taxi. Er gab Nancy zu verstehen, dass er keine Lust mehr auf sie hatte, indem er in die Küche ging und sich ein Müsli zusammenstellte.
Nancy, verunsichert und unschlüssig, versuchte ein Gespräch in Gang zu setzen, als er mit der bis zum Rand gefüllten Schüssel an ihr vorbei ging. Sie verstummte wieder, als er an hinaus auf die Terrasse trat und sich dort in einen seiner teuren und von einem stadtbekannten Designer hergestellten Liegestühle fallen ließ.
Erst als er das Klingeln an der Tür hörte und wahrnahm, dass Nancy auf ihren Stöckelschuhen über den Flur tippelte, ebbte seine Unsicherheit wieder ab.
Nicht, weil Nancy weg war, sondern deshalb, weil nur noch er den Brief lesen konnte. Ein Brief, der ihm die Kehle zuschnürte und mit den niederschmetternden Worten begann: Du hast mich nie gewollt, das weiß ich.
„Schau dir mal die Möpse an, Alter“, sagte Lukas lachend, während er mit Sebastian in der Mittagssonne in einem Café saß, um die kurze Pause zu genießen, die sie sich vom Büroalltag gönnten. „Die würde ich auch gern mal kneten.“
„Die hat `nen Macker“, erinnerte Sebastian seinen Kumpel, während er den vor Kraft kaum laufen könnenden Kerl beobachtete, der lässig und unglaublich cool neben der attraktiven Frau herschlenderte.
„Als ob dich das stören würde“, antwortete Lukas grinsend.
Sebastian musste lachen.
Natürlich störte ihn das nicht. So etwas hatte ihn noch nie gekümmert. Jede Frau war dafür da, einmal von Sebastian Freis beglückt zu werden. Das hatte er sich damals geschworen, als er betrunken auf einer Party beglückt worden war.
Er hatte sich an dem Abend ernsthaft eingebildet, dass er jede Frau bekommen könnte.
Frauen wie Nancy, meldete sich eine Stimme bei ihm, die er immer wieder mal hörte. Eine Stimme, die ihm nur in solchen Momenten heimsuchte wie diesem. Wenn er mit Lukas zusammen einen Espresso trank, wenn sie ihre Blicke kurz schweifen ließen und Frauen entdeckten. Frauen, die vor knisternder Erotik zu brennen schienen. Frauen, die sie besitzen und flachlegen wollten. Frauen, die in ihm eine Stimme hervorriefen, die ihn verwirrte.
Dabei wussten sie, wer sie waren.
Sie brauchten sich nicht zu verunsichern lassen.
Von niemandem.
Beide hatten sie eine schnelle Karriere gemacht. Sebastian noch schneller als Lukas. Was daran lag, dass Lukas bei Lother&Gabriel Investment Company angefangen hatte, als Sebastian ins dritte Lehrjahr wechselte.
Lukas aber war ebenso ehrgeizig, zielgerichtet und egoistisch, dass er ohne mit der Wimper zu zucken Schicksale ignorierte und bestehende Hierarchien aushöhlte und vernichtete. Ihm war es egal, ob jemand seit mehr als zwei Jahren auf eine Beförderung wartete. Ihm war es wichtig, so viel Geld wie möglich zu verdienen. Sprangen dabei noch Dividenden dabei heraus, umso besser.
Wie Sebastian liebte Lukas es, sich mit Frauen und schnellen Autos zu schmücken. Da war es ihm egal, ob die Frau einen Mann hatte oder nicht. Wenn er seine Beute ausgemacht hatte, dann stieß er auf sie zu, um sie in einem überraschenden Moment reißen zu können.
Gerade in solchen Momenten, wenn Sebastian mit allem zufrieden sein sollte, was er erreicht hatte, meldete sich in ihm eine Stimme, die ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Eine Stimme, die erschreckenderweise wie die seiner Mutter klang.
Frauen wie Nancy …
Ja, mit ihnen geben wir uns am liebsten ab. Schnell zu beeindrucken und ebenso schnell wieder zu entsorgen.
Du hast mich nie gewollt, das weiß ich.
„Ich sprech sie an“, sagte Lukas und stieß Sebastian gegen die Schulter, trank seinen Espresso und stand dann von seinem Platz auf, um der jungen Frau nachzueilen, die nun allein vor einem Schaufester stand. Lukas, der den Moment passgenau abgewartet hatte, war so schnell an die Frau herangetreten, dass sie sich gegen seine freundliche Kontaktaufnahme gar nicht wehren konnte.
Er stand plötzlich neben ihr, zeigte auf etwas, das Sebastian nicht sah, und verwickelte sie dann in ein freundliches, zwangloses Gespräch. Dass sich ihr Freund nur zwei Häuser weiter befand und vor einem EC-Bankautomaten stand, kümmerte